Taiwan und China: Aufregung in der FDP um weiße Flagge des Auswärtigen Amtes
Alles begann mit einer Frage in der Bundespressekonferenz (BPK) vom 10. Juli, als einem Journalisten aufgefallen war, dass auf den Länderseiten des Auswärtigen Amtes die Flagge Taiwans fehlt. Dort, wo sonst die Flagge eines Staates stehen sollte, ist lediglich ein weißes Feld zu sehen. Ob es eine weiße Flagge der deutschen Außenpolitik gegenüber China sein soll, fragte der Journalist weiter. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes meinte dazu, dass er glaube, "schon jetzt ausschließen zu können, dass es sich da um eine aktuelle Änderung handelt".
Angeregt durch die BPK-Frage, wurde man auch in der Republik China, wie sich Taiwan offiziell nennt, auf diese vermeintliche Änderung der deutschen Außenpolitik aufmerksam. Die Taiwan News, eine der größten englischsprachigen Zeitungen des Landes, nahm sich des Themas an und titelte:
Deutschland hisst plötzlich weiße Flagge für Taiwan.
Germany suddenly raises white flag for Taiwan https://t.co/w1qmzWExM9pic.twitter.com/q7MivBqqAB
— Taiwan News (@TaiwanNews886) July 13, 2020
Nach der Veröffentlichung dieses Artikels wuchs auch in Deutschland, hauptsächlich bei Politikern der FDP, die Empörung über den mutmaßlichen Kniefall vor China. Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Bijan Djir-Sarai, schrieb auf Twitter:
Das kann ich nicht glauben. Das wäre peinlich und unwürdig für das Auswärtige Amt. #Taiwanhttps://t.co/OrH3lJ8wot
— Bijan Djir-Sarai (@DjirSarai) July 13, 2020
Alexander Müller, Obmann der FDP im Verteidigungsausschuss, sprach sogar von einem "unterwürfigen Symbol", das eines "demokratischen Rechtsstaates unwürdig" sei.
Das @AuswaertigesAmt hat ganz bewusst die Flagge #Taiwan|s durch ein weißes Bild ersetzt. Ein unterwürfiges Symbol der sog. Ein-China-Politik und eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig. 🇹🇼 /TM https://t.co/RgchnlirkD
— Alexander Müller (@alexmuellerfdp) July 13, 2020
Auch Marcus Faber, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Sachsen-Anhalt, hält das für "vorauseilenden Gehorsam" gegenüber China, während sein Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Büro, Aras-Nathan Keul, es gar für Feigheit hält und dem Auswärtigen Amt unterstellt, aus "Angst vor China" die Flagge gelöscht zu haben.
Feige: aus Angst vor China löscht das Auswärtige Amt die Flagge von Taiwan von seiner Website. pic.twitter.com/cP0sUUDoIV
— Aras-Nathan (@Aras_Nathan) July 13, 2020
Margarete Bause vom Bündnis 90/Die Grünen will es "genau wissen" und stellte eine schriftliche Frage an die Bundesregierung mit der Bitte um Begründung "dieser Maßnahme".
Wann hat das @AuswaertigesAmt#Taiwan|s Flagge 🇹🇼 aus der Länderübersicht gestrichen – und aus welchem Grund? Ich will es genau wissen und habe daher heute eine schriftliche Frage an die Bundesregierung und Heiko #Maas gerichtet. @TaiwanNews886pic.twitter.com/XojewGh4qp
— Margarete Bause (@MargareteBause) July 13, 2020
Tatsächlich ist es aber so, dass das Auswärtige Amt seit Jahren (seit mindestens 2006) keine Änderungen vorgenommen hat, wie ein Blick ins Internetarchiv verrät. Eine taiwanesische Flagge wurde bei der Länderseite im Gegensatz zu anderen Ländern nicht angezeigt, was aber erst durch die neue Formatierung der AA-Seite mit den Kästen besser ins Auge fiel.
Die Bundesregierung erkennt die Republik China (Taiwan) nicht an und führt keine diplomatischen Beziehungen mit Taipeh. Wie der Sprecher des Auswärtigen Amtes bereits bei der Bundespressekonferenz sagte, gilt für Deutschland – und die Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft – die Ein-China-Politik. Mit anderen Worten wird Taiwan als zur Volksrepublik China, demnach zu Peking zugehörig eingestuft.
Am Ende musste dann selbst die Taiwan News eingestehen, dass der Artikel auf einer falschen Ausgangslage beruhte. Die Beschreibung "plötzlich" treffe nicht zu, weil die weiße "Flagge" tatsächlich schon längere Zeit auf der Seite des Auswärtigen Amtes zu sehen sei. Doch die "Entdeckung durch taiwanesische Medien und das Außenministerium kann als 'plötzlich' charakterisiert werden", heißt es im Nachtrag zu dem Artikel. Für die Aufreger bei der FDP kam diese Klarstellung offensichtlich zu spät.
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