Deutschland

Wolfgang Schäuble zur Corona-Krise: "Dem Schutz von Leben nicht alles unterordnen"

Wolfgang Schäuble hat indirekt Kritik am Krisenmanagement in der Corona-Krise geübt. Die Aussage, alles andere habe vor dem Schutz des Lebens zurückzutreten, sei in dieser Absolutheit nicht richtig. Der Bundestagspräsident warnte auch vor einer Überforderung des Staates.
Wolfgang Schäuble zur Corona-Krise: "Dem Schutz von Leben nicht alles unterordnen"Quelle: AFP © / Christof Stache

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat angesichts der Einschränkungen vieler Grundrechte davor gewarnt, dem Schutz von Leben in der Corona-Krise alles unterzuordnen. Im Gespräch mit dem Berliner Tagesspiegel erklärte der frühere Bundesfinanzminister und CDU-Vorsitzende:

Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig.

Wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gebe, dann sei das die Würde des Menschen:

Die ist unantastbar. Aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen.

Der Staat müsse für alle die bestmögliche gesundheitliche Versorgung gewährleisten.

Aber Menschen werden weiter auch an Corona sterben.

Schäuble warnte angesichts der massiven Hilfen in der Corona-Krise auch vor einer Überforderung des Staates:

Man spürt jedoch im Moment ein verbreitetes Gefühl, wir könnten jedes Problem mit unbegrenzten staatlichen Mitteln lösen, und die Wirtschaft kriegen wir hinterher wieder mit einem Konjunkturprogramm in Gang. Der Staat kann aber nicht auf Dauer den Umsatz ersetzen.

Ja länger die Krise anhalte, desto weniger werde man mit den klassischen Mitteln anfangen können. Es werde zu "strukturellen Veränderungen" in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik kommen.

Der Parlamentspräsident rief dazu auf, die Corona-Krise als Chance zu nutzen, um in den Hintergrund getretenen Krisen zu bekämpfen. Er sagte:

Noch immer ist nicht nur die Pandemie das größte Problem, sondern der Klimawandel, der Verlust an Artenvielfalt – all die Schäden, die wir Menschen und vor allem wir Europäer durch Übermaß der Natur antun. Hoffentlich werden uns nicht wieder nur Abwrackprämien einfallen, die es der Industrie ermöglichen, weiterzumachen wie bisher.

Schäuble äußerte auch die Sorge vor einem Kippen der Stimmung in der Bevölkerung:

Es wird schwieriger, je länger es dauert.

Der Weg zurück aus dem Stillstand sei viel schwieriger. Man müsse vorsichtig Schritt für Schritt vorgehen und bereit sein, zu lernen. Schäuble sagte weiter:

Wir dürfen nicht allein den Virologen die Entscheidungen überlassen, sondern müssen auch die gewaltigen ökonomischen, sozialen, psychologischen und sonstigen Auswirkungen abwägen.

Der 77-jährige Schäuble gehörte von 1984 bis 1991 und von 2005 bis 2017 unter den Kanzlern Helmut Kohl und Angela Merkel der Bundesregierung an; von 1991 bis 2000 war er Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, von 1998 bis 2000 CDU-Vorsitzender. Seine Verwicklung in die CDU-Spendenaffäre kostete Schäuble im Jahr 2000 den Partei- und den Fraktionsvorsitz und eröffnete Angela Merkel den Weg an die Spitze.

Schäuble bestimmte die deutsche Politik über mehrere Jahrzehnte hinweg maßgeblich mit. Als Bundesinnenminister wirkte er entscheidend an der Aushandlung des deutschen Einigungsvertrages mit. Als Bundesfinanzminister setzte er im Euroraum die sogenannte Austeritätspolitik durch, die zu einer drastischen Zunahme der Armut in den Ländern Südeuropas führte. Dazu sagte der evangelische Christ im Jahr 2013:

Ich bin bei aller krisenhaften Zuspitzung im Grunde entspannt. Weil, wenn die Krise größer wird, werden die Fähigkeiten, Veränderungen durchzusetzen, größer.

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(rt/dpa)

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