Gesellschaft

Vor 100 Jahren: Zehn Fakten zum Mord an der Zarenfamilie 1918

In der Nacht vom 16. zum 17. Juli 1918 wurde die Familie des letzten russischen Zaren Nikolai II. in Jekaterinburg erschossen. Die kriminaltechnischen Untersuchungen dauern bis heute an. Vieles ist noch im Unklaren, aber diese sind zehn Fakten sind verbrieft.
Vor 100 Jahren: Zehn Fakten zum Mord an der Zarenfamilie 1918

1. Kriminaltechnische Untersuchungen bis heute nicht abgeschlossen

Die Untersuchungen wurden im Jahr 2015 auf Antrag der Russisch-Orthodoxen Kirche wieder aufgenommen. Die Kirche will die Identität der Überreste der königlichen Familie überprüfen lassen. Am 20. August 2000 wurden Nikolai und dessen Familie aufgrund ihres Märtyrertodes von der Russisch-Orthodoxen Kirche heiliggesprochen.

Die Überreste von Zar Nikolai II., seiner Frau Alexandra Fjodorowna, drei ihrer Kinder und ihrer Bediensteten wurden 1991 in der Nähe der Stadt Jekaterinburg entdeckt, wo sie am 17. Juli 1918 hingerichtet wurden. Die Überreste von Kronprinz Alexei und Großherzogin Maria wurden erst im Jahr 2007, ebenfalls unweit von Jekaterinburg, gefunden.

Mehr zum Thema - Gehört die Zukunft dem Sozialismus? Weltweites Forum der linken Kräfte rühmt Oktoberrevolution

2. Sogar Prinz Philipp gab Blutprobe ab

Trotz der Zweifel der Russisch-Orthodoxen Kirche wurde die Identität der Überreste der Toten durch eine Reihe von Tests in Russland und im Ausland in den frühen 1990er Jahren bestätigt. Laut Chefermittler Wladimir Solowjow wurde sogar eine Blutprobe von Prinz Philipp, Prinzgemahl der britischen Königin Elisabeth II., genommen, da er ein entfernter Verwandter von Zarin Alexandra Fjodorowna war.

3. Kronprinz Alexei und dessen Schwester noch nicht beigesetzt

Zar Nikolai II., Zarin Alexandra Fjodorowna und ihre drei Töchter erhielten ein Staatsbegräbnis, bevor sie 1998 in der Peter-und Paul-Festung in Sankt Petersburg bestattet und so mit dem Rest ihrer Familie vereint wurden. Der damalige russische Präsident Boris Jelzin besuchte die Zeremonie, während der damalige Patriarch der Russisch-Orthodoxen Kirche Alexei II. seine Teilnahme verweigerte.

Die Überreste wurden im Jahr 2015 exhumiert, um DNA-Proben als Teil der wiedereröffneten kriminaltechnischen Untersuchungen zu nehmen. Im Oktober 2016 kündigte Patriarch Kirill den baldigen Abschluss der Arbeiten an. Kronprinz Alexei und seine Schwester Maria sind bislang nicht offiziell beigesetzt worden, ihre Überreste befinden sich im russischen Staatsarchiv.

4. Zaren-Familie floh unter der japanischen Flagge

Nach der Abdankung während der Februar-Revolution wurde die Königsfamilie in ihrem kaiserlichen Wohnsitz in Zarskoje Selo unter Hausarrest gestellt. Später wurde sie in die sibirische Stadt Tobolsk verbracht, nicht weit von dem Dorf, wo der berühmte Grigory Rasputin - "unser lieber Freund", wie Alexandra Fjodorowna ihn nannte - geboren wurde.

Als die Familie Zarskoje Selo in zwei Zügen verließ, reiste sie angeblich unter der japanischen Flagge als Teil der japanischen Mission des Roten Kreuzes, um ein mögliches Lynchen durch den Mob zu vermeiden. Nach dem bolschewistischen Aufstand im Oktober 1917 verlegten die neuen Machthaber sie nach Jekaterinburg im Ural.

Mehr zum Thema - Sturm auf den Winterpalast: Wie die Bolschewiken vor 100 Jahren die Macht ergriffen

5. UdSSR gab Ural-Regionalregierung die Schuld

Die UdSSR hat stets offiziell erklärt, dass die königliche Familie auf Befehl der Regionalregierung des Urals hingerichtet worden sei. Begründet wurden die Morde damit, dass die aus Kriegsgefangenen des Ersten Weltkriegs bestehenden tschechoslowakischen Regimenter, die sich der Herrschaft der Bolschewiki widersetzten, der Stadt immer näher gekommen seien. In diesem Zusammenhang sprach die sowjetische Regierung auch von einer "konterrevolutionären" Verschwörung, die darauf abgezielt hätte, den ehemaligen Monarchen zu befreien. Hinweise für eine solche Verschwörung wurden nicht gefunden, allerdings nahmen die tschechoslowakischen Regimenter die Stadt acht Tage nach der Tötung der königlichen Familie ein.

6. Schießbefehl kam nicht aus Moskau

Forschungen im postsowjetischen Russland bestätigten die Version der Sowjet-Behörden, das die Morde am letzten Zaren und seiner Familie tatsächlich auf Befehl der örtlichen Ural-Sowjetbehörden geschahen. Es gibt keine dokumentierten Beweise dafür, dass Wladimir Lenin oder andere bolschewistische Führer daran interessiert waren, den Zaren zu ermorden. Einige Historiker argumentieren, dass Moskau lediglich die Spuren des letzten Kaisers verwischen wollte.

Gleichzeitig erinnerten sich einige der an den Morden Beteiligten daran, dass sie am Vorabend der Exekution ein verschlüsseltes Telegramm aus Moskau erhielten, das zwar die Tötung des Zaren befahl, nicht aber die der ganzen Familie. Die Beseitigung aller Romanows, die sich in Jekaterinburg befanden, war eine Initiative der regionalen Sowjetregierung, deren Mitglieder viel radikaler waren als die Bolschewiki im Kreml.

7. Mancher wurde doppelt exekutiert

Die Romanows wurden in den Keller des Hauses Ipatjew gebracht, wo sie an einer Mauer aufgereiht wurden. Dann wurden sie von einem kommunistischen Erschießungskommando hingerichtet. Jene Familienmitglieder, die den ersten Tötungsversuch überlebten, einige Kugeln hatten sich in den Kleidern verfangen, wurden mit Bajonetten erstochen. Dann wurden die Leichen aus der Stadt geschafft und in eine Mine geworfen. Um jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass Überreste der Leichen entdeckt werden, zu minimieren, warfen die Soldaten sie in eine Grube, die sie mit Säure begossen.

8. Schicksal der Zaren-Familie lange ungewiss

Ursprünglich meldeten die sowjetischen Behörden nur den Tod von Nikolai II. Einige Zeit hielt sich die Version, nach der der Rest der Familie aus Jekaterinburg evakuiert worden sei und sich die weiteren Spuren im Chaos des russischen Bürgerkrieges verloren hätten. Erst in den frühen 1920er Jahren, nachdem sich einige der Beteiligten zu Wort gemeldet hatten, sickerten Details der Hinrichtung durch.

Mehr zum Thema - Moskau: Kommunisten und Sozialisten versammeln sich zum 100. Jahrestag der Oktober-Revolution

9. Menschen blieben unberührt

Aus heutiger Sicht fällt es schwer das zu glauben, aber zu jener Zeit berührte die Ermordung des Zaren die Öffentlichkeit nur wenig. Dies zeugt davon, dass Nikolai II. nicht beliebt war. Historiker verweisen darauf, dass die Behörden nach dem Untergang der Monarchie viele Briefe aus der Öffentlichkeit erhielten, die den Tod von Nikolai II. verlangten. Der einzige Protest kam von Seiten der orthodoxen Kirche, von Patriarch Tichon, der die Ermordung offen verurteilte.

10. Hinrichtungs-Ort ist heute Wallfahrtsziel

Jakow Jurowski, der das Erschießungskommando anführte, behauptete später, dass er den Zaren erschossen habe. 1920 brachte er den Schmuck aus dem Besitz der königlichen Familie persönlich nach Moskau. Als Dank wurden ihm einige wichtige Positionen im neuen bolschewistischen Staat angetragen, bevor er im Jahr 1938 an einem Magengeschwür starb.

Das Ipatjew-Haus wurde 1977 abgerissen. Später wurde an dieser Stelle die Kathedrale auf dem Blut errichtet, die heute ein Wallfahrtsort ist.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Russia Beyond The Headlines. Wir bedanken uns für die Zweitverwertungsrechte.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.