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USA: Verwandte schicken DNA-Probe an Genealogiedienst – Polizei schnappt damit Serienkiller

Immer mehr Menschen schicken freiwillig ihre DNA-Proben an private Labordienste, um mehr über ihre Familie und Herkunft zu erfahren. Ein Fall aus Kalifornien wirft nun die Frage auf, wie sicher diese vor dem Zugriff Außenstehender sind.
USA: Verwandte schicken DNA-Probe an Genealogiedienst – Polizei schnappt damit Serienkiller Quelle: www.globallookpress.com

Private Online-Genealogie-Plattformen, die DNA-Tests anbieten, aufbewahren und auswerten, haben in einer Zeit, in der alte Werte und Fragen nach der Identität zunehmend wieder an Bedeutung erlangen, offenbar eine bedeutende Marktlücke entdeckt. Menschen wollen zunehmend wieder mehr über ihre Herkunft und über ihre familiären und ethnischen Wurzeln erfahren - und sind dafür oft sogar bereit, Geld auszugeben.

Auch in Deutschland werben Dienste wie MyHeritage oder Ancestry um Kunden. Ab 69 Euro können interessierte mittels eines zugeschickten Kits eine Speichelprobe an ein Labor in den USA senden und bekommen nach einigen Wochen eine Auswertung darüber, zu welchem Prozentsatz ihre DNA-Struktur welcher Ethnizität mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann. Im Nachgang zur Auswertung informiert der Genealogie-Dienst den Kunden über mögliche DNA-Matches, also Personen, zu denen auf der Basis der Ergebnisse der Testauswertung eine Verwandtschaft bestehen könnte. Wer zu diesen Kontakt aufnehmen und online einen Stammbaum aufbauen will, kann anschließend zwischen unterschiedlichen Formen der Mitgliedschaft mit Monatsgebühren zwischen 5 und 20 Euro wählen.

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In den USA sind die Genealogiedienste und die Labore, mit denen diese zusammenarbeiten, jedoch jüngst in den Fokus einer Debatte gerückt, in der es um die Frage ging, ob all die Speichelproben und DNA-Muster, die Menschen aus aller Welt freiwillig einschicken, um mehr über ihre ethnischen Wurzeln zu erfahren, nicht eines Tages auch von staatlichen Behörden für ihre Zwecke nutzbar gemacht werden könnten.

Mordfall aus den Jahren 1974-1986 mittels DNA-Matchings gelöst

Dies jedenfalls argwöhnt Stuart Leavenworth auf der Plattform der Nachrichtenagentur McClatchy. Anlass dazu sind offene Frage rund um einen Fahndungserfolg der Sicherheitsbehörden im Fall eines mutmaßlichen Serienmörders und mehrfachen Vergewaltigers, der in den Jahren von 1974 bis 1986 im Osten Kaliforniens sein Unwesen getrieben haben soll. Als "Golden State Killer" verhaftet wurde ein mittlerweile 72 Jahre alter früherer Polizeibeamter. Den Durchbruch soll, wie die Sacramento Beeberichtet, dabei ein übereinstimmendes DNA-Muster gebracht haben, das er auf eine nicht näher bezeichnete Weise "hinterlassen" habe. Das DNA-Matching, das scheinbar aus heiterem Himmel gekommen war, hat die Spekulationen schnell auf die privaten Genealogiedienste gelenkt.

Mehrere größere Genealogiedienste wie Ancestry und 23andMe dementierten umgehend Gerüchte, wonach sie die Quelle der Genanalyse gewesen sein könnten, der die Polizei ihren Cold-Case-Fahndungserfolg verdankt. Die Diskussion darüber mögen jedoch nicht verstummen, ob diese Unternehmen, die im Begriff sind, die weltgrößten DNA-Datenbanken aufzubauen, nicht früher oder später zum Ziel gerichtlicher Verfügungen werden könnten, die Sicherheitsbehörden den Zugriff zu Kundendaten ermöglichen.

Erin Murphy von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität New York hält es für ein durchaus realistisches Szenario, dass Polizeibeamte genetische Spuren an Tatorten nehmen und anschließend einen Gerichtsbeschluss einholen, um die Genealogiedienste zu einem Abgleich mit ihren Beständen zu zwingen:

Das kann absolut der Fall sein. […] Im Moment wäre das noch eine rechtliche Gratwanderung, aber es erscheint völlig plausibel.

Was passiert mit Proben-Datenbank im Insolvenzfall?

Konsumentenanwältin Jennifer Lynch warnt, dass es trotz der gesetzlichen Schranken und aktuellen Selbstbeschränkungen von Testlaboren im Bereich der Diagnose von Krankheiten, des Nachweises von Ethnizitäten oder der Hilfe für die Polizei zur Lösung von Straftaten gäbe es erhebliche Gefahren für die Privatsphäre, die mit der Abgabe einer Speichelprobe und deren Absenden an ein solches Unternehmen verbunden seien:

Was passiert etwa, wenn eines dieser Unternehmen irgendwann pleitegeht? Werden die gesammelten persönlichen Daten innerhalb der Insolvenzmasse verwertet wie alle anderen Aktiva auch?

Ancestry und andere Unternehmen haben bereits in ihren Geschäftsbedingungen darauf hingewiesen, dass sie gezwungen sein könnten, persönliche genetische Informationen auf Grundlage eines gerichtlichen Beschlusses herauszugeben. Sollte kein zwingendes Gesetz dem entgegenstehen, würde man den Kunden jedoch im Vorfeld über eine solche Herausgabeverpflichtung in Kenntnis setzen. Faktisch dürfte allerdings kaum ein Nutzer, der seine DNA-Probe einschickt, um die Dienste der Genealogie-Datenbanken in Anspruch zu nehmen, den Teil des Kleingedruckten lesen, der sich mit diesem Thema beschäftigt.

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Für den Filmemacher Michael Usry jr. aus New Orleans hatte diese Sorglosigkeit bittere Konsequenzen. Er wurde 2014 in Idaho als Verdächtiger in einem Cold-Case-Fall aus dem Jahr 1996 festgenommen, in dem es um eine junge Frau ging, die in ihrer Wohnung ermordet wurde. Nachdem die Polizei DNA-Spuren am Tatort sichergestellt hatte, aber keine Treffer in ihren eigenen Datenbanken finden konnte, nahm die Polizei den Datenbestand der damals 100.000 Proben besitzenden Sorenson Molecular Genealogy Foundation in Anspruch - die mittlerweile von Ancestry aufgekauft wurde.

Für mehrere Wochen mordverdächtig

Die Analyse und Vergleichsproben führten über das Sorenson-Labor zu Usry. Dieser galt nun für mehrere Wochen als Verdächtiger - bis die Polizei DNA-Proben von diesem selbst nahm und herausfand, dass diese wiederum nicht zu den Spuren am Tatort passten.

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Obwohl seine eigene Probe ihn am Ende entlastete, betrachtet Murphy den Vorfall als Warnung, da Usry bis zum Augenblick seiner Entlastung eines Mordes verdächtigt wurde:

Stellen Sie sich das mal vor… was das bedeuten würde, wenn ein Arbeitgeber oder eine Freundin davon Wind bekommen würde.

Im Zusammenhang mit dem Fall des Serienvergewaltigers aus der East Area in Kalifornien berichtete die Sacramento Bee als erste Publikation unter Berufung auf Angaben aus den Polizeibehörden, dass diese Tatortspuren mit Daten einer genealogischen Einrichtung verglichen hätten und so auf die Spur gekommen wären. Die Beamten nannten jedoch keine Namen, was Spekulationen auslöste. Nun hat Ancestry die Sorenson-Datenbank hinter einer Firewall versteckt und ihre Datenschutzbestimmungen verschärft. 23andMe erklärte jüngst sogar, seine Unternehmenspolitik werde es sein, gegen Anforderungen vonseiten der Strafverfolgungsbehörden selbst rechtlich vorzugehen.

Mittlerweile erklärten die Ermittler, sie hätten die in Florida ansässige, kostenlose Datenbank der Open-Source-Plattform GEDmatch genutzt, um an die Daten des Verdächtigen zu gelangen. Angehörige von diesem hatten der Seite genetische Informationen zur Verfügung gestellt - diese brachte die Beamten am Ende auf die Spur des 72-Jährigen. Die Gratisseite hatte entsprechend niedrigere Schutzmaßnahmen zu Gunsten der Daten ihrer Nutzer.

Hast Du eine, hast Du alle

Erin Murphy meint, in Konstellationen wie diesen liege auch das eigentliche Problem. Verbraucher hätten grundsätzlich kein Problem damit, dass Polizeibehörden bei der Verfolgung schwerer Strafdaten notfalls auch auf ihre genetischen Informationen zurückgreifen könnten. Aber allzu leichter Zugang könnte auch ungebetene Nachfrager auf den Plan rufen, etwa Versicherungen oder Arbeitgeber.

Und viele Menschen wüssten auch einfach nicht, dass nahe Verwandte von ihnen bereits ihre DNA-Proben an öffentliche oder private Stellen weitergeschickt hätten. Murphy dazu:

"Man braucht nur eine einzige Person in einer Familie, um die genetische Information von jedem innerhalb der Familie zu enthüllen."

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