Gesellschaft

'Hungerspiele' auf britisch: Neue Reality-Show erinnert an Tribute von Panem

Was im römischen Reich die Gladiatorenkämpfe waren, sind heute Castingshows. Die Messlatte hinsichtlich Anspruch und Achtung der Menschenwürde sinkt dabei stetig. In Großbritannien sollen nun in "Britain's Hardest Grafter" Arbeitslose und Geringverdiener gegeneinander antreten, zur Belustigung derer, die noch über ausreichend Einkommen verfügen. Kritiker sehen Parallelen zu den martialischen "Hunger-Spielen" aus dem Revolutions-Epos "Die Tribute von Panem" und wollen die Show verhindern.
'Hungerspiele' auf britisch: Neue Reality-Show erinnert an Tribute von Panem© Gary Ross/Color Force/Lionsgate Films/ "Die Tribute von Panem", 2012

Die konkurrenzorientierte Wirtschaftsordnung zugunsten von privaten Geschäftsbanken, zunehmend verschuldete Staatshaushalte und korrupte Politiker, die gegen die Interessen der eigenen Bevölkerung handeln, treiben in Europa und den USA immer mehr Menschen auch in private Existenznöte. Neben der öffentlichen Verschuldung steigt auch die private, Arbeitsplätze brechen reihenweise weg und die noch verfügbaren Jobs werden zunehmend schlecht bezahlt. Die Folge: Massenverarmung und sozio-ökonomischer Abstieg der Mittelschicht. Längst betrifft diese Entwicklung nicht mehr nur noch Staaten der globalen Peripherie.

In Griechenland, Spanien und anderen Ländern Südeuropas gehört all dies längst zum Lebensalltag, auch in den Vereinigten Staaten und England steigen die Armutszahlen, viele Millionen Menschen sind von Essensmarken abhängig, sind obdachlos oder können trotz zwei oder drei Jobs gerade so überleben. Auch Deutschland hat diesen Weg dank Lohndumping und gezielter Zerschlagung der Sozialsysteme durch die Agenten der neoliberalen Doktrin längst eingeschlagen.

Doch der Kapitalismus wäre nicht was er ist, wenn er auch hier nicht wieder ein profitables Geschäft wittern würde. So schickt sich die BBC in Großbritannien mit ihrer neuen Show "Britain's Hardest Grafter" (Großbritanniens härteste Malocher) nun an, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. In der Reality Show sollen ausgewählte, verarmte Briten gegeneinander antreten und um ein Preisgeld von 15.000 Pfund kämpfen - die Höhe des Jahresgehaltes über das die Teilnehmer maximal verfügen dürfen.

Besonders perfide: Nur einer der modernen Gladiatoren wird in den Genuss der moderaten Finanzspritze kommen, während alle anderen für die eigene Zurschaustellung leer ausgehen. Die BBC, die die Sendung ein "seriöses soziales Experiment" nennt verspricht sich hohe Einschaltquoten, gleichzeitig dient die Show aber auch dazu, der noch nicht ganz abgestiegenen Mittelschicht vorzuführen, dass alles noch viel schlimmer sein könnte. Niedere Instinkte der Zuschauer werden befriedigt und Konkurrenzverhalten wird zur Schau gestellt. Armutsporno ("Poverty Porn") wird das Konzept von Kritikern auch genannt.

Viele dieser Stimmen vergleichen die Show-Pläne mit den martialischen "Hunger Games" aus der Film-Reihe "Die Tribute von Panem". In dem Revolutions-Epos mit Jennifer Lawrence müssen ebenfalls verarmte Arbeiter der ökonomischen Unterschicht aus der Peripherie des neo-faschistischen Reiches Panem gegeneinander antreten, um sich die Gunst des Clubs der Elite des Zentrums zu erkämpfen. Anders als bei den neuen BBC-Plänen, geht es hier jedoch bereits um Leben und Tod. Die Teilnehmer der Hunger-Spiele müssen sich in einer Freiluftarena, von der live ins ganze Reich gesendet wird, gegenseitig umbringen, nur einer darf überleben. Die Zuschauer aus dem dekadenten Zentrum von Panem amüsieren schenkelklatschend an den "Spielen". Auch wenn Panem natürlich eine Extremvorlage liefert und die Teilnehmer von "Britain's Hardest Grafter" zumindest erwarten können, die Show lebend zu verlassen - der Geist hinter den Veranstaltungen ist derselbe. Schon im alten Rom waren Gladiatorenkämpfe ein fester Bestandteil des Herrschaftssystems, um die nicht gänzlich verarmten Schichten zu belustigen und abzulenken, verbunden mit der nicht ganz so subtilen Warnung, dass man auch jederzeit dort in der Arena enden kann.

Damit ist "Britain's Hardest Grafter" kein neues Phänomen, nicht einmal im heutigen Medien-Kosmos. In den USA gibt es mit der Sendung "The Briefcase" nun ein ähnliches Konzept. Auch in Deutschland werden immer wieder konkurrenzorientierte Casting-Shows lanciert, mit der öffentlichen Erniedrigung der Teilnehmer als festem Bestandteil des Unterhaltungskonzeptes. Erst kürzlich sorgte etwa die Bombendrohung gegen die Mager-Show "Germanys Next Top Model" für Aufsehen. Kritiker werfen auch dieser Sendung schon lange eine menschenverachtende Machart vor. Doch es finden sich auch Millionen die gerne zuschauen.

In Großbritannien treffen die Pläne der BBC nun auf Widerstand. In einer Petition, die die Umsetzung von "Britain's Hardest Grafter" verhindern will, wurden bereits fast 25.000 Unterschriften gesammelt.

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