Gesellschaft

Einer der letzten großen Kriegsberichterstatter: Zum Tode von Robert Fisk

Der britisch-irische Journalist Robert Fisk ist kürzlich im Alter von 74 Jahren verstorben. Er war einer der letzten großen Kriegsberichterstatter. Ein Beruf, der am Aussterben ist – obwohl er heute wichtiger wäre denn je.
Einer der letzten großen Kriegsberichterstatter: Zum Tode von Robert FiskQuelle: www.globallookpress.com © Xinhua/ZUMAPRESS.com

von Arkadi Shtaev

"Mit der Reiselust fängt alles an. Nicht denken an morgen, an die Lieben daheim, die Wohnung, die Bücher. Keine Angst haben vor dem Leben. Sich gehenlassen, sich treiben lassen, und möglichst zu den Menschen, die am Rand der Gesellschaft angesiedelt sind, und sei es die Unterwelt. Und das wird es immer geben, bis die Erde einmal so langweilig wird, dass man sich nur mehr aufhängen kann." Diese Sätze des französischen Star-Journalisten Joseph Kessel, die er in einem Gespräch mit Georg Stefan Troller auf die Frage äußerte, wie man zum Abenteurer wird, waren vielleicht auch so etwas wie das Leitmotiv von Robert Fisk.

Die New York Times hat ihn einst den "wohl berühmtesten britischen Auslandskorrespondenten" genannt, im deutschsprachigen Raum war er weit weniger bekannt, da seine lesenswerten Bücher nicht übersetzt wurden, weil sie nicht in das übliche Schwarz-Weiß-Bild passten. Fisk betrieb keinen Gesinnungsjournalismus, von dem die ehemalige FAZ-Korrespondentin Sabine Lieztmann einst erklärte, es handele sich um Mülljournalismus. Nein, Fisk war vor Ort, nahm Risiken in Kauf, statt von langer Hand ideologisch eingefärbte Artikel zu produzieren.

Afghanistan, Irak oder Syrien – Robert Fisk berichtete jahrzehntelang über die gefährlichsten Konfliktherde der Welt und schrieb für den britischen Independent. Er selbst schonte sich dabei nicht, war getrieben davon, Erkenntnisse zu gewinnen und diese zu vermitteln; eigentlich die edelste Aufgabe eines Journalisten. Von Beirut aus, wo er seit Jahrzehnten zu Hause war, berichtete Fisk über Krisen und Konflikte in der Region, wie den Bürgerkrieg im Libanon, die sowjetische Invasion in Afghanistan oder die Irak-Kriege.

Seine Erlebnisse verarbeitete er später in seinem mehr als 1.200 Seiten langen und lesenswerten Bestseller The Great War for Civilisation. Unter anderem schildert er darin auch seine Begegnung mit dem damals noch weithin unbekannten späteren Al-Kaida-Chef Osama bin Laden. "Über den Krieg oder die Front kann ich nicht nur von meinem Schreibtisch aus schreiben, fern des Sterbens, wie es heute zu viele Kollegen praktizieren", äußerte Peter Scholl-Latour einst gegenüber dem Publizisten Ramon Schack.

Peter Scholl-Latour war so etwas wie ein Bruder im Geiste von Robert Fisk, beide widerstanden dem Zeitgeist und jener Entwicklung, in der die Globalisierung in der medialen Berichterstattung zu einer betrüblichen Provinzialisierung geführt hat. Die Medienwelt entwickelte sich in den letzten Jahren in einem weltweit bisher nicht da gewesenen Umfang. Einerseits war und ist dies eine Folge des technischen Fortschritts, zum anderem lag dem die Erkenntnis zugrunde, dass Informationen große Profite auf dem Markt abwerfen, wenn sie verbreitet werden. Die Entdeckung, dass Information ein lukratives Geschäft sein kann, führte in der westlichen Welt zum Zufluss des Großkapitals in die Medien.

In den Führungspositionen der Medienkonzerne wurden und werden Journalisten und Redakteure zunehmend von Geschäftsleuten ersetzt. Diese Entwicklung wird flankiert von einer Konzentration der Medienmacht, hinter der sich natürlich auch politische Tendenzen etablieren, die den ursprünglichen Anspruch der Medien aushöhlen, Informationen zu liefern, in Verbindung mit Wahrheitssuche und der Schärfung des politischen Bewusstseins.

Heute steht in den dem meisten westlichen Medien eine andere Agenda auf dem Programm, eine Agenda, der sich Robert Fisk nicht unterwarf, weder bei der Berichterstattung über dem sogenannten "War on Terror", über Libyen, Syrien, oder wo auch immer. Das machte ihn angreifbar, wobei er sich nie angreifen ließ. Er widersprach dem westlichen Narrativ, forderte dieses heraus, stellte diesem eine Realität gegenüber, die er vor Ort erfasst hatte. Robert Fisk, der unzählige Kriege, Schlachtfelder und Gefahrenzonen überlebte, starb am 30. Oktober in seiner Heimatstadt Dublin an den Folgen eines Schlaganfalls. Er wurde 74 Jahre alt.

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