Europa

EU-Kommission fordert Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge

Sollte Deutschland unbegleitete Flüchtlingskinder aus griechischen Aufnahmelagern aufnehmen? Diese Frage sorgt in Deutschland zu Weihnachten für hitzige Diskussionen. Die EU-Kommission nennt nun Zahlen, denen zufolge es überwiegend gar nicht um Kinder geht.
EU-Kommission fordert Aufnahme unbegleiteter minderjähriger FlüchtlingeQuelle: AFP © Aris Messinis

Die EU-Kommission fordert Deutschland und andere EU-Staaten auf, unbegleitete minderjährige Migranten aus den überfüllten griechischen Aufnahmelagern aufzunehmen – auch wenn die allermeisten von ihnen keine Kinder, sondern Jugendliche sind. Eine Sprecherin der von Ursula von der Leyen geführten Behörde sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel:

Die Kommission ist besorgt über die schwierige Lage vor Ort.

Bundesregierung: Vorerst keine minderjährigen Flüchtlinge im Alleingang nach Deutschland

Man habe die anderen Mitgliedsstaaten bereits mehrfach aufgefordert, weiter auf freiwilliger Basis unbegleitete Minderjährige umzusiedeln. Bislang sei die Resonanz allerdings verhalten gewesen.

Für die 5.276 unbegleiteten Minderjährigen in Griechenland habe es nach Zahlen des zuständigen National Centre for Social Solidarity von Ende November zuletzt nur 2.216 geeignete Unterbringungsplätze gegeben, sagte die Sprecherin weiter. Rund 3.000 Plätze fehlten derzeit also.

Die Bundesregierung hatte am Montag mitgeteilt, dass vorerst keine minderjährigen Flüchtlinge im Alleingang nach Deutschland geholt werden sollen. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer erklärte in Berlin:

Wir suchen für die Zukunft nach einer europäischen Lösung. Deutschland kann das nicht im Alleingang.

Dies entspricht dem Grundtenor, den Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits in der vergangenen Woche verkündet hatte. Bei der Regierungsbefragung im Bundestag sagte Merkel, die Situation auf den griechischen Inseln sei nicht nur ein deutsches Problem.

Wenn Europa ein Europa der Werte ist, sind auch andere mit gefordert.

Niedersachsen, Berlin und Thüringen boten bereits Hilfe bei Aufnahme an

Zuvor hatte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck die Debatte in Deutschland neu entfacht, indem er sich dafür stark machte, bis zu 4.000 Kinder von den griechischen Inseln zu holen.

Habecks Hilfsappell ist allerdings kein neuer Vorstoß. Schon Anfang des Monats hatten die Landesinnenminister aus Niedersachsen, Berlin und Thüringen auf die humanitäre Notlage hingewiesen und ihre Hilfe bei der Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen angeboten – und ihr Angebot in einem weiteren Brief vom 20. Dezember erneuert. Berlin bekräftigte am Montag ausdrücklich seine Bereitschaft, bis zu 70 unbegleitete Minderjährige in die Hauptstadt zu holen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will 50 Kinder und Jugendliche aufnehmen. Ähnliche Signale kommen auch aus Baden-Württemberg.

Doch die Länder sind nach Ansicht der Bundesregierung gar nicht am Zug. Ein Sprecher von Innenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte:

Die Flüchtlingspolitik ist eine Sache des Bundes. Und dementsprechend werden auch alle Übernahmeentscheidungen oder Aufnahmeentscheidungen durch den Bund getroffen.

Das heißt konkret: Erst wenn die Bundesregierung grundsätzlich über die Aufnahme von Flüchtlingen entschieden hat, werden die Betroffenen in einem zweiten Schritt auf die 16 Bundesländer verteilt.

Unbegleitete Minderjährige: Nur neun Prozent jünger als 14 Jahre

Nach jüngsten Angaben der EU-Kommission waren auf den "Hotspot-Inseln" Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos zuletzt allerdings nur 1.922 unbegleitete Minderjährige registriert (Stand 20. Dezember). In ganz Griechenland waren es Ende November 5.276 – davon sind nur neun Prozent jünger als 14 Jahre und damit im Sinne des Jugendschutzgesetzes Kinder. Von der Gesamtzahl dieser Minderjährigen sind 92 Prozent männlich.

Dass es schnell die von der Bundesregierung gewünschte "echte europäische Lösung" zur Umsiedlung von minderjährigen Migranten gibt, gilt unterdessen als unwahrscheinlich. Die EU-Staaten ringen bereits seit Jahren vergeblich um einen gemeinsamen Kurs in der Flüchtlingspolitik. So gibt es wegen des Widerstands von Ländern wie Polen und Ungarn bis heute kein System zur gerechten Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU.

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(dpa/rt deutsch)

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