Europa

Polen: Regierungsnahe Denkfabrik fordert NATO-Aufrüstung im Weltraum gegen Russland

Die NATO soll Satellitenangriffsszenarien in ihr Trainingsprogramm aufnehmen. So die Forderung einer regierungsnahen polnischen Denkfabrik. Angeblich arbeitet Russland an "Antisatellitenwaffen". Laut russischer Experten geht es aber schlicht um antirussische Hysterie.
Polen: Regierungsnahe Denkfabrik fordert NATO-Aufrüstung im Weltraum gegen RusslandQuelle: www.globallookpress.com

Das polnische Institut für Internationale Beziehungen (PISM), eine regierungsnahe Denkfabrik in Warschau, hat eine angebliche "Bedrohung durch Russland im Weltraum" ins Gespräch gebracht. In einem Bericht sprechen die Spezialisten von einer angeblichen Entwicklung von Antisatellitenwaffen durch Russland. Diese gehörten zur "asymmetrischen Reaktion" Russlands auf die Entwicklung ähnlicher Technologien in den Vereinigten Staaten.

In dem Bericht wird die NATO deshalb aufgefordert, Szenarien in ihr Trainingsprogramm aufzunehmen, bei denen Satelliten angegriffen werden. Wie russische Experten feststellen, geht es Warschau, in seiner Funktion als "US-Bastion in Europa", jedoch nur darum, auf diese Weise die antirussische Stimmungen anzufachen. Zudem geben die Polen damit Washingtons eigenen Plänen zur Militarisierung des Weltraums Deckungsfeuer im Informationsraum.

In einem Schreiben des PISM, dessen Text RT vorliegt, heißt es:

Das Wachstum des russischen Potenzials im Bereich der Antisatellitensysteme erfordert eine Reaktion der NATO-Mitgliedsstaaten und der EU-Länder.

Der Text besagt weiter, dass Russland zwar vorschlägt, die Verbreitung dieser Waffen zu begrenzen, da es "besorgt über die militärische Dominanz der USA im Weltraum" sei, aber gleichzeitig selbst an solchen Systemen arbeite. Die polnischen Analytiker beschreiben sehen die Situation wie folgt:

Russland ist besorgt über den wachsenden technologischen Vorteil der USA sowie ihre militärische Dominanz im Weltraum und schlägt vor, internationale Gesetze zur Begrenzung von Antisatellitensystemen zu erlassen. Gleichzeitig entwickelt die russische Führung kinetische Antisatellitenwaffen, die als Reaktion auf ähnliche Projekte in China, den USA und Indien positioniert sind.

Gleichzeitig behaupten die polnischen Experten, die Russische Föderation beabsichtige, ihre Antisatellitensysteme als "asymmetrische Reaktion" auf Aufrüstungsmaßnahmen der Vereinigten Staaten zu modernisieren:

Russlands Antisatellitenwaffen sind ein Element seiner "asymmetrischen Reaktion" auf die Entwicklung von Raketenabwehrsystemen, neuen Modifikationen von bodengestützten Flugkörpern und Hyperschallwaffen durch die USA.

Moskau dementiert und korrigiert

In Wirklichkeit aber haben sich russische Politiker jedoch wiederholt gegen die Militarisierung des Weltraums ausgesprochen. Dieses Phänomen ist eine der größten Bedrohungen für die internationale Sicherheit, betonte insbesondere der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu. Auch das russische Außenministerium bezog klar Stellung:

Mögliche Umsetzung von US-Militärplänen im Weltraum wird das derzeitige System zur Gewährleistung der Sicherheit von Weltraumaktivitäten, das aus der Entwicklung des internationalen Weltraumrechts erwachsen ist, empfindlich treffen. Alle bisherigen Versuche Washingtons, seine Überlegenheit im militärischen Bereich zu sichern, endeten immer mit der Zunahme von Spannungen und weiteren Runden im Wettrüsten.

Zuvor wurde die US-Militärpolitik von dem stellvertretenden Ständigen Vertreter Russlands im UN-Büro in Genf Andrei Beloussow kritisiert. Ihm zufolge widersetzt sich Washington seit langem allen Bemühungen, gemeinsame Dokumente zum Erhalt des Weltraums für friedliche Zwecke zu erarbeiten. Der Diplomat fasste die Sachlage bei einer Rede vor dem Ersten Ausschuss der UN-Generalversammlung zusammen:

Russland versucht, gemeinsam mit seinen Gleichgesinnten, ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern, das von den westlichen Ländern provoziert wird.

Alexei Leonkow, Militärexperte und Redakteur der Zeitschrift Arsenal Otetschestwa (dt.: Arsenal des Vaterlands), erklärte gegenüber RT, dass es die Vereinigten Staaten seien, die derzeit intensiv an der Entwicklung von Antisatellitenwaffen arbeiten. Leonkow wörtlich:

Wenn Sie die neuesten Dokumente zu den Pentagon-Richtlinien lesen, bekommen Sie den Eindruck, dass ausgerechnet die US-Amerikaner auf Antisatellitenwaffen setzen. Darüber hinaus gibt es große Lobbygruppen, die Entscheidungen zu – und Lösungen für – die Militarisierung im Weltraum fördern. Wir sprechen über den Einsatz von Satellitengruppen, die den Raketenschild stärken sollen, und über Abfangsatelliten, die nicht nur Hyperschallwaffen und Wiedereintrittsköpfe ballistischer Raketen abfangen können, sondern auch andere Satelliten eliminieren.

Entsprechende Militärische Projekte zielten darauf ab, die Überlegenheit der Vereinigten Staaten außerhalb des Planeten zu erhalten. Die Frage dieser Überlegenheit werde aber nur in den militärischen Dokumenten der USA gestellt, nicht aber in russischen, so der Experte weiter. Er betonte auch, dass Moskau seit langem versucht, die Situation bezüglich des Weltraums zu lösen. Washington wurde ein Vertragsentwurf vorgeschlagen, der eine Militarisierung verbietet – doch die USA lehnten ab.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Seit diesem Jahr ist eine neue Struktur innerhalb der US-Streitkräfte, das Space Command (SPACECOM), für die US-Weltraumaktivitäten verantwortlich. Laut US-Präsident Donald Trump wird der militärische Aufbau durch Bedrohungen von vermeintlichen Gegnern verursacht, die angeblich auf eine Gefahr für US-Satelliten schließen lassen.

Darüber hinaus schreiben die Autoren des PISM, dass Russland bereits jetzt in der Lage sei, Raketenabwehrsysteme wie die A-235 PL-19 Nudol und S-400, die Objekte über der Erdatmosphäre abfangen können, auch mit Antisatellit-Funktionen auszustatten. Es wird behauptet, dass die Russische Föderation in naher Zukunft in der Lage sein werde, solche Systeme gegen zivile und militärische Satelliten im erdnahen Orbit zu nutzen, sowie automatisierte Satelliten einzusetzen, um den Betrieb von Weltraumausrüstung in höheren Erdumlaufbahnen zu stören. Auch stellen die polnischen Analytiker fest, dass die Russische Föderation über Systeme der elektronischen Kampfführung (Eloka) verfügt, die in der Lage sind, Satellitensignale zu stören.

Erinnern wir uns daran, dass Norwegen im vergangenen Jahr dem russischen Militär vorwarf, die Funktion der GPS-Empfänger der am Manöver Trident Juncture beteiligten Streitkräfte der Nordatlantischen Allianz gestört zu haben. Dmitri Peskow, Pressesekretär des russischen Präsidenten Wladimir Putin, antwortete damals:

Wir wissen nichts darüber, dass Russland irgendwie an GPS-Systemausfällen beteiligt sein könnte. Dazu muss man Experten oder das Verteidigungsministerium fragen. Aber Sie wissen doch: es gibt heutzutage die Tendenz, Russland überhaupt aller Tod- und weiterer Sünden zu bezichtigen. In der Regel haben diese Anschuldigungen keine Grundlage.

Beweise legte die NATO seitdem nicht vor. Mit entsprechendem Gerät aber lassen sich Störsignale peilen und deren Quellen orten. Also dürfte klar sein, dass das Bündnis in der Tat keine Beweise für seine Anschuldigungen hat. Dies gab zum Beispiel die Bundesregierung schließlich zu.

Dennoch gelangen die polnischen Spezialisten ausgerechnet "im Lichte der russischen Cyberoperationen" irgendwie zu dem Schluss, dass Russland über Technologien verfügt, die es ihm ermöglichen, den Betrieb ziviler und militärischer Satelliten zu beeinträchtigen. Schon daraus leiten sie eine Bedrohung her:

Das Land verfügt über ebenso fortschrittliche Technologie für Cyberangriffe gegen zivile Satelliten, die in der Regel weniger zuverlässig geschützt sind als militärische Ausrüstung. Es sollte betont werden, dass all diese nicht-letalen Mittel es Russland ebenfalls ermöglichen, in Friedenszeiten heimlich militärische Satelliten des Gegners zu stören.

Es ist nicht das erste Mal, dass westliche Militärs und militärnahe Kreise Russland zu einer "Bedrohung" im Weltraum stilisieren. Solcherlei wird am häufigsten von hochrangigen US-Militärbeamten behauptet. So sagte im September der Vorsitzende des Committee of Chiefs of Staff der US-Streitkräfte, General Joseph Dunford, zu diesem Thema Folgendes:

In den 90er-Jahren, als wir bedeutende Kräfte im Weltraum dislozierten, gingen wir davon aus, dass wir dort keine Konkurrenten haben würden. Heute gibt es einen Wettstreit im Weltraum.

Und im April warnte der amtierende Pentagon-Chef Patrick Shanahan, dass Russland zusammen mit China bereits "den Weltraum militarisiert" hätten – mit der angeblichen Absicht, US-Satelliten zu gefährden. 

Die Erschaffung des casus belli

Dmitri Solonnikow, Direktor des Instituts der Modernen Staatsentwicklung in Moskau merkte an, dass Ideen aus den Vereinigten Staaten in den letzten Jahrzehnten in Europa traditionell von Polen verbreitet werden. Gegenüber RT erklärte er:

Es ist schon interessant, Aussagen zur Lage im Weltraum von einer so "großen Weltraummacht" wie Polen zu vernehmen. Tatsächlich ist Warschau eine US-Bastion in Europa. Seine Hauptaufgabe ist es, allseits Russlandfeindliches zu fördern.

Alexej Leonkow vertritt die Meinung, dass Polen versucht, die Weltgemeinschaft gegen Russland im Weltraum auszuspielen, um den USA bei der Militarisierung dieser Sphäre freie Hand zu geben.

Bei PISM ist man der Ansicht, dass die NATO-Verbündeten die potenziellen Aktionen des Bündnisses in Bezug auf den möglichen Einsatz von Antisatellitenwaffen analysieren sollten. Insbesondere müsse das Bündnis entscheiden, ob die Zerstörung von Satelliten der NATO-Mitgliedsstaaten als Anlass für die Aktivierung des Fünften Artikels der NATO-Charta angesehen werden soll, der bisher als Bündnisfall-Artikel den Einsatz von Gewalt als Reaktion auf einen Angriff auf eines der Länder vorsieht. Auch der Vierte Artikel ist damit verbunden. Im Material der polnischen regierungsnahen Denkfabrik heißt es:

Die NATO muss die Folgen des Einsatzes von Antisatellitenwaffen im Rahmen des Vierten Artikels des Washingtoner Vertrags berücksichtigen.

Der hier erwähnte Vierte Artikel besagt:

Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist.

Dementsprechend fährt PISM in seiner Veröffentlichung fort:

Es kann sich herausstellen, dass der Einsatz von nicht-letalen Mitteln zur Störung eines Satelliten, der einem NATO-Mitgliedsstaat gehört, Gegenstand von Diskussionen im Rahmen des Vierten Artikels sein wird. Die Allianz kann zu dem Schluss kommen, dass die physische Zerstörung eines solchen Satelliten als ein Angriff angesehen wird, der die Anwendung des Fünften Artikels erfordert.

Dieser Logik folgend rät PISM der NATO, Szenarien für Angriffe auf Satelliten in ihre militärische Übungen zu integrieren. Außerdem solle man die Öffentlichkeit für die Anfälligkeit der Weltraumtechnologie sensibilisieren. Die Analytiker erinnerten daran, dass Polen plant, Aufklärungssatelliten anzuschaffen.

Es ist anzumerken, dass die NATO neuerdings den Weltraum neben Luftraum, Land, Gewässern und Cyberspace als einen Bereich für ihre militärischen Operationen betrachtet. Das erklärte der Generalsekretär der Allianz Jens Stoltenberg am 20. November. Er betonte, dass die Nutzung des Weltraums zum Alltag auf der Erde geworden sei und dieser "sowohl für friedliche Zwecke als auch für Aggressionen" genutzt werden könne. Gleichzeitig plane die NATO nicht, dort Waffen einzusetzen, so Stoltenberg.

Neue Runde des Wettrüstens erzwingen

Ein Ausbau militärischer Macht im Weltraum durch die NATO-Länder könnte Russland zu einer Reaktion zwingen, warnten die von RT befragten Experten. Dmitri Solonnikow kommentierte die Entwicklung so:

Der Weltraum wird für eine Reihe von Ländern zu einer Arena für die Entwicklung neuer Technologien – einschließlich Verteidigungstechnologien. Es wäre seltsam, wenn Russland in keiner Weise darauf reagieren würde.

Der russische Präsident Wladimir Putin versicherte, dass Russland schnell entsprechende Technologien entwickeln wird, falls die Vereinigten Staaten Waffen im Weltraum stationieren. Zugleich fügte er hinzu, dass die derzeitige Entwicklung etwas ganz und gar Unerfreuliches ist. Putin wörtlich:

Die Sache kann zu einem Punkt kommen, an dem über den Köpfen der Bewohner eines jedes Landes eine Art Angriffskomplex im Orbit hängen wird. Die Anflugzeit zu den jeweiligen Zielen wird fünf, sieben oder acht Minuten betragen. Und es ist nicht einfach, diese Systeme im Weltraum zu kontrollieren. Technische Ausfälle, alles nur Erdenkliche ist möglich.

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