Europa

Ukraine fordert internationalen Status für die Straße von Kertsch

Nach dem Urteil des Internationalen Seegerichtshofs vom vergangenen Wochenende, welches Russland auffordert, die festgesetzten ukrainischen Marinesoldaten freizulassen und die Schiffe zurückzugeben, geht Kiew nun einen Schritt weiter.
Ukraine fordert internationalen Status für die Straße von Kertsch Quelle: Reuters © Fabian Bimmer

Der Internationale Seegerichtshof (ISGH) mit Sitz in Hamburg ist eine den Vereinten Nationen untergeordnete Instanz, die sich für die Einhaltung des Seerechts in internationalen Gewässern einsetzt. Am Samstag hat der ISGH ein Urteil gesprochen, wonach Russland die nach der Provokation in der Straße von Kertsch festgenommenen 24 ukrainischen Marinesoldaten freizulassen sowie die drei beschlagnahmten Militärschiffe zurückzugeben habe.

Am 25. November 2018 verletzten zwei Artillerieboote und ein Schlepper der ukrainischen Marine die russische Seegrenze im Schwarzen Meer und fuhren auf die Straße von Kertsch zu. Normalerweise passieren Schiffe die Meerenge nach entsprechender Genehmigung und nach einem Zeitplan. Diese Schiffe aber hatten eine solche Genehmigung nicht, so der Föderale Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation (FSB), der für die Aufrechterhaltung der Grenzsicherheit zuständig ist.

Die russische Küstenwache hatte die ukrainische Marine wiederholt davor gewarnt, russisches Hoheitsgewässer zu befahren und unverzüglich beizudrehen, andernfalls sehe man sich gezwungen, bewaffnet einzugreifen. Die Warnungen wurden ignoriert und es folgte schließlich die Operation, die zur Festsetzung der Schiffe und der Verhaftung der Besatzungen führte. Dabei kam heraus, dass die ukrainischen Schiffe eine große Anzahl von Waffen und Munition geladen hatten. Eine handschriftliche Zusammenfassung der von Russland festgelegten Regeln für die Navigation durch die Kertsch-Straße befand sich ebenso an Bord, wie Mitarbeiter des ukrainischen Geheimdienstes. Dies wurde später von Wasilii Grizak, Chef des ukrainischen Inlandgeheimdienstes SBU, bestätigt.

Mehr zum Thema - FSB veröffentlicht Liste mit Waffen und Dokumenten an Bord der beschlagnahmten Schiffe

Die Faktenlage hindert Kiew jedoch nicht, das Verhalten seiner Marine zu verteidigen. Nachdem die Forderung Kiews nach deutschen Kriegsschiffen unerfüllt blieb, dafür aber Sanktionen gegen Russland verhängt wurden, verklagte die Ukraine Russland zusätzlich vor dem ISGH. Da Moskau den Standpunkt vertritt, dass militärische Aktivitäten gemäß UN-Seerechtskonvention nicht unter die Zuständigkeit des Internationalen Seegerichtshofs fallen, teilte die russische Botschaft in Berlin dem ISGH in einer schriftlichen Note mit, dass man an dem Verfahren nicht teilnehmen werde.

Außerdem machte das russische Außenministerium darauf aufmerksam, dass sowohl Moskau als auch Kiew vor der Anerkennung und Ratifizierung (Russland am 12.03.1997 und Ukraine am 26.07.1999) der UN-Seerechtskonvention klargestellt hätten, dass die Statuten des ISGH bei Streitigkeiten rund um die Meerenge von Kertsch nicht zur Anwendung  kommen können. 

Das alles ließen die Richter des ISGH jedoch nicht gelten. Sie schlossen sich der ukrainischen Argumentationslinie an, dass es sich bei der ukrainischen Provokation um keine militärische Aktion gehandelt habe, weshalb der Fall also durchaus unter die Jurisdiktion des Internationalen Seegerichtshofs falle. Denn entgegen der russischen Argumentation reiche eine bloße Beteiligung von militärischen Einheiten nicht aus, um von einer militärischen Handlung zu sprechen. Es bedürfe dafür einer spezifischen militärischen Handlung – also einen geplanten oder tatsächlichen Angriff.

Es wäre eine andere Ausgangslage gewesen, so der ISGH, würde sich Russland mit der Ukraine offiziell in einem Kriegszustand befinden. Denn dann wäre die Gefangennahme der ukrainischen Soldaten und Festsetzung der Schiffe durch das I. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen von 1949 gedeckt gewesen, welches Kriegsschiffe als legitime militärische Ziele einstuft. Zudem wäre dann auch tatsächlich der ISGH nicht für eine eventuelle Verhandlung zuständig gewesen. Da sich Moskau aber nicht als Kriegspartei sieht, konnte diese Argumentation auch nicht angeführt werden.

Nach dem Urteil vom 25. Mai fordert die ukrainische Vize-Außenministerin Jelena Zerkal nun, dass die Straße von Kertsch "den Status eines internationalen Seeweges" erhält. "Das würde zahlreiche Probleme lösen, die noch immer existieren", sagte sie weiter. Zudem meinte sie, dass die Ukraine nun die "umgehende" Freilassung der verhafteten Marinesoldaten und die Rückgabe der Schiffe erwarte. Wie Russland auf diese Entwicklung reagieren wird, bleibt noch abzuwarten. Es ist gut möglich, dass zwischen Moskau und Kiew Verhandlungen für einen Gefangenenaustausch geführt werden, um unter anderem die Freilassung des von der Ukraine seit dem 25. März 2018 gefangengehaltenen Fischkutter-Kapitäns Wladimir Gorbenko zu erwirken.

Mehr zum Thema - Zusammenstoß in der Straße von Kertsch: Festgenommene ukrainische Soldaten schildern Vorfall

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.