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Poroschenko oder Selenskij - Stichwahl um das Präsidentenamt in der Ukraine

Petro Poroschenko war vor fünf Jahren von Befürwortern des Euro-Maidan als "Hoffnungsträger" dargestellt worden. Nun droht dem Oligarchen eine Wahlschlappe. Der Wahlfavorit ist Komiker Wladimir Selenskij. RT Deutsch begleitet die Wahl am Sonntag mit einem Live-Ticker.
Poroschenko oder Selenskij - Stichwahl um das Präsidentenamt in der UkraineQuelle: Reuters

An diesem Sonntag wählen die Menschen in der Ukraine ihren neuen Präsidenten. Rund 30 Millionen Ukrainer sind aufgerufen, sich in einer Stichwahl ab 7.00 Uhr MESZ zwischen Amtsinhaber Petro Poroschenko und dem Polit-Neuling Wladimir Selenskij zu entscheiden.

Im ersten Wahlgang vor drei Wochen hatte der Komiker und Schauspieler Selenskij die meisten Stimmen geholt. Auch in den aktuellen Umfragen liegt der 41-Jährige mit einem sehr großen Vorsprung vorn. Poroschenko droht eine herbe Niederlage.

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Der Wahlkampf zur Stichwahl war in eine politische Schlammschlacht ausgeartet, in der beide Kandidaten sich mit gegenseitigen Vorwürfen überhäuften. In Umfragen führt Selenskij mit rund 70 Prozent der Stimmen vor Poroschenko. Der Oligarch könnte nach fünf Jahren an der Macht eine immense Niederlage erleiden.

Vor allem den Konflikt im Osten der Ukraine machten die Kandidaten zum wichtigsten Thema in dem hitzig geführten Wahlkampf. Poroschenko hatte bei seinem Amtsantritt vor fünf Jahren versprochen, den Konflikt schnell zu beenden.

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Vor wenigen Tagen besuchte Poroschenko Bundeskanzlerin Angela Merkel und den französischen Staatschef Emmanuel Macron. Auch Selenskij reiste nach Paris.

Der Herausforderer tritt auch mit dem Versprechen an, stärker gegen die Vetternwirtschaft in der Machtelite vorzugehen. Der 41-Jährige wurde mit seiner TV-Serie "Diener des Volkes", in der er das Staatsoberhaupt spielt, bei den Ukrainern beliebt. Der Komiker jüdischer Abstammung profitiert wohl auch davon, dass die Ukrainer müde von der bisherigen Politik sind.

Der "Clown aus Krywyj Rih", seiner Geburtsstadt, wie der verheiratete Vater zweier Kinder sich selbstironisch in seinen Wahlkampfspots bezeichnen ließ, präsentiert sich vorrangig in sozialen Netzwerken wie Instagram und über Youtube-Clips statt über konventionelle Medien.

Begonnen hat der ausgebildete Jurist mit einer studentischen Humoristentruppe. Mehrere Jahre lebte er in der russischen Hauptstadt Moskau. Anders als Poroschenko betont er nicht in jedem seiner Auftritte eine "russische Aggression", bezeichnet jedoch den russischen Präsidenten als "Feind".

Den bewaffneten Konflikt im Osten des Landes will er durch eine "Informationsoffensive" beenden und Menschen mit anderen Meinungen das "wahre Bild" der Ukraine durch einen eigens darauf abzielenden russischsprachigen Fernsehkanal vermitteln.
In Sprachfragen gibt er sich liberaler, will aber den bisherigen strikten Ukrainisierungskurs nicht anfechten. Den EU-Beitritt der Ukraine sieht er ebenso wie Poroschenko als strategisches Ziel, den NATO-Beitritt als wünschenswert. Man müsse den Menschen erklären, dass NATO "nicht fürchterlich" sei, sagte er in einem Interview.

Kritiker und insbesondere sein Herausforderer Poroschenko werfen dem Politneuling Populismus und einen Mangel an Erfahrung vor. Einige halten Selenskij für eine Marionette des Oligarchen Igor Kolomoiski, in dessen Fernsehsender 1+1 seine Show läuft. Kolomoiski lebt in Israel, seitdem seiner inzwischen verstaatlichten PrivatBank finanzielle Missetaten vorgeworfen wurden. Selenskij beteuert eindringlich, sein eigener Herr zu sein.

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