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Abschiebung des Amri-Vertrauten: Ben Ammar war wohl auch bei Attentat in Nizza anwesend

Der Fall des kurz nach dem Anschlag in Berlin abgeschobenen Tunesiers Bilal Ben Ammar gibt immer neue Rätsel auf. Laut übereinstimmenden Berichten mehrerer Medien könnte er auch beim Attentat im südfranzösischen Nizza am 14. Juli 2016 vor Ort gewesen sein.
Abschiebung des Amri-Vertrauten: Ben Ammar war wohl auch bei Attentat in Nizza anwesendQuelle: www.globallookpress.com

Der am 1. Februar 2017 nach Tunesien abgeschobene Islamist Bilal Ben Ammar hat sich 2016 während des Terroranschlags von Nizza wahrscheinlich in Frankreich aufgehalten. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) soll dies in einem Vermerk des Bundeskriminalamtes vom 30. März 2017 notiert worden sein, in das sie Einsicht hatte. Das Magazin Focus hatte sogar in seiner aktuellen Ausgabe darüber berichtet, dass Ben Ammar beim Attentat im südfranzösischen Nizza am 14. Juli 2016 vor Ort gewesen sei. Der Focus berief sich dabei auf Informationen des französischen Geheimdienstes DGSI.

Am Dienstagabend kamen diesbezüglich auch Berichte vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), von dem ARD-Magazin "Kontraste" und der Berliner Morgenpost, wonach Dokumente nahe legen würden, dass Ben Ammar zum Zeitpunkt des Terroranschlags in Nizza vor Ort gewesen sein könnte. In der südfranzösischen Hafenstadt war am französischen Nationalfeiertag ein Attentäter mit einem Lkw über einen Boulevard gerast. Er tötete 86 Menschen, mehr als 400 verletzte er teilweise schwer.

Unter falschem Namen nach Frankreich gereist

Die Ermittler sollen demnach auf einem Handy Ben Ammars ein Foto von einem Boarding Pass für einen Flug von Berlin-Schönefeld nach Nizza um 14.00 Uhr gefunden haben. Aufgenommen wurde das Bild am 7. Juli 2016. Die Bordkarte lautete demnach jedoch nicht auf den Namen Ben Ammar, sondern auf den Namen Oueslati B.

Bei der Auswertung der Handy-Daten von Ben Ammar stieß man laut dpa allerdings auch auf Fotos, die ihn mit Bekannten in Paris zeigen. Eine dieser Aufnahmen soll wahrscheinlich am 10. Juli 2016 gemacht worden sein, eine zweite am 15. Juli. In einem Vermerk der Polizei heißt es demnach, Ben Ammar sei nach Frankreich gereist, "wahrscheinlich unter Verwendung der fiktiven Personalie 'Oeslati Mohamed Belaid'".

Focus-Online hatte am Freitagmorgen unter Berufung auf Sicherheitsbehörden gemeldet, dass Ben Ammar beim Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz vor Ort und selbst beteiligt gewesen war. Unter anderem habe er dem mutmaßlichen Haupttäter Anis Amri die Flucht ermöglicht, indem er einen im Weg stehenden Mann niedergeschlagen habe. Außerdem berichtete das Magazin, dass Ben Ammar im Dienst eines marokkanischen Geheimdienstes stand. Wie Amri besaß der Tunesier auch mehrere Identitäten. Zwischen seiner Ankunft in Deutschland 2014 und seiner Abschiebung im Februar 2017 soll er neun Mal in Frankreich gewesen sein.

Grüne wollen Thomas de Maizière im Untersuchungsausschuss befragen

Der Tunesier Amri wählte auf dem Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 dieselbe Methode wie der Attentäter von Nizza. Er fuhr mit einem Lastwagen in die Menge und tötete zwölf Menschen. Mehr als 70 weitere Menschen wurden verletzt. Am Abend vor dem Anschlag aß er mit Ben Ammar in einem Lokal. Nicht mal eineinhalb Monate nach dem Anschlag wurde Ben Ammar aus Deutschland abgeschoben. Nun wollen die Grünen im Untersuchungsausschuss des Bundestages vom früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wissen, weshalb seine Beamten dies so zügig durchgeführt hatten.

Als Zeugin befragt werden soll dazu auch die damalige Innenstaatssekretärin Emily Haber, die heute Botschafterin in Washington ist. Auch die Linke setzt sich dafür ein. Martina Renner, die Obfrau der Linken im Ausschuss, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): "Emily Haber spielt eine absolut zentrale Rolle bei der Abschiebung von Ben Ammar." 

Die Grünen-Obfrau Irene Mihalic sagte der dpa, es sei "auffällig, wie intensiv und schnell die Abschiebung Bilal Ben Ammars von derselben Bundesregierung forciert wurde, die bei Anis Amri trotz der zahlreich vorliegenden Erkenntnisse untätig blieb". Sie fragte: "Warum hat man ihn nicht intensiver vernommen?"

Der Generalbundesanwalt hatte der Abschiebung damals zugestimmt, obgleich Ben Ammar zu seinem Alibi am Tag des Anschlags widersprüchliche Angaben gemacht hatte. Aus den Ermittlungsakten zu Ben Ammar soll laut dpa zudem hervorgehen, dass dem Bundeskriminalamt (BKA) einige Details wohl erst bekannt wurden, nachdem er abgeschoben worden war. 

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat für diesen Donnerstag Informationen zur Abschiebung angekündigt. Bislang ist nichts über Ben Ammars aktuellen Aufenthaltsort bekannt. Der Untersuchungsausschuss will auch ihn als Zeugen vernehmen.

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