Europa

Ungarns Kampf um die eigene Souveränität

Der Druck aus Washington auf die ungarische Regierung hält unvermindert an. Lediglich die Taktik unter Donald Trump hat sich geändert. Mit Zuckerbrot und Peitsche soll Budapest gegen den ausdrücklichen Willen von Viktor Orbán, der auf eine neutrale Position seines Landes pocht, auf US-Linie gebracht werden
Ungarns Kampf um die eigene Souveränität Quelle: AFP © Attila Kisbenedek

Ungarn soll "neutral wie Österreich" sein, sagte laut dem Wall Street Journal Ministerpräsident Viktor Orbán dem US-Botschafter David Cornstein in einem Gespräch. Der Grund für dieses Treffen war die Vorbereitung auf den bevorstehenden Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo in Budapest, wo die Regierung von Präsident Donald Trump Resultate sehen möchte. Was Washington seit einigen Jahren gegen die ungarische Regierung aufbringt, ist das "aus-der-Reihe-tanzen" Orbáns. Und das war auch beim jüngsten Treffen wieder das Thema zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Botschafter.

Während die USA unter der Regierung von Barack Obama Ungarn massiv unter Druck setzten, versucht es Donald Trump mit einer anderen Taktik. Statt markige Worte wie von Victoria Nuland, die Viktor Orbán für den "Krebs" der "demokratischen Abkehr" verantwortlich machte, und sich der Sprachgebrauch der "autoritären ungarischen Regierung" in Washington und Brüssel breit machte, gibt es von Cornstein versöhnliche Töne. Der US-Botschafter sagte in dem Gespräch, dass er "keine Probleme mit Ungarns Demokratie" sieht.

Dafür aber mit der Wahl von Partnern und der Weigerung, Rüstungsgüter made in USA zu kaufen. Erst im Dezember wurde bekannt, dass Ungarn Helikopter aus Frankreich, Panzer und Haubitzen aus Deutschland und System-Upgrades für die Luftwaffe aus Schweden beschaffen möchte, während US-Rüstungskonzerne leer ausgingen. Orbán schockierte schon die US-Regierung von George W. Bush, als er einen Tag vor den Anschlägen vom 11. September 2001 bekannt gab, dass der geplante Kauf von US-Kampfjets nicht stattfinden wird.

Im Fokus der Regierung von Donald Trump und dem bevorstehenden Besuch Pompeos steht nun der Versuch, Budapest wieder etwas mehr Zügel anzulegen. Insbesondere die Öffnung des ungarischen Marktes für chinesische und russische Unternehmen in "kritischen Bereichen wie Telekommunikation, Energie und Banking" wird in Washington als "Sicherheitsbedrohung" bewertet. Dazu meinte ein nicht namentlich genanntes ungarisches Regierungsmitglied:

Der Punkt von Orbán ist, ja, wir wollen Geschäfte mit Russland machen. Wir rebellieren, wenn sie anfangen, uns belehren zu wollen, wie man sich gegenüber China zu verhalten hat, als ob wir Chinas Agenten wären und bla, bla, bla."

Ungarn ist sehr wohl bereit, seinen Verpflichtungen gegenüber der NATO nachzukommen und sogar die Zahl der Beteiligung an ausländischen Missionen zu erhöhen, erklärte das Regierungsmitglied weiter. Aber "Herr Orbán hat vor, sich gegen die Versuche zu wiedersetzen, Ungarn auf US-Linie zu Russland und Ungarn zu bringen".

Dieser Widerstand äußert sich beispielsweise gegen den Druck, den das Weiße Haus auf NATO-Mitglieder bezüglich der Ukraine ausübt, um Kiew zu unterstützen und NATO-Gespräche auf Ministerebene mit der Ukraine zu führen. Oder in der Weigerung, die großangelegte US-Kampagne in Europa gegen Russland gutzuheißen, wie es viele andere Regierungen tun.

Doch was Washington wirklich schmerzt, ist der Vertrauensverlust. "Man beginnt sich nicht mehr sicher zu sein, dass man ihnen vertrauen kann", sagte ein US-Regierungsbeamter. Gemeint ist damit vor allem die Weigerung, blind der US-Linie zu folgen. Das zeigt sich in dem gegenwärtigen Streitpunkt rund um die von den USA weltweit durchgesetzte Gesetzgebung, das sogenannte Status of Forces Agreement (SOFA), welches Budapest nicht unterzeichnen möchte. Dieses Abkommen regelt sämtliche Angelegenheiten, die im Umgang mit US-Soldaten in einem "Gastland" anfallen können.

Insbesondere die Regelung mit straffällig gewordenen GIs wird von den meisten Ländern kritisch gewertet, doch fehlt ihnen der Mut und politischer Wille, sich gegen die Übermacht der USA zu stemmen. Begeht ein US-Soldat eine Straftat außerhalb des eigenen Stützpunktes, fällt er normalerweise unter die Jurisdiktion des Gastlandes. Hat das Land aber das SOFA-Abkommen mit Washington unterzeichnet, verzichtet es auf die juristische Handhabe zugunsten der USA (gilt nicht für westliche NATO-Länder, die eine eigene NATO-SOFA unterzeichnet haben). Der Fall wird also nicht von einem Gericht im Gastland behandelt, sondern, wenn überhaupt, von einem Gericht in den USA.

Da Ungarn bisher lediglich das Partnership for Peace (PfP) unterzeichnet und 1995 ratifiziert hat, wollen die USA die Ungarn noch enger an sich binden. In Washington ging man offensichtlich davon aus, dass das neue SOFA-Abkommen durch das Parlament "segeln" würde, wie das Wall Street Journal schreibt. Sie haben aber nicht damit gerechnet, dass die Regierung von Viktor Orbán gegen diesen Souveränitätsverlust kämpfen würde. Ob der Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo daran etwas ändern wird, gilt indessen als unwahrscheinlich.

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