Europa

May will weder zurücktreten noch Neuwahlen: "Zu diesem Zeitpunkt" nicht im nationalen Interesse

Der Streit um das Brexit-Abkommen eskaliert. Weil Theresa May die Abstimmung über den Deal auf Eis gelegt hat, will ein Teil ihrer Fraktion die Premierministerin zu Fall bringen. Doch May kämpft weiter. Bei einer Fragestunde im Parlament warb sie für ihren Deal.
May will weder zurücktreten noch Neuwahlen: "Zu diesem Zeitpunkt" nicht im nationalen InteresseQuelle: www.globallookpress.com

Die heutige wöchentliche Fragestunde im Parlament dürfte für die britische Premierministerin Theresa May sicherlich einer der schwierigsten Auftritte vor den Abgeordneten gewesen sein. In einigen Stunden soll sie sich schließlich einer Misstrauensabstimmung über ihr Amt als Chefin der konservativen Regierungspartei stellen. Der Streit um das Brexit-Abkommen war in den letzten Tage eskaliert. Sollte May die Misstrauensabstimmung verlieren, wäre auch ihr Posten als Premierministerin nicht mehr zu halten.

Kämpferisch und selbstsicher gab sie sich dann aber bei der wöchentlichen Fragestunde. Sie schloss Neuwahlen weiter aus. Eine Parlamentsneuwahl sei "zu diesem Zeitpunkt" nicht im nationalen Interesse, so May. Auf die Frage, ob sie ein zweites Brexit-Referendum ausschließen könne, sagte sie:

Ich glaube, wir sollten das Referendum respektieren, das 2016 stattgefunden hat.

Damals stimmte eine knappe Mehrheit der Briten für den Austritt des Landes aus der EU.

Bereits einige Stunden zuvor gab sich May überraschend gefasst, als sie vor ihren Regierungssitz Downing Street trat und ihren Widersachern die Stirn bot. Die Wahl eines neuen Parteichefs würde "die Zukunft des Landes aufs Spiel setzen und Unsicherheit schaffen, wenn wir sie am wenigsten brauchen können", sagte sie in ihrer etwa vierminütigen Rede. Ihre Botschaft: Sie will Premierministerin bleiben und den Brexit-Deal mit der EU durchziehen. 

Rückhalt erhielt May am Mittwoch von mehreren ihrer Kabinettsmitglieder. "Die Premierministerin hat meine volle Unterstützung und ist die beste Person, um sicherzustellen, dass wir die EU am 29. März verlassen", sagte Innenminister Sajid Javid.

Wer steht hinter dem Misstrauensantrag?

Hinter dem Misstrauensantrag stehen wohl hauptsächlich die Brexit-Hardliner in ihrer Fraktion um den erzkonservativen Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg.

Das Land braucht einen neuen Anführer. Es ist Zeit, dass Mrs. May zurücktritt", schrieb er am Mittwoch auf Twitter.

Rees-Mogg hatte der Premierministerin bereits kurz nach der Veröffentlichung des Brexit-Abkommens sein Misstrauen ausgesprochen. Ein erster Versuch, die für eine Abstimmung notwendigen 48 Misstrauensbriefe zusammenzubekommen, war aber gescheitert. Rees-Mogg steht einer Gruppe von rund 80 Abgeordneten vor.

Etliche Widersacher signalisierten bereits Interesse an Mays Posten  

Unklar ist, ob die Rebellen May wirklich stürzen können. Sie brauchen dafür eine Mehrheit der 315 konservativen Abgeordneten. Eine Misstrauensabstimmung kann nur einmal in zwölf Monaten stattfinden. Sollte May als Siegerin aus der Abstimmung hervorgehen, wäre ihre Position zunächst gefestigt. Dennoch wird ihre Situation dadurch erheblich schwieriger. Die Wahrscheinlichkeit, dass May die zerstrittene Fraktion danach wieder hinter sich vereinen kann, gilt als verschwindend gering.

Sollte sie die Abstimmung verlieren, wäre auch ihr Posten als Premierministerin nicht mehr zu halten. Etliche ihrer Widersacher signalisierten bereits Interesse, May zu beerben. Als möglicher Nachfolger wird unter anderem der zurückgetretene Brexit-Minister Dominic Raab genannt. Er sei die erste Wahl der Euroskeptiker, berichtete die Zeitung The Guardian. Seine Stärke: Er hat Erfahrung mit den Verhandlungen zum EU-Austritt - und auch wesentlich mehr Bindungen nach Brüssel als sein Vorgänger David Davis. Auch Davis war aus Protest gegen Mays Brexit-Pläne zurückgetreten. Kritiker in London und der EU werfen ihm allerdings vor, dass er während seiner Amtszeit kaum in Brüssel aufgetaucht sei.

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Bei den britischen Buchmachern wetten viele bereits auf den schillernden Boris Johnson. Der 54-Jährige machte zwar als früherer Außenminister nicht immer eine glückliche Figur und stapfte vor allem bei seinen Reisen außerhalb Großbritanniens von einem Fettnäpfchen ins nächste. Abgeschrieben ist er damit aber noch lange nicht: Johnson, der ebenfalls aus Protest gegen Mays Pläne zum EU-Austritt zurücktrat, hat immer noch zahlreiche Fans. Seine volksnahe Art und sein Wortwitz kommen an. Er lässt keine Gelegenheit aus, gegen die Premierministerin zu sticheln.

(dpa/rt deutsch)

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