Europa

Studie: Migration befeuert bestehende soziale Statusängste

"Flüchtingskrise" und Migration gelten häufig als Gründe für europaweite Wahlerfolge rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien. Eine Studie der TU Dresden hat den Zusammenhang zwischen Migration und Populismus analysiert. Weitere Erkenntnisse liefert eine Studie der TU Leipzig.
Studie: Migration befeuert bestehende soziale StatusängsteQuelle: www.globallookpress.com

Die Ankunft von mehr als einer Million Asylbewerbern hat in Deutschland alte Konfliktlinien in der Bevölkerung wieder aufbrechen lassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am 6. November veröffentlichte Studie (Pressemitteilung hier) von Forschern der Technischen Universität Dresden, an der die Universität Duisburg-Essen mitgewirkt hat.

Dass rechtspopulistische Einstellungen gerade in Sachsen stark verbreitet sind, hat ihrer Ansicht nach auch damit zu tun, dass die Migrationsbewegungen der vergangenen Jahre dort oft "als Angriff auf die 'heile Welt' ethnokultureller Beschaulichkeit interpretiert" werden. Die Populismusneigung in diesem Bundesland mit ökonomischen Abstiegsängsten oder Bildungsfragen zu erklären, greife zu kurz, erklären die Forscher.

Wichtiger seien kollektive "Kränkungs-, Abwertungs- und Deklassierungserfahrungen" als Folge der politischen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen nach der Wiedervereinigung. Bei der Bundestagswahl 2017 war die AfD in Sachsen mit 27 Prozent der Zweitstimmen stärkste Kraft geworden, mit hauchdünnem Abstand vor der CDU.

Bei Anhängern der AfD seien "Ängste vor einer Entwertung der eigenen Lebensweise, der eigenen Kultur und der gemeinsamen Identität als Grundlage kollektiver Solidarität" festzustellen – allerdings nicht nur in Sachsen, stellten die Autoren fest. Und: "Die offensiv islamkritische Ausrichtung der AfD weiß diese Sorgen auch in Deutschland gezielt anzusprechen." In einer früheren Untersuchung hatten rund 39 Prozent der befragten Sachsen "voll" oder "eher" die Ansicht vertreten, "Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden".

In der Studie "Migration und Populismus" heißt es weiter: "Durch Migration werden regionale und landesspezifische Spaltungen sichtbar – etwa zwischen Ost und West in Deutschland, zwischen Norden und Süden in Italien und zwischen Zentrum und Peripherie in Großbritannien." Diese latenten Konflikte seien teils kultureller, teils sozioökonomischer oder politischer Natur. Die "Flüchtlingskrise" sei somit nicht Ursache, sondern Katalysator für den um sich greifenden Populismus.

In Deutschland haben seit 2015 rund 1,46 Millionen Menschen einen Asylantrag gestellt. Nach einem Höchststand von 722.370 Erstanträgen im Jahr 2016 ist die Zahl der Menschen, die zum ersten Mal in Deutschland um Schutz ersuchen, seit 2017 deutlich gesunken.

Die Autoren der von der Stiftung Mercator im Rahmen des "Mercator Forum für Migration und Demokratie" (MIDEM) geförderten Studie hatten die Zusammenhänge zwischen Migration und Populismus in Deutschland, Italien, Österreich, Polen, Schweden, Tschechien, den Niederlanden und Großbritannien untersucht.

Die Stiftung Mercator ist neben der VolkswagenStiftung Initiator und Förderer des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Weitere Mitglieder der Initiative sind die Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Robert Bosch Stiftung, der Stifterverband und die Vodafone Stiftung Deutschland. Der Leiter der MIDEM-Studie an der TU Dresden, Prof. Dr. Hans Vorländer, ist zugleich Mitglied des SVR.

Kritisch zum Wirken des SVR äußerte sich etwa die Soziologin Necla Kelek bereits vor Jahren in einem Beitrag für die FAZ, in dem sie diesen als "einflussreiches Netzwerk" bzw. "Politbüro" der deutschen Migrationspolitik beschreibt.

Bei der aktuellen Studie vom MIDEM handelt es sich um den 1. Jahresbericht, dem zukünftig weitere folgen sollen. Ihre Veröffentlichung erfolgt wenige Wochen vor einem internationalen Treffen am 10. und 11. Dezember in Marokko, auf dem die Vereinten Nationen einen "Globalen Migrationspakt" verabschieden wollen.

Studie der TU Leipzig zum Autoritarismus in Deutschland

"Ausländerfeindlichkeit hat in Deutschland erneut zugenommen. Einzelnen ausländerfeindlichen Aussagen, wonach beispielsweise Ausländer den deutschen Sozialstaat ausnutzen oder die Bundesrepublik überfremden, stimmt im Osten fast jeder Zweite zu. Auch im Westen teilt knapp jeder Dritte diese Positionen." Zu diesem Ergebnis kommt eine andere Studie (Pressemitteilung hier) einer Forschergruppe an der TU Leipzig, die am 7. November veröffentlicht wurde. Als Schlüsselfaktoren für diese Entwicklung hin zu rechtsextremen Einstellungen und der Abwertung anderer Gruppen beschreiben die Forscher "autoritäre Dynamiken" und die "Anerkennung eines jeden Einzelnen als Person und Bürger": "Fast 30 Jahre nach dem Mauerfall fühlen sich rund 30 Prozent als Bürger zweiter Klasse, wobei die Ost/West-Unterschiede nur gering sind."

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Seit 2002 untersucht das Leipziger Forscherteam rechtsextreme und antidemokratische Einstellungen in Deutschland und führt dafür alle zwei Jahre respräsentative Erhebungen durch. Die zuvor als Leipziger "Mitte"-Studien bekannte Langzeituntersuchung heißt seit 2018 "Leipziger Autoritarismus-Studie". Sie wurde in diesem Jahr von der Heinrich-Böll-Stiftung und der Otto-Brenner-Stiftung unterstützt.

Weist die MIDEM-Studie auf die grundsätzliche Gefahr der Nähe und des Überganges von Populismus zu Autoritarismus hin, so konkretisiert die Leipziger Studie, inwieweit sich eine autoritäre Dynamik ("Flucht ins Autoritäre") in Deutschland bereits abzeichnet und laut dem zentralen Ergebnis der Studie verstärkt hat.

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(RT Deutsch / dpa)

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