Europa

Antirussische "Kreativität" auf dem NATO-nahen Sicherheitsforum in Warschau

Die Gefahr, die angeblich von Russland ausgeht, ist in Polen ein Dauerthema. Jetzt wieder: Der Westen müsse sich gegen Russland vereinen, appellierte ein polnischer Sicherheitspolitiker auf dem Warshau Security Forum. Rückenwind bekommt er aus der Ukraine.
Antirussische "Kreativität" auf dem NATO-nahen Sicherheitsforum in Warschau© Warshau Security Forum

Bei der 5. Auflage des Warschauer Sicherheitsforums (Warsaw Security Forum), das am 24. und 25. Oktober in der polnischen Hauptstadt stattfindet, sind viele ehemalige hohe NATO-und US-Repräsentanten, wie Anders Fogh Rasmussen oder Ex-Oberbefehlshaber der NATO-Landstreitkräfte in Europa General Ben Hodges, versammelt. Die Außenminister der polnischen Anrainerstaaten, wie Litauen oder Ungarn, sind auch mit dabei. Die Vertreter der engsten NATO-Verbündeten, wie die Ukraine oder Georgien, waren mit von der Partie.  

Die Veranstalter, eine regierungsnahe Stiftung und das Büro für Nationale Sicherheit, werden von der NATO direkt unterstützt. Ziel der Konferenz sei die Ausarbeitung einer kollektiven Antwort auf die wichtigsten Herausforderungen im Sicherheitsbereich und die Vertiefung der Kooperation in der Verteidigungspolitik, teilt Radio Poland mit. Wer als die gefährlichste Hauptherausforderung während des Forums an den Pranger gestellt wurde, war nicht schwer zu erraten – Russland.

Ein DW-Journalist moderiert Dikussion mit Ben Hodges und Anders Fogh Rasmussen

Polen: Russland bedroht die ganze Welt

Russland sei "eine strategische Herausforderung für die Sicherheit". Nicht nur für die Sicherheit Polens, sondern für "die gesamte Region, den gesamten Kontinent" – diese Herausforderung habe auch "eine globale Dimension", sagte Pawel Soloch, Chef des Nationalbüros für die Sicherheit Polens, auf der Fachtagung in Warschau. Und deshalb müsse sich der Westen zusammenschließen:

Unsere Geschlossenheit ist wichtiger denn je. Nicht nur im Rahmen der NATO, sondern der gesamten westlichen Gemeinschaft. Unsere Antwort muss koordiniert sein", so Soloch.

Für ein probates Mittel gegen die vermeintliche Bedrohung aus Russland hält der polnische Sicherheitsexperte Soloch die dauerhafte Stationierung von US-Truppen auf polnischem Gebiet: "Die USA nehmen ihre Bündnispflichten sehr ernst. Ein Beispiel dafür sind die Gespräche über die Verstärkung der US-Streitkräfte in Polen", sagte er auf der Fachtagung.

Gegenwärtig sind bereits eine multinationale NATO-Truppe und eine US-Panzerbrigade in Polen stationiert. Die polnische Führung hat amtlich erklärt, bis zu zwei Milliarden US-Dollar bereitstellen zu wollen, um eine amerikanische Panzerabwehrdivision auf polnischem Boden zu beherbergen. Außerdem ist eine massive personelle Aufstockung der polnischen Armee geplant.

Schoigu: Zu Gegenmaßnahmen gezwungen

Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu, der sich derzeit zu Arbeitsgesprächen in Weißrussland aufhält, reagierte prompt. Er erklärte, Warschaus Pläne zur Stationierung von US-Truppen auf polnischem Territorium würden Moskau zu Gegenmaßnahmen zwingen.

Unter diesen Umständen müssen wir bereit sein, alle möglichen militärischen Bedrohungen aus allen Richtungen zu neutralisieren", sagte er bei Arbeitsgesprächen zwischen russischen und weißrussischen Militärs.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow kommentierte den polnischen Vorstoß ebenfalls erneut. Die NATO nutze die Gelegenheit, um mehr Mannschaft und Material an den russischen Grenzen zu stationieren, sagte er.

Für die russischen Experten demonstriert Polen mit solch einem Verhalten eine gewisse Auffälligkeit. Der Politologe Andrej Susdalzew von der Higher School of Economics sagt hierzu: "Der Aufruf an den Westen, alle Kräfte gegen Russland zu vereinen, überrascht nicht. Was mich überrascht, ist der Umstand, dass Polen scheinbar vergessen hat, wie alle früheren Versuche, solche Allianzen zu schmieden, endeten."

Warschau sei gegenwärtig Washingtons wichtigster Interessenvertreter innerhalb der EU. "Die polnische Führung beansprucht für sich die Richtlinienkompetenz in der Brüsseler Russlandpolitik", erklärt der Experte. "Die Anti-Russland-Ausrichtung ist eine Basis der polnischen Staatsideologie." Das äußere sich dann in solchen Aufrufen wie dem von Pawel Soloch.

Warschau ist, parallel zu London, zu einem Ort geworden, von dem nahezu täglich frische Meldungen mit russlandfeindlicher Schlagseite ausgehen", sagt der Politologe Susdalzew.

Je hysterischer, desto einfallsreicher

Dass Kiew auch so ein Ort ist, hat ein anderer Teilnehmer am Forum, der ukrainische Außenmister Pawlo Klimkin aufs Neue gezeigt. Bei einem Treffen mit seinem polnischen Kollegen Jacek Czaputowicz am Vortage würdigte er "den unschätzbaren Beitrag" Polens dafür, dass der Weltgemeinschaft die "russische Aggression" gegen die Ukraine ununterbrochen vor Augen geführt werde.

Ich bin Jazek dankbar, dass Polen bei der UNO den Staffettenstab übernommen hat und jedes Mal Fragen, die mit der russischen Aggression gegen die Ukraine zusammenhängen, auf die Agenda des UN-Sicherheitsrates setzt (Anm. der Red.: Polen hat seit Anfang Mai den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat)", sagte er.

Klimkin bedankte sich außerdem bei der polnischen Seite dafür, wie "kreativ" sie dabei sei, den Druck auf Russland weiter zu erhöhen.

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