Europa

Wahl in Schweden - nur ein Patt oder ein Sieg der Mitte-Rechts-Parteien?

Es war die Chronik eines Erfolges mit vorheriger Ansage. Die Schwedendemokraten (SD) erscheinen als die Gewinner der Wahl am 9. September, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Schwedens (SAP) dagegen fuhr ihr niedrigstes Ergebnis seit über einem Jahrhundert ein.
Wahl in Schweden - nur ein Patt oder ein Sieg der Mitte-Rechts-Parteien?Quelle: Reuters © Reuters

von Pierre Lévy

Die Schwedendemokraten (SD) – eine Partei, die mit der Gruppierung von Marine Le Pen in Frankreich vergleichbar ist – erscheinen als die Gewinner der Wahl, die am 9. September im schwedischen Königreich stattfand. Mit 17,6 Prozent der Stimmen hat diese von Jimmie Akesson (39 Jahre) geführte Formation um 4,7 Prozent besser abgeschnitten als noch im Jahr 2014. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Schwedens (SAP) dagegen fuhr ihr niedrigstes Ergebnis seit über einem Jahrhundert ein.

Die Grünen, in der nun scheidenden Koalition Partner der Sozialdemokraten, haben ebenfalls Stimmen verloren. Die Linkspartei, die die scheidende Regierung unterstützte, ohne an ihr beteiligt zu sein, konnte einen leichten Anstieg ihrer Wählerstimmen verzeichnen, doch insgesamt erhielt der sogenannte Mitte-Links-Block der drei Parteien nur noch 40,6 Prozent im Vergleich zu 43,6 Prozent bei den letzten Wahlen.

Das ist ein Kopf-an-Kopf-Ergebnis mit dem sogenannten Block der Mitte-Rechts-Parteien, mit seinem Ergebnis von 40,3 Prozent, also einem Anstieg um 0,9 Prozent also. Der Abstand ist so hauchdünn, dass die Stimmen der im Ausland lebenden Schweden (deren Auszählung am 12. September veröffentlicht werden soll) entscheiden werden, welche Koalition das Rennen machen kann. Im Zentrum dieses Blocks hat die Moderate Sammlungspartei im Vergleich zu 2014 verloren. Ihr Chef Ulf Kristersson hat den scheidenden sozialdemokratischen Premierminister Stefan Löfven aufgefordert, zurückzutreten. 

Kommt gar nicht in Frage, hat dieser bisher verlauten lassen; und er präzisiert, dass diese Wahlen für ihn das Ende der „Politik der Blöcke“ einläuten, anders ausgedrückt, das Ende des Abwechselns zwischen Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Regierungen. Seiner Meinung nach muss jetzt eine Zusammenarbeit zwischen diesen Blöcken stattfinden, um den wachsenden Einfluss der Schwedendemokraten zu blockieren.

Wahr ist, dass die ideologische Kluft zwischen diesen Parteien immer schmaler geworden ist. So hat zum Beispiel die Rechte, als sie an der Regierung war, private Konkurrenz zum "staatlichen Monopol" in das Bildungswesen eingeführt und umfangreiche Privatisierungsmaßnahmen in diesem Sektor durchgeführt. Die Sozialdemokraten haben die Reform überhaupt niemals in Frage gestellt, obwohl deren verheerende Auswirkungen überall unterstrichen werden.

Schwedendemokraten profitieren von Unzufriedenheit in Asylfrage

Die SD haben zweifellos von der Unzufriedenheit eines großen Teils der Bürger profitiert, die sich zur Migrationsfrage herauskristallisierte. Seit 2010 sind fast 500.000 Asylsuchende in dieses zehn Millionen Einwohner zählende Land gekommen. Vor allem im September 2015 – als Angela Merkel (auch unter dem Druck der Arbeitgeber?) entschieden hat, die Grenzen Deutschlands weit zu öffnen und damit einen erheblichen Strom nach Westeuropa insgesamt auslöste – ist das Tempo beschleunigt worden, in dem Asylsuchende ankommen: für Schweden 250.000 in weniger als zwei Jahren.

Damals hüllte sich Herr Löfven in eine moralische Willkommenshaltung und hatte seine EU-Partner aufgefordert, sich „solidarisch“ zu erweisen. Doch einige Monate später machte der Regierungschef eine Kehrtwende und ließ an den Grenzen filtern. Gefiltert wird seither noch immer, und die Sozialdemokraten haben die Vorbedingungen für Asylsuchende nach und nach verschärft.

Es ging darum, den bereits offenkundig werdenden Zulauf zu den SD zu dämmen, der insbesondere in der sozialdemokratischen Wählerschaft zu spüren war – und bleibt. Eine kurz vor der Wahl durchgeführte Umfrage zeigte, dass mehr als jedes vierte Gewerkschaftsmitglied seine Stimme den SD geben wollte.

Eine Leiterin der großen Dachgewerkschaft LO, die historisch den Sozialdemokraten nahesteht, gab zu, dass die „populistische“ Wahl mit “den unsicheren Beschäftigungsverhältnissen, dem Anstieg der Teilzeit- und Zeitverträge, dem Abbau des Wohlfahrtstaates, der Schließung von Krankenhäusern auf dem Lande, den Warteschlangen vor den Gesundheitszentren und dem sinkenden Niveau an den Schulen“ zu tun hatte. Und sie warnte:

Unter dem Vorwand, die Integration der Geflüchteten beschleunigen zu wollen, sind die Rechten und die Arbeitgeber bereit, unser soziales Modell und das System der Tarifverträge in Frage zu stellen. 

Traditionelle Blöcke ohne Mehrheit

Die Bildung einer zukünftigen Regierung wird Anstrengung kosten: Keiner der zwei traditionellen „Blöcke“ verfügt auch nur annähernd über eine Mehrheit der Abgeordneten. Sollte eine Art von „großer Koalition“ gebildet werden, würde das zukünftige Siege der SD, die dann als einzige Oppositionspartei auftreten würde, nur weiter nähren. Es sei denn, die moderaten Kräfte akzeptierten doch, von den SD unterstützt zu werden. Wollen sie das? Das würde den SD eine starke Position verschaffen und das Land in eine ähnliche Situation bringen, wie sie im benachbarten Dänemark herrscht.

Sicher ist aber, dass der Alptraum der europäischen Politiker noch nicht zuende gehen will. Im Frühjahr 2017 hatten sie noch geglaubt (oder ganz fest glauben wollen), mit dem Sieg Emmanuel Macrons in Frankreich das Signal einer Kehrtwende der Bürger zugunsten Europas einläuten zu können. Sie hatten die Wahlen in den Niederlanden im März 2017 bereits (allen Anzeichen zum Trotz) im gleichen Sinne interpretiert, ebenso wie im Dezember 2016 die Wahl des Bundespräsidenten in Österreich. 

Doch im Herbst 2017 mussten sie in Österreich, dann in Deutschland, in Tschechien, in Ungarn und natürlich in Italien die Wahlerfolge der „Populisten“ schlucken, so dass einige nun laut die Angst vor einer möglichen Auflösung der Europäischen Union äußern. So weit ist es gewiss im Moment noch nicht. Umso weniger, als die SD in Schweden ihre Forderung nach einer Abstimmung über den Austritt aus der EU kaum zum Thema gemacht haben. 

Dennoch bietet der Wahlausgang in Schweden gewiss nichts Beruhigendes für Brüssel. Der Kreuzweg mit den "Kreuzchen" in der EU geht weiter.

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