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Skripal-Vergiftung: OPCW-Labor kann Verwendung der Substanz BZ "weder dementieren noch bestätigen"

Das von der OPCW mit der Untersuchung von Proben zum Skripal-Fall beauftragte Schweizer Labor will die Aussagen von Sergei Lawrow "weder dementieren noch bestätigen". Laut dem russischen Außenminister hatte das Labor das NATO-Gift BZ nachgewiesen.
Skripal-Vergiftung: OPCW-Labor kann Verwendung der Substanz BZ "weder dementieren noch bestätigen"Quelle: Reuters © Reuters

Das Labor Spiez, das von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mit der Untersuchung der Proben aus Salisbury beauftragt wurde, erklärte, es könne die Aussage des russischen Außenministers "weder dementieren noch bestätigen", wonach der Psychokampfstoff BZ bei der Vergiftung von Sergej und Julia Skripal verwendet wurde.

Russlands Außenminister Sergei Lawrow hatte mit seiner Aussage vom Samstag, der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia seien mit der Substanz namens 3-Quinuclidinylbenzilat - oder kurz BZ - angegriffen worden, öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Bei BZ handelt es sich um einen Psychokampfstoff, der Personen nach Verabreichung handlungsunfähig macht, ohne sie zu töten. Während dieser laut Lawrow nie in Russland produziert wurde, sei er in den USA, Großbritannien und anderen NATO-Staaten im Einsatz gewesen. Der Spitzendiplomat bezog sich dabei auf Untersuchungsergebnisse des Labors in Spiez. Er warf der OPCW vor, die Angaben des Schweizer Labors in ihrem Abschlussbericht unterdrückt zu haben.

Ich zitiere jetzt wörtlich aus dem Gutachten, das dieses Labor an die OPCW geschickt hat: 'Im Zuge der Untersuchung sind in den Proben Spuren der toxischen Chemikalie BZ und deren Präkursoren nachgewiesen worden, die zu den chemischen Waffen zweiter Kategorie gemäß der Chemiewaffenkonvention gehören'", so Lawrow laut der Nachrichtenagentur Sputnik.

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"Dazu können wir keine Aussage machen", sagte Andreas Bucher, verantwortlich für die Öffentlichkeitarbeit des Labors, am Montag gegenüber TASS. Bucher führte dazu aus:

Wir sind vertraglich gegenüber der OPCW zur Vertraulichkeit verpflichtet. Also, die einzige Institution, die bestätigen konnte, was Herr Lawrow sagte, ist die OPCW. Wir können nichts bestätigen oder dementieren.

Auf die Bitte hin, Auskunft über das Verhältnis zwischen der OPCW und dem Schweizer Labor sowie der britischen militärischen Forschungsanlage in Porton Down zu geben, erklärte ein Sprecher der OPCW am Montag in einer schriftlichen Stellungahme gegenüber RT, dass "die benannten Labore ein Dreh- und Angelpunkt im Verifikationsverfahren der Organisation und ihrer Fähigkeit sind, Behauptungen über den Einsatz chemischer Waffen zu überprüfen". Weiter heißt es:

Sie müssen in der Lage sein, chemische Proben, die von OPCW-Inspektoren aus chemischen Produktionsstätten, Lagerhallen und anderen Einrichtungen oder vom Ort des mutmaßlichen Einsatzes chemischer Waffen entnommen wurden, extern zu analysieren. Diese Laboratorien bieten unseren Vertragsstaaten die notwendige Sicherheit, dass chemische Analysen, die zur Durchführung von Bestimmungen oder zur Klärung von Fragen während des Einsatzes der OPCW erforderlich sind, kompetent, unparteiisch und mit eindeutigen Ergebnissen durchgeführt werden. Die OPCW gibt die Identität der benannten Labore, die zur Arbeit der OPCW beitragen, nicht bekannt. Auch diese Labore sind an Geheimhaltungsvereinbarungen gebunden. Diese Vorkehrungen existieren, um die Integrität der Analyse und der von den benannten Labors gelieferten Ergebnisse zu gewährleisten.

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Das Schweizer Labor hatte seine Untersuchungsergebnisse an die OPCW geschickt. Diese beschränkten sich jedoch darauf, die Formel der Substanz, mit der die Skripals vergiftet worden sein sollen, in ihrem Abschlussbericht zu bestätigen, ohne die anderen Fakten zu erwähnen, die in dem Dokument des Labors in Spiez benannt worden seien, sagte Lawrow am Samstag.

In diesem Zusammenhang stellen wir der OPCW eine Frage: Warum wurden die Informationen, die die Schlussfolgerungen der Experten aus dem Labor der Stadt Spiez widerspiegeln sollten, im Abschlussbericht weggelassen?", fragte der Außenminister.

Viel Lärm um nichts?

Die Neue Zürcher Zeitung machte auf eine unverdächtige Erklärung für den Nachweis von BZ in einer der Proben aufmerksam. Denn zu den rigiden Kontrollmechanismen der OPCW zähle, dass die Referenzlabore jeweils mehrere Sätze von Proben erhalten:

Typisch ist, dass die OPCW nicht nur die 'echte' Probe verschickt, sondern auch negative und positive Kontrollproben. Diese sind zwar ähnlich beschaffen, enthalten im ersten Fall aber keinen chemischen Kampfstoff, im zweiten Fall einen anderen, der extra der Probe beigefügt wurde. Damit wird sichergestellt, dass das beauftragte Labor fehlerfrei arbeitet und nicht weiß, welches die 'echte' Probe ist.

Ähnlich äußerte sich der Professor für Umweltgifte von der Universität Leeds, Alastair Hay, gegenüber Sputnik:

Wenn die OPCW Proben an Laboratorien schickt, werden manchmal auch andere Substanzen als sogenannte Positivkontrollen in die Proben aufgenommen. So soll die Kompetenz der Labore geprüft werden. Sie müssen in der Lage sein, diese positive Kontrolle in der Probe zu identifizieren. Wenn sie dazu nicht in der Lage sind, dann werden alle ihre Ergebnisse in Zweifel gezogen.

Lawrow weist auf weitere Widersprüche hin

Doch selbst wenn diese Darstellung zutrifft, sind die Widersprüche im Zusammenhang mit der OPCW-Untersuchung in Moskaus Augen noch nicht ausgeräumt. So entfaltet sich die psychotoxische Wirkung von BZ laut Lawrow "innerhalb von 30 bis 60 Minuten nach der Anwendung und hält zwei bis vier Tage an" und sei mit dem "klinischen Bild" der Skripals eher in Einklang zu bringen als der Nervenkampfstoff Nowitschok. Immerhin wurde laut einem Bericht des Guardian anfangs davon ausgegangen, dass die Skripals mit dem Narkosemittel Fentanyl außer Gefecht gesetzt wurden.

Die Skripals wurden Anfang März bewusstlos auf einer Parkbank in Salisbury aufgefunden. Laut London wurden sie mit Nowitschok angegriffen, wofür die britische Regierung Moskau verantwortlich macht. Während Julia Skripal das Krankenhaus inzwischen verlassen hat und an einen unbekannten Ort verbracht wurde, befindet sich auch ihr Vater auf dem Weg der Genesung.

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Auch das stehe im Widerspruch zu den Befunden des Labors aus Spiez, so Lawrow. Denn neben BZ hat es auch das Nervengift A234 ("Nowitschok") in hoher Konzentration identifiziert. Der Minister sagte dazu:

Nach der Einschätzung der Spezialisten hätte die nachgewiesene hohe А234-Konzentration unvermeidlich den Tod verursacht.

Es sei zudem merkwürdig, dass Nowitschok trotz seiner hohen Flüchtigkeit in einer derart hohen Konzentration entdeckt worden sein soll, da "zwischen der Vergiftung und der Probeentnahme ein gutes Stück Zeit vergangen war". 

Das Vereinigte Königreich weigere sich, eine Reihe von Fragen zu beantworten, die Moskau zur Skripal-Affäre stellte, erklärte Lawrow. Moskau hatte wiederholt die mangelnde Transparenz im Skripal-Fall kritisiert. So sagte der russische Botschafter in Großbritannien, Alexander Jakowenko, am Freitag während einer Pressekonferenz:

Wir haben den Eindruck, dass die britische Regierung bewusst die Politik verfolgt, alle möglichen Beweise zu vernichten, alle verbleibenden Materialien unter Geheimhaltung zu stellen und eine transparente Untersuchung unmöglich zu machen.

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