Europa

Ungarn nimmt sich Scientology vor: Zentrale in Budapest vom Staat besetzt

Das neueste Kapitel in der weltweiten Scientology-Debatte schreibt Ungarn. Seit dem Jahr 2016 laufen Ermittlungen gegen die US-amerikanische Organisation wegen drastischen Datenmissbrauchs der eigenen Mitglieder sowie Dritter. Ist das jüngste Ereignis Teil der Untersuchung?
Ungarn nimmt sich Scientology vor: Zentrale in Budapest vom Staat besetzt Quelle: Reuters

Wie das polnische Staatsfernsehen TVP Info am Dienstag berichtete, soll die ungarische Steuer- und Zollbehörde (NAV) den Hauptsitz der Scientologen in Budapest besetzt haben.

Mit diesem Bericht berief sich TVP Info auf das ungarische Nachrichtenportal Hirado.hu, das bei der Staatsbehörde die Gründe für die Besetzung des Gebäudes anfragte. Der Sprecher des Amtes soll Stellungnahmen zu den „Details der laufenden Maßnahmen“ abgelehnt haben.

Was ist Scientology?

Scientology ist eine umstrittene Organisation, die sich selbst als eine Religionsgemeinschaft versteht. Gegründet wurde sie im Jahr 1953 vom US-amerikanischen Autor L. Ron Hubbard. Laut Wikipedia soll der ideologische Unterbau anfangs auf szientistischen und psychotherapeutischen Aspekten gefußt haben, der dann um transzendente Elemente erweitert wurde. Die Prämisse sei, dass alle sinnvollen Fragen über den wissenschaftlichen Weg beantwortet werden können. Was in der Auslegung der Scientology-Ideologen den "wissenschaftlichen Weg" jedoch tatsächlich ausmacht, ist oftmals schleierhaft und vermischt sich nicht selten mit Konzepten aus dem Unterhaltungsgenre des Science-Fiction.

Den kontroversen Ruf einer Sekte habe die Organisation in der breiten Öffentlichkeit vor allem mit zahlreichen Fällen des psychologischen Missbrauchs eigener Mitglieder zu verantworten.

Wie Sekten auf Individuen und Gruppen wirken können, thematisierte RT Deutsch bereits im Hintergrundartikel zu den Zeugen Jehovas.

Zurück in Ungarn

Im Oktober vergangenen Jahres führte das ungarische NAV wegen Verdacht auf Missbrauch von Personendaten eine Durchsuchung im Budapester Scientology-Sitz durch. Im Vorhinein soll es auch zahlreiche Beschwerden von ehemaligen Mitgliedern gegeben haben, so das Nationale Amt für Datenschutz und Informationsfreiheit in Ungarn (NAIH). Im Anschluss stellte das NAIH eine Geldstrafe in Höhe von 40 Millionen ungarischen Furint, also circa 130.000 Euro, der Organisation in Rechnung.

Angeblich sollen große Mengen an persönlichen Daten ohne Rechtsgrundlage missbraucht worden sein, ohne dass die Religionsanhänger davon in Kenntnis gesetzt zu wurden. Weiter heißt es im Artikel von TVP Info, dass die Organisation sich in einer "Situation der Informationsdominanz" eingefunden habe. All das nahm das NAIH zum Grund, um die Ermittlungen einzuleiten und "die Rechte des persönlichen Lebens und der Daten Dritter zu schützen".

Scientology in Deutschland

Innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist der rechtliche Status von Scientology als Religionsgemeinschaft umstritten. Sie ist ein eingetragener Verein (e.V.), aber sie ist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie zum Beispiel die Evangelische Kirche in Deutschland. Der deutsche Verfassungsschutz beobachtet die Organisation seit dem Jahr 1997 wegen „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“.

Die Vertretung von Scientology in Deutschland wurde 1970 in München erstmals ins Leben gerufen. Umso wichtiger ist der Fakt, dass die Münchner Staatsanwaltschaft im Jahr 1986 einen Beschluss verfasste, in dem es laut Wikipedia hieß, „dass Scientology zur Abwehr ihrer inneren und äußeren Gegner auch geheimdienstliche Methoden anwende, im Grenzbereich zur Illegalität operiere und gegebenenfalls auch nicht vor kriminellen Aktionen zurückschrecke“.

Im Jahr 1994 erhielt Angela Merkel, damals noch Bundesministerin für Frauen und Jugend, einen Brief vom Finanzministerium der USA, in dem offen Werbung für die staatliche und gesellschaftliche Akzeptanz von Scientology gemacht wurde. Im Jahr 2005 wurde einer Frau, die zu Scientology gehörte, der Artikel 4, Abs. 1 des Grundgesetzes vom Bundesverwaltungsgericht erstmals zugesprochen. Wortgenau heißt es in dem Absatz:

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

Somit wurde de facto einem Mitglied von Scientology in Deutschland im Rahmen dieses Grundgesetz-Artikels gestellt. Die juristische Geschichte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Scientology ist eine abwechslungsreiche, aber in den letzten Jahren soll die Kritik gegenüber der Organisation wieder gestiegen sein.

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