Europa

Militärisches Geheimnis ausgeplaudert? Von der Leyen löscht Äußerung zu ukrainischen Verlusten

Die EU-Kommission hat am Mittwoch aus einer Rede der Kommissionschefin Ursula von der Leyen Angaben zu der Anzahl ukrainischer Gefallener entfernen lassen. Die Politikerin hatte in einer Ansprache von über 100.000 ukrainischer Militärs gesprochen, die seit Februar gefallen seien.

Hat Ursula von der Leyen da zu viel verraten? Wenige Stunden war das Video einer von der EU-Kommissionschefin gehaltenen Ansprache zur Lage in der Ukraine online und unter anderem auf ihrem Twitter-Account veröffentlicht. Dann verschwand der Tweet mit dem Video, wurde aber in der Zwischenzeit von mehreren Nutzern gesichert. 

Das einzige, das in der Rede Anlass zur Löschung des Videos hätte geben können, ist die Aussage, die von der Leyen zu der Zahl der seit Februar gefallenen ukrainischen Soldaten gemacht hat: Sie sprach von 100.000 tödlichen Verlusten der ukrainischen Armee. 

Die Europäische Kommission hat inzwischen bestätigt, dass sie Informationen aus der Videoansprache und der schriftlichen Erklärung von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zu den 100.000 ukrainischen Militärangehörigen, die seit Beginn der russischen Militäroperation getötet wurden, entfernt hat. Diese Angaben seien "nicht korrekt gewesen", hieß es.

Die Sprecherin der Europäischen Kommission, Dana Spinant, sagte am Mittwoch diesbezüglich: 

"Vielen Dank an diejenigen, die uns darauf hingewiesen haben, dass die Zahlen in einer früheren Version dieses Videos nicht korrekt waren. Die aus externen Quellen stammende Schätzung hätte sich auf die Zahl der Toten und Verwundeten beziehen und die Brutalität Russlands aufzeigen müssen."

Die ukrainischen Behörden halten ihre Angaben zu den eigenen Verlusten, so weit sie diese überhaupt tätigen, deutlich geringer. Zuletzt sprach Selenskij in einem Interview im April von 2.500 bis 3.000 Gefallenen auf ukrainischer Seite. Diese Angaben werden seitdem offiziell nicht mehr aktualisiert. 

Die BBC hatte Anfang November unter Berufung auf das Pentagon die ukrainischen Verluste mit "deutlich mehr als 100.000 Soldaten" angegeben. Laut US-General Mark Milley umfasse diese Zahl aber sowohl die Gefallenen als auch die Verwundeten. Inoffiziell sprachen informierte ukrainische Quellen unter Berufung auf die Anzahl beantragter Hinterbliebenenentschädigungen bereits im September davon, dass die Zahl der gefallenen Militärs im unteren sechsstelligen Bereich liege. 

Auf russischer Seite kommentierte am Mittwoch der provisorische Verwaltungschef der Region Saporoschje den gelöschten Tweet von der Leyens mit den Worten, tatsächlich sei die Zahl der ukrainischen Verluste inzwischen doppelt so hoch. Im Interview mit der Nachrichtenagentur TASS am Mittwoch bezifferte Wladimir Rogow die ukrainischen unwiederbringlichen Verluste mit "deutlich über 200.000". Unwiederbringliche Verluste beinhalten nach der in der Sowjetunion üblichen Sprachregelung neben Gefallenen auch diejenigen Verwundeten, die dauerhaft nicht in den Militärdienst zurückkehren können. 

Das ukrainische Präsidialamt hat den Vorfall um den gelöschten Tweet inzwischen ebenfalls kommentiert. In einer am Mittwoch verbreiteten Erklärung heißt es, bei der Zahl der Verluste handele es sich um "sensible Daten", deren Veröffentlichung dem Verteidigungsministerium, dem Oberkommandierenden der ukrainischen Streitkräfte oder dem Präsidenten vorbehalten sei. Die Frage, ob der Tweet der Kommissionspräsidentin auf Intervention ukrainischer Offizieller gelöscht werden musste, wollte ein Sprecher des Präsidialamtes auf Anfrage ukrainischer Journalisten nicht beantworten.

Mehr zum ThemaKriegsverbrechen: Die ARD-"Faktenchecker" und das Kriegsvölkerrecht

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.