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Davos: Meinungsverschiedenheiten zwischen Gates und Bourla zum Thema Impfeffektivität

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos teilten Bill Gates und Pfizer-CEO Bourla in zwei separaten Diskussionen ihre Wahrnehmung der COVID-19-Impfstoffe mit. Bourla zeigte sich zufrieden. Gates stellte die Wirkungsdauer und die Fähigkeit in Frage, Infektionen zu verhindern.
Davos: Meinungsverschiedenheiten zwischen Gates und Bourla zum Thema Impfeffektivität© Zheng Huansong

Eine Analyse von Bernhard Loyen

Das diesjährige Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums (WEF) fand vom 22. bis 26. Mai in Davos in der Schweiz statt, diesmal nach zweijähriger Auszeit aufgrund der pandemiebedingten Absagen unter Anwesenheit aller geladenen Gäste. Ziel der Zusammenkunft sollte laut der Webseite sein:

"Das Jahrestreffen 2022 wird die Philosophie des Weltwirtschaftsforums verkörpern, die auf Zusammenarbeit und Einflussnahme aller Beteiligten abzielt, und ein einzigartiges Umfeld bieten, in dem Kontakte geknüpft, Erkenntnisse ausgetauscht, neue Perspektiven gewonnen und problemlösende Gemeinschaften und Initiativen aufgebaut werden können."

Neben dem nicht überraschend dominierenden Leitthema Ukraine-Krieg wurden mit Spannung die Auftritte des Milliardärs und Philanthropen Bill Gates sowie des CEO des Pharmariesen und Corona-Krisengewinners Pfizer Albert Bourla erwartet. Beide äußerten sich zum Verlauf der zurückliegenden zwei Jahre in der COVID-19-Pandemie und gaben ihre Einschätzung der Therapieerfolge der neu geschaffenen mRNA-COVID-19-Impfstoffe ab.

Gates war am 24. Mai Gesprächsgast eines siebenköpfigen Panels. Er wurde von der moderierenden US-Wirtschaftsjournalistin Stephanie Mehta auf seinen neues Buch angesprochen, das den Titel trägt: "Wie wir die nächste Pandemie verhindern". Gates betonte, es sollte die Chance bestehen, eine zukünftige Pandemie frühzeitig "zu erkennen". Gates wörtlich:

"Ideal ist es, Ausbrüche frühzeitig zu erkennen und sie zu bekämpfen, bevor sie sich ausbreiten. Weniger als zwei Prozent der Todesfälle treten in den ersten hundert Tagen auf, und Infektionskrankheiten sind ein exponenzielles Phänomen."

Moderatorin Mehta teilte dann in einer weiteren Frage an Gates die sehr interessante Information mit (Min. 15:58):

"Sie waren in Wuhan, sie waren in der Lage, mithilfe der Sequenzierung der nächsten Generation das Risiko zu identifizieren, aber diese Information wurde nicht so weit verbreitet, wie es hätte sein sollen, und es gab ein gewisses Maß an Untätigkeit (...). Wie kommen wir zu einer koordinierten Anstrengung?"

Die Recherche zu dieser Aussage ergibt lediglich den Hinweis, dass die Bill und Melinda Gates Foundation im Jahre 2018 der Wuhan University knapp 500.000 Dollar gespendet hatte. Gates erwiderte, angesprochen auf die rückblickenden Erkenntnisse des aktuellen Pandemie-Verlaufs:

"Einige Länder hatten sicherlich genug Zeit, zu reagieren und eine sehr milde Pandemie zu erleben. ' Ground zero', wo auch immer das Auftauchen stattfindet, wird immer die schwierigste Aufgabe haben ...

Sie werden nicht alles sequenzieren, aber wenn Sie eine Erhöhung (der Fallzahlen, der Vorfälle) oder ein normales diagnostisches Panel erhalten, das etwas Ungewöhnliches zeigt, dann müssen Sie mit der Sequenzierung beginnen."

"Wir" könnten uns glücklich schätzen, dass sich diese Pandemie "nicht vor zehn Jahren" ereignete, ohne die Möglichkeiten "neuer Impfstoffe". Gates zeigte sich dann jedoch sehr unzufrieden mit der aktuellen Qualität der Produkte:

"Und dann, wenn wir Impfstoffe entwickeln, wollen wir Impfstoffe, die Infektionen blockieren und lange wirken. Sie wissen, dass die heutigen Impfstoffe Millionen von Leben gerettet haben, aber sie haben keine lange Wirkungsdauer, und sie sind nicht gut darin, Infektionen zu verhindern."

Auch zur Nutzung weltweit einheitlicher Impfpässe, den "globalen Standards für die Zertifizierung", äußerte sich Gates eher überraschend für die Anwesenden:

"Die Idee, zu überprüfen, ob die Leute geimpft sind, wenn man Durchbruchsinfektionen hat, was bringt das?"

Um etwas beschwichtigend im Anschluss darzulegen:

"Aber das Datensystem einiger Länder hat sehr gute Arbeit geleistet, um den Impfstatus zu überprüfen, die USA nicht, aber es gibt einige großartige Beispiele, sogar Indien hat hier fantastische Arbeit geleistet."

Schon Anfang Mai 2022 hatte Gates bei einer Besprechung seines neuen Buches für den Podcast 92Y mit seiner Aussage überrascht, wo er erläutert hatte, dass Corona einer Art Grippe ähnele:

"Und zu diesem Zeitpunkt haben wir die Sterblichkeitsrate nicht wirklich verstanden. Wir wussten nicht, dass die Sterblichkeitsrate relativ gering ist und dass es sich um eine Krankheit handelt, die vor allem ältere Menschen betrifft, ähnlich wie die Grippe, wenn auch etwas anders als diese."

Am 25. Mai wurde dann der CEO und Chef des Pharmagiganten Pfizer höchstpersönlich vom Gastgeber des WEF 2022, Klaus Schwab, interviewt. Schwab informierte die Zuhörer darüber, dass Bourla im Jahre 2019, "kurz vor Ausbruch der COVID-Krise", seinen jetzigen Posten angetreten hatte. Die letzten 30 Monate hätten eine "beeindruckende Reise" für Bourla dargestellt, so Schwab. Der Gastgeber zeigte sich zu Beginn des Gesprächs davon beeindruckt, dass Bourla, stellvertretend für das Unternehmen, in dieser Zeit ohne "öffentliche Hilfe" ausgekommen sei:

"Sie hätten wahrscheinlich Zugang zu Millionen von Dollar gehabt ...

Sie haben es selbst und mit Ihrem Partner BioNTech geschafft."

Dann verkündigte Bourla eine WEF-exklusive, für ihn und Schwab wegweisende Entscheidung des Unternehmens. Bourla wörtlich:

"Wir haben heute angekündigt, dass wir alle unsere patentgeschützten Arzneimittel, Impfstoffe oder Medikamente, die es derzeit in den USA oder Europa gibt, den 45 ärmsten Ländern der Welt zum Selbstkostenpreis anbieten werden."

Dieser Beschluss sei schon im Januar 2019 bei einem Firmen-Meeting in den USA geplant gewesen, mit dem Ziel, dies bis spätestens 2023 umzusetzen. Schwab bezeichnete Pfizer daraufhin als "ein zielorientiertes Unternehmen". Bourla erläuterte, dass nach "Weltbank-Defintion" zurzeit 27 Länder als arm bezeichnet würden, sogenannte "low income countries". Rückblickend auf die weltweiten Finanz-Schwankungen unterschiedlicher Länder in den zurückliegenden zehn Jahren, sei man so auf die Zahl von ingesamt 45 Ländern gekommen, so Bourla.

Bourla bedauerte und kritisierte zu einem späteren Zeitpunkt, dass die USA wie auch Europa umsonst Milliarden an Impfstoffdosen an bedürftige "low income"-Länder offerieren, die alle von EU und USA bezahlt würden, diese jedoch nicht abgenommen würden. Ein wesentlicher Grund dafür sei "die (mangelnde) Versorgung" außerhalb der großen Städte. Auf ein schlicht mangelndes Impfinteresse der "low income"-Länder wurde nicht näher eingegangen.

Schwab stellte fest, Bourla würde durch diese Beschluss-Mitteilung ein "globaler Gesundheitsdienstleister" (global health provider). Bourla betonte, diese Rolle schaffe er nicht allein, er rufe die "WHO, die Gates Foundation, die Carter Foundation (des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter)" dazu auf, sich diesem Weg anzuschließen, etwas "anbieten zu können".

Die Impfallianz Gavi (Globale Allianz für Impfstoffe), gegründet im Jahr 2000, mit Sitz in der Schweiz und Gates als größtem Geldgeber, sei ein "Davos-Kind", also auf einem früheren Treffen des Weltwirtschaftsforums ins Leben gerufen worden. Bourla bestätigte diese Information. Schwab wörtlich unter dem Lachen des Publikums:

"Es (Gavi) ist ein Davos-Kind, und wir haben einige Kinder."

Bourla betonte, dass das deutsche Unternehmen BioNTech "der beste Partner" sei, den das US-Unternehmen in seiner Firmengeschichte (gegründet 1894) jemals hatte. Die erste "kommerzielle Vereinbarung" mit Uğur Şahin, dem CEO von BioNTech, "Milliarden von Dollar festzulegen, wurde im Januar 2021 unterzeichnet", so der Pfizer-CEO. In dem Zeitraum Januar 2020 bis zur Vertragsunterzeichnung habe man lediglich "mit dem Vertrauen in unsere Arbeit" kooperiert.

Das "intellektuelle Eigentum" des Wirkstoffs Comirnaty sei im Besitz des Mainzer Unternehmens, nicht in dem von Pfizer. Die mRNA-Technologie sei eine "sehr leistungsfähige" Technologie, jedoch nicht "der heilige Gral", so Bourla. Zum Thema einer Impfskepsis bzw. der Argumentation pro Impfungen erläuterte der Pfizer-CEO:

"Das Ziel ist nicht, dass Sie krank werden und behandelt werden müssen, sondern dass Sie der Krankheit vorbeugen, um Ihre Heilungschancen und die Chancen der Menschen, die Sie lieben, sich nicht anzustecken, zu erhöhen.

Sie impfen nicht nur für sich selbst, sondern auch zum Schutz der Gesellschaft und zum Schutz derer, mit denen Sie zusammen sein wollen."

Die offensichtlich konträren Einschätzungen und Aussagen Gates' vom Vortag wurden abschließend von Schwab und Bourla nicht thematisiert.

Zur Förderung der stagnierenden Impfquoten sei ein Wirkstoff nützlich, der den Menschen zeige, dass nur eine jährliche Impfung benötigt würde, so Bourla im Gespräch. Es stünden Überlegungen an, zukünftig Wirkstoffe zu entwickeln, die sowohl die COVID-19- als auch die Grippeimpfung in einem abdecken.

Zum Thema persönlicher wie auch medialer Angriffe auf die Personen Schwab und Bourla formulierte der WEF-Gastgeber:

"Wir waren beide Zielscheiben der Anti-Impf-Bewegung und der Verschwörungsleute."

Laut Capital sei die diesjährige WEF-Gästeliste um "Hunderte Namen kürzer" gewesen, so die Wirtschaftszeitschrift in einem Online-Artikel. Viele "Big Shots" der Finanzwelt seien dem diesjährigen Treffen in Davos demnach ferngeblieben: "Die Chefs von Goldman Sachs und JPMorgan ebenso wie Larry Fink von BlackRock oder der Private-Equity-Milliardär Steve Schwarzman. Auch das übliche Aufgebot an superreichen russischen Tycoons fehlt – mehrere, die 2020 noch dabei waren, sind jetzt mit Sanktionen belegt. Auch viele ihrer chinesischen Pendants kommen nicht", so die Einschätzungen von Capital.

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