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Russischer Außenminister Lawrow zu Mariupol: "Es war die Basis der Asowschen Ultraradikalen"

Erstmals seit dem Beginn der Militäroperation Russlands in der Ukraine vor zwei Wochen haben sich Russlands Außenminister Sergei Lawrow und sein ukrainischer Amtskollege Dmitri Kuleba getroffen. Die Gespräche fanden unter der Vermittlung der Türkei statt.
Russischer Außenminister Lawrow zu Mariupol: "Es war die Basis der Asowschen Ultraradikalen"Quelle: AFP © OZAN KOSE

Bei den Verhandlungen in Weißrussland habe die russische Seite äußerst konkrete Ideen als Entwurf eines Rechtsdokuments für die Lösung des Konflikts vorgestellt. Das erklärte der russische Außenminister Sergei Lawrow nach dem Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmitri Kuleba in Antalya. Die Gespräche dauerten anderthalb Stunden. Danach gab Lawrow eine Pressekonferenz.

Lawrow betonte dabei das russische Interesse an den weiteren Verhandlungen mit der Ukraine, bezeichnete aber das bisherige Weißrussland-Format als alternativlos. Das Treffen im türkischen Antalya dürfe die Hauptkontakte zwischen Moskau und Kiew in Weißrussland nicht ersetzen. Der russische Minister warf in diesem Zusammenhang der ukrainischen Seite vor, eine reale Arbeit durch äußerliche, lediglich für das Publikum bestimmte Effekte ersetzen zu wollen. Lawrow zufolge sollten in Weißrussland praktische Probleme des Konflikts wie Feuerpausen und humanitäre Korridore erörtert werden. Es dürfe keine Parallelplattform zur Beilegung der Situation in der Ukraine entstehen, obwohl Moskau für alle Kontakte offen sei, erklärte Lawrow.

"Bei der jüngsten Verhandlungsrunde in Weißrussland stellte die russische Seite äußerst konkrete Ideen als Entwurf eines Rechtsdokuments vor."

Der russische Außenminister teilte mit, die ukrainische Seite habe eine baldige Antwort darauf versprochen. Auch sei ein mögliches Gespräch zwischen Wladimir Putin und Wladimir Selenskij thematisiert worden.

Lawrow wiederholte die Gründe der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine:

"Wir wollen eine freundschaftliche und demilitarisierte Ukraine, eine Ukraine, in der keine Entstehung eines weiteren Nazistaates droht und in der es kein Verbot für die russische Sprache, die russische Kultur und die Russisch-Orthodoxe Kirche gibt."

Der Westen brauche von der Ukraine nur eines – und zwar, dass sie alles Russische bekämpfe, erklärte Lawrow. Dabei erinnerte er an ein ukrainisches Sprachengesetz, das zuerst alle anderen Sprachen außer dem Ukrainischen im Land, darunter auch Ungarisch, Bulgarisch und Rumänisch, diskriminiert habe. Die dementsprechend betroffenen EU-Länder hätten – neben Russland – dagegen protestiert. Dann habe die Regierung in Kiew eine Ausnahme für alle Sprachen der "Europäischen Union" (EU) verabschiedet und somit allein das Russische aller Rechte beraubt. Darüber habe sich die EU jedoch ausgeschwiegen. Lawrow warf dem Westen vor, die Ukraine über mehrere Jahre hinweg zu einem Antirussland gemacht zu haben.

Lawrow bezeichnete die Reaktion der westlichen Staaten auf die jüngsten Handlungen Moskaus als "wütend". Sie zeige, dass es um Russlands Recht gehe, überhaupt auf der politischen Landkarte zu bleiben. Dieser Kampf sei einer auf Leben und Tod:

"Wir haben verstanden, dass es überhaupt nicht um die Ukraine geht. Die Rede ist von einer Aggression gegen alles Russische: Interessen, Religion, Kultur, Sprache, Sicherheit und so weiter."  

Gleichzeitig wies der russische Chefdiplomat den Vorwurf zurück, Russland habe die Ukraine angegriffen. Lawrow berief sich auf die jüngst entdeckten Pläne der Regierung in Kiew, die Volksrepubliken Donezk und Lugansk im März zu überfallen. Trotz der langjährigen Mahnungen habe niemand jemals den Appellen und Vorschlägen Russlands Gehör geschenkt.       

"Wir haben nicht vor, andere Länder anzugreifen. Auch die Ukraine haben wir nicht angegriffen. In der Ukraine – und das haben wir mehrmals erläutert – entsteht eine Situation, die direkte Bedrohungen für die Russische Föderation schafft."

In diesem Zusammenhang verwies Lawrow auch auf Dutzende Biologische Labore in der Ukraine, welche die USA dort heimlich zu militärischen Zwecken betrieben haben sollen. Russland warte nun auf eine Antwort auf seine offizielle diplomatische Anfrage.

Zu der gezielten ukrainischen Provokation der Unterstellung angeblicher russischer Kriegsverbrechen in Mariupol sagte Lawrow nach dem Treffen:

"Das Asow-Bataillon und andere Radikale haben alle werdenden Mütter, die Krankenschwestern und andere Mitarbeiter rausgeschmissen. Es war die Basis der Asowschen Ultraradikalen."

Das fragliche Krankenhaus stehe seit Tagen unter der Kontrolle einer ukrainischen paramilitärischen Gruppe, und Moskau habe dem UN-Sicherheitsrat vor einigen Tagen Beweise dafür vorgelegt, sagte Lawrow.

Der russische Chefdiplomat weigerte sich, an die reale Möglichkeit eines Atomkriegs zu glauben. Gleichzeitig kritisierte er seine britische Amtskollegin Elizabeth Truss, die kurz zuvor selbst einen Konflikt zwischen der NATO und Russland nicht ausgeschlossen hatte.

"Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass das nukleare Thema im Kontext der Geschehnisse, die sich in den letzten Jahren in der Ukraine entfaltet und die sich buchstäblich in den letzten Monaten und Wochen zugespitzt haben, ausschließlich von westlichen und allen voran von NATO-Vertreten aufgeworfen wurde."

Es sei besorgniserregend, dass man im Westen immer wieder zu diesem Thema zurückkehre, sagte Lawrow. So habe US-Präsident Joe Biden als einzige Alternative für die höllischen Sanktionen gegen Russland einen Dritten Weltkrieg genannt. Der Außenminister Russlands kritisierte auf der Pressekonferenz derzeitige westliche Waffenlieferungen an die Ukraine. Sie seien gefährlich, weil der Westen die weiteren Bewegungen der gelieferten Waffen, darunter Flieger- und Panzerfäuste, gar nicht kontrollieren könne.

In Bezug auf die westlichen Sanktionen erklärte Lawrow, dass Russland sie meistern werde. Die russische Regierung sei imstande, sich selbstständig um die einheimische Wirtschaft zu kümmern. Russland habe im Laufe seiner Geschichte immer diverse Schwierigkeiten überwunden und werde aus dieser Krise mit einer gesünderen psychologischen Einstellung herauskommen.

"Wir werden keine Illusionen darüber haben, inwieweit als verlässlich der Westen als Partner gelten kann."

Lawrow erklärte, der Westen könne in jedem Augenblick sowohl jedermann wie auch seine eigenen Werte verraten. Russland werde sein Bestes tun, um nicht mehr in den kritisch wichtigen Bereichen vom Westen abhängig zu sein. Er warf solchen westlichen Unternehmen vor, sich nicht von ihren eigenen Interessen leiten zu lassen. Vielmehr seien sie jetzt Instrumente der politischen Aggression des Westens gegen Russland.

Im Vorfeld des Treffens hatte Lawrow bekannt gegeben, dass Russland seine Sonderoperation in der Ukraine nur unter bereits erklärten Bedingungen einstellen werde. Dies seien die Demilitarisierung und Entnazifizierung des Nachbarlandes und der neutrale Status der Ukraine. Darüber hinaus solle die Regierung in Kiew die Schwarzmeer-Halbinsel Krim als Russlands Staatsgebiet und die Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Lugansk anerkennen. Kuleba hatte nach eigenen Angaben keine allzu hohen Erwartungen in die Gespräche mit dem russischen Außenminister in der Türkei gesetzt. In einem auf Facebook veröffentlichten Video sagte der ukrainische Chefdiplomat, das Interesse der Ukraine sei die Einstellung des Feuers, die Befreiung der ukrainischen Gebiete und die bedingungslose Lösung aller humanitären Probleme, welche die russische Armee geschaffen habe.

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