Europa

Nord Stream 2: Sonderbeauftragter soll Gastransit durch die Ukraine sichern

Das Kabinett in Berlin ernannte am Mittwoch seinen Sonderbeauftragten für den russischen Gastransit durch die Ukraine. Georg Graf Waldersee soll zwischen allen Seiten vermitteln und dabei durchsetzen, dass der Transport von Russland über die Ukraine nach Auslaufen des Vertrages Ende 2024 verlängert wird.
Nord Stream 2:  Sonderbeauftragter soll Gastransit durch die Ukraine sichernQuelle: AFP © Odd ANDERSEN / AFP

Nach der Fertigstellung der Ostseepipeline Nord Stream 2 noch in diesem Jahr plant Gazprom, 5,6 Milliarden Kubikmeter Gas durch die Röhre zu befördern, wie das Unternehmen am Donnerstag in Sankt Petersburg mitteilte. Nach früheren Angaben des Betreibers, der Nord Stream 2 AG, sollten die Verlegearbeiten Ende August abgeschlossen werden. Einen Termin, wann die Pipeline in Betrieb geht, gibt es noch nicht.

Dem Projekt und daran beteiligten Unternehmen waren zahlreiche Hindernisse in den Weg gelegt worden, etwa Sanktionen vom transatlantischen Partner und Klagen von Naturschützern. Washington kritisiert, Europa mache sich dadurch bei der Energieversorgung zu stark von Russland abhängig, einige Senatoren hatten auch offen betont, dass ihnen Jobs in den USA im Zusammenhang mit der Energieversorgung in Europa am Herzen liegen, die durch umstrittenes Fracking geschaffen werden sollten. Auch das Interesse der Ukraine, weiterhin Transitland für russisches Gas zu bleiben, wird von Washington und Berlin gefördert, unter anderem durch eigens dafür eingesetzte Sonderbeauftragte in beiden Ländern.

Beim Besuch des US-Außenministers Antony Blinken in Berlin im Juni hat dieser seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas zur deutsch-russischen Pipeline, an der Berlin festhielt, gesagt, Deutschland habe dafür zu sorgen, dass diese "Pipeline von Putin nicht missbraucht" werden könne. Die US-Regierung beschwor mehrfach, Russland dürfe durch das Projekt keine geopolitische Macht gewinnen, während nicht nur der Vorstandsvorsitzende der PAO Gazprom Alexei Miller immer wieder betont, dass es sich bei der Pipeline um ein reines Wirtschaftsprojekt handelt.

Mehr zum Thema"Im Bett mit Putin" – Reaktionen auf Einigung bei Nord Stream 2

Im Juli veröffentlichten Berlin und Washington eine gemeinsame Erklärung, in der der Ukraine Unterstützung zugesagt wurde. Deutschland verpflichtete sich unter anderem dazu, alle Einflussmöglichkeiten zu nutzen, um eine Verlängerung des 2024 auslaufenden Gastransitabkommens der Ukraine mit Russland um bis zu zehn Jahre zu ermöglichen.

Nachdem Washington jüngst Amos Hochstein zum Sondergesandten für das kurz vor der Fertigstellung stehende Projekt Nord Stream 2 ernannt hatte, der nicht nur als heftiger Russland-Kritiker bekannt ist, sondern auch bereits einen Posten im Aufsichtsrat des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz innehatte, bestellte Berlin am Mittwoch Georg Graf Waldersee zum Sonderbeauftragten für den russischen Gastransit durch die Ukraine.

Damit setze die Bundesregierung ihre Verpflichtung aus der Einigung mit den USA zur Beilegung des Streits um die Pipeline Nord Stream 2 um. Vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, bei dem der Posten angesiedelt ist, hieß es:

"Mit der heute erfolgten erneuten Bestellung von Herrn Georg Graf Waldersee als Sonderbeauftragten [sic] wird sich die Bundesregierung für die Verlängerung des Gastransitabkommens der Ukraine mit Russland um bis zu zehn Jahre einsetzen, um den Gastransit über die Ukraine auch nach Auslaufen des derzeitigen Transitvertrages am 31. Dezember 2024 zu sichern."

Waldersee, der bereits 2019 in dieser Funktion tätig war, soll dem Ministerium zufolge auf beiden Seiten und auch gegenüber der Europäischen Kommission, den USA und  Drittländern vermitteln und beratend tätig werden, um eine Verlängerung des Gastransitvertrages zu erreichen. Waldersee war unter anderem ab 2010 Chef der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) gewesen, bevor er 2015 in den Aufsichtsrat einzog. Zuvor war er 40 Jahre für EY und die US-Gesellschaft Arthur Andersen tätig gewesen, die 2002 nach dem Enron-Skandal in Ernst & Young aufgegangen war. Sie hatte gefälschte Bilanzen des Konzerns Enron testiert.

Am Freitag reist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Moskau, wo sie sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen wird, am Sonntag reist sie in die ukrainische Hauptstadt Kiew zu einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij. Im Vorfeld sagte Regierungssprecher Steffen Seibert, die Bundesregierung nehme die ukrainischen Sorgen sehr ernst und werde sich auch in Zukunft für einen Gastransit durch die Ukraine einsetzen. Man werde gegenüber Russland die Position vertreten, dass der 2024 auslaufende Vertrag verlängert werden solle.

"Ich erwarte nicht einen Schlusspunkt unter die Bedenken oder die Sorgen, die die Ukraine beispielsweise mit dem Thema Nord Stream 2 verbindet und immer wieder geäußert hat."

Die ukrainische Führung kenne aber auch die deutsche Position. Sie wisse, dass sich die Bundesregierung für den Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine entscheidend mit eingesetzt hat. Deutschland hatte der Ukraine Kompensationen für zu erwartende Einnahmeverluste der Ex-Sowjetrepublik aus dem wegfallenden Transit von russischem Erdgas in Aussicht gestellt.

Nord Stream 2 verläuft von Wyborg in Russland durch die Ostsee bis nach Lubmin bei Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Laut Gazprom wurden durch die bereits bestehende Leitung Nord Stream in den ersten sieben Monaten dieses Jahres bereits 33,7 Milliarden Kubikmeter Gas gepumpt. Das seien mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 2020 war demnach mit insgesamt 59,3 Milliarden Kubikmeter ein Rekordjahr.

Mehr zum ThemaSelenskij in Berlin: Merkel skeptisch bezüglich schneller Lösung des Streits um Nord Stream 2

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.