Europa

Kroatien: Trotz Corona-Krise keine Rückkehrer – Medizinisches Personal fehlt

Die Auswanderung ganzer Dörfer und demografische Probleme stellen für Kroatien die größten Bedrohungen dar. Deshalb hoffte die Regierung in Zagreb insgeheim, dass durch die Corona-Krise ein Teil der im Ausland lebenden Menschen wieder in die vermeintlich sicherere Heimat zurückkehrt.
Kroatien: Trotz Corona-Krise keine Rückkehrer – Medizinisches Personal fehltQuelle: Reuters © Antonio Bronic

Noch Anfang des Jahres warnte Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenković vor den Folgen des demografischen Wandels und der EU-Personenfreizügigkeit gerade für osteuropäische Mitgliedsstaaten. Es sei eine "existenzielle Frage", die sein Land während der EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2020 in Angriff nehmen wollte. In einem Interview sagte er damals:

Das ist ein strukturelles, nahezu ein existenzielles Problem für einige Nationen, und wir sind nicht die Einzigen. Wir verlieren eine Stadt von 15.000, 16.000 Menschen pro Jahr nur durch die Tatsache, dass wir 15.000, 16.000 Verstorbene mehr als Geburten haben. Für ein Land von etwa vier Millionen ist das viel, oder? Zudem haben wir jetzt noch die Personenfreizügigkeit.

Tatsächlich versuchte seine Regierung im ersten Quartal, ein entsprechendes Programm aufzusetzen, wenigstens einen Teil der rund 260.000 Menschen wieder in die Heimat zurückzuholen, die seit dem EU-Beitritt im Jahr 2013 das Land verlassen haben. Allein in Deutschland lebten Ende 2018 fast 400.000 kroatische Staatsangehörige – viele davon seit Jahrzehnten. Dies entspricht fast zehn Prozent der Gesamtbevölkerung Kroatiens. Davon sind allein von 2016 bis 2018 etwas über 63.000 Menschen gekommen. Mit einer Art Prämie von bis zu 100.000 Kuna (ca. 13.000 Euro) sollten diejenigen belohnt werden, die nach Kroatien zurückkehren und sich selbstständig machen. Wenn sie das erste Jahr wirtschaftlich überleben und Sozialabgaben bezahlt haben, müssten sie der Regierung nichts von dem Geld zurückzahlen, das sie erhalten haben, lautete der Plan. 

Dann aber schwappte die Corona-Krise über Europa. Viele europäische Staaten schlossen ihre Grenzen, genauso wie Zehntausende Gastronomiebetriebe und andere Unternehmen schließen mussten. Diese Maßnahmen haben dazu geführt, dass sehr viele Menschen nicht mehr arbeiten gehen konnten, und insgeheim wurde möglicherweise in Zagreb die Hoffnung gehegt, dass aus diesem Grund einige der arbeitslos gewordenen Kroaten wieder zurückkehren würden. Doch Anzeichen dafür gibt es nicht. 

Stattdessen schrillen die Alarmglocken weiter, nachdem eine Untersuchung der Katholischen Universität Kroatien (HKS) in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zagreb zu den meistgesuchten Suchwörtern bei Google und Facebook veröffentlicht worden war. Dabei wurde festgestellt, dass jede fünfte Frage im Zusammenhang mit Arbeit darauf abzielt, sich für eine Arbeitsstelle im Ausland zu informieren. Das am häufigsten verwendete Schlagwort ist demnach "Bewerbung", und zwar auf Deutsch! Darauf folgen weitere Themen wie "Deutsche Sprache lernen", "Messe auf Kroatisch" (in Deutschland oder Österreich) und "Scheidung im Ausland". Zum Leidwesen der Behörden werden aber andersherum keine Informationen zu "Rückkehr nach Kroatien" oder "Investitionen in Kroatien" nachgefragt.

Seit 2019 sei eine deutliche Erhöhung nach Suchanfragen für Arbeit in Deutschland und Österreich festzustellen, weshalb man davon ausgehen könne, dass in den nächsten Jahren eine noch höhere Emigration zu erwarten sei, sagte einer der Autoren der Studie, Tado Jurić, bei der Präsentation. Die Auswertung von LinkedIn-Daten habe zudem ergeben, dass sich insbesondere gut ausgebildete Fachkräfte aus der "Medizin und den STEM-Bereichen" (Science, Technology, Engineering, Mathematics) auf den Weg nach Deutschland machen würden und nicht mehr zurückkommen. 

Medizinisches Personal fehlt in der Krise

Dass Fachkräfte aus der Medizin und Pflege fehlen, war bereits vor Ausbruch der Corona-Krise ein enormes Problem – nicht nur in Kroatien, sondern auch in den meisten Nachbarländern und weiteren Staaten Osteuropas. Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit (BA) wirbt aktiv nach Fachkräften aus diesen Bereichen, die auch in Deutschland fehlen. Dieser "Exodus von Pflegekräften" würde Osteuropa "ausbluten" lassen, wie es in einem Beitrag der ARD hieß.  

Doch der Bedarf in einer medizinischen Krise wie der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie verschärft die Lage enorm. Der kroatische Gesundheitsminister Vili Beroš, selbst ein ausgebildeter Neurochirurg, sah sich deshalb gezwungen, eine Mobilisierung von pensionierten Ärzten anzuordnen. Selbst Medizinstudenten sollen einspringen und in Krankenhäusern Dienst schieben, um die auch coronabedingten Ausfälle der ärztlichen Belegschaft zu kompensieren und den Betrieb aufrechtzuerhalten. 

Der Kroatische Verband der Krankenhausärzte (HUBOL) appellierte hingegen an die ausgebildeten Ärzte im Parlament (Sabor), ihre politischen Aktivitäten ruhen zu lassen und zumindest vorübergehend in die erlernte Profession zurückzukehren:

HUBOL ruft ALLE Ärzte im Sabor und anderen Körperschaften der Regierungsbehörde dazu auf, dass sie ihre politische Aktivität ruhen lassen und sich daran erinnern, dass sie Ärzte sind. Wir sind uns sicher, dass es für die politischen Funktionen einfach sein wird, Ersatz zu finden, was für die medizinischen Berufe in den noch folgenden Momenten unmöglich sein wird.

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