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"Logik der Demokratie": Macron und Lukaschenko fordern sich gegenseitig zum Rücktritt auf

Eine Lektion in Sachen Logik der Demokratie gaben sich die Präsidenten Frankreichs und Weißrusslands: Emmanuel Macron forderte Alexander Lukaschenko wegen der Proteste in dessen Land zum Rücktritt auf. Dieser zahlte in einer ausführlichen Antwort mit gleicher Münze zurück.
"Logik der Demokratie": Macron und Lukaschenko fordern sich gegenseitig zum Rücktritt aufQuelle: AFP © YOAN VALAT / POOL

Der französische Staatschef Emmanuel Macron stattet am Montag Litauen und Lettland einen Besuch ab. Der Politiker will bis zum Mittwoch mit seinem litauischen Amtskollegen Gitanas Nausėda sowie mit dem lettischen Staatschef Egils Levits und dem lettischen Ministerpräsidenten Krišjānis Kariņš verhandeln. Auf dem Programm steht auch ein Besuch bei französischen Angehörigen, die am NATO-Stützpunkt im litauischen Rukla stationiert sind. Das ist der erste offizielle Besuch eines französischen Präsidenten in den beiden baltischen EU-Staaten seit dem offiziellen Besuch von Präsident Jacques Chirac im Jahr 2001.

Vor dem Aufbruch hat Macron der Sonntagszeitung Journal du Dimanche ein Interview gewährt. Dort kommentierte er unter anderem die politische Situation in Weißrussland und zeigte sich davon überzeugt, dass die Republik Belarus vor einem Machtwechsel stehe:

Es ist klar, dass (Präsident Alexander) Lukaschenko gehen muss. Was in Belarus passiert, ist eine Krise der Macht, eine autoritäre Macht, die die Logik der Demokratie nicht akzeptieren kann und die sich mit Gewalt an die Macht klammert.

Macron sagte der Zeitung, Russland habe eine sehr enge Beziehung zu Belarus und die meisten Demonstranten stellten diese Beziehung nicht infrage. Er habe mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 14. September gesprochen, dem Tag, als dieser Lukaschenko in Sotschi empfangen hatte. Er habe Putin gesagt, dass Russland eine Rolle zu spielen habe und diese Rolle könne positiv sein, wenn er Lukaschenko dazu dränge, die Wahrheit der Wahlurnen anzuerkennen und politische Gefangene freizulassen.

Der französische Präsident zeigte sich vom Mut der Demonstranten, insbesondere der Demonstrantinnen, beeindruckt. Sie würden die Risiken kennen, die sie mit ihren Protestmärschen an den Wochenenden eingingen, und doch setzten sie die Bewegung fort, um die Demokratie in diesem Land mit Leben zu füllen.

Lukaschenko war am Mittwoch nach 26 Jahren an der Macht zum sechsten Mal im Amt des Staatschefs vereidigt worden. Bei den Wahlen am 9. August hatte er nach Angaben der Wahlkommission mehr als 80 Prozent der Stimmen bekommen. Die Opposition zweifelte das Wahlergebnis an. Landesweit kam es zu massenhaften Protesten. Die Polizei griff gegen Protestler anfangs hart durch. Die Demos wurden mit Tränengas, Wasserwerfern, Blendgranaten und Gummikugeln aufgelöst. In den ersten drei Protesttagen wurden über 6.700 Menschen festgenommen. Hunderte Demonstranten und mindestens 130 Polizeibeamte erlitten Verletzungen. Die Behörden bestätigten den Tod von drei Protestlern.

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Diese oben angeführten Äußerungen des französischen Präsidenten konterte sein weißrussischer Kollege Alexander Lukaschenko nicht nur gänzlich gemäß der vom Gegenüber so verstandenen Logik der Demokratie, sondern durchaus nicht ohne Charme:

"Erstens. Als Staatspräsident möchte ich auf der Grundlage der Prinzipien des Herrn Macron selbst (wie sie in seiner [meinen] Rücktritt fordernden Erklärung niedergelegt sind) sagen, dass der französische Präsident selbst, seiner eigenen Logik folgend, vor zwei Jahren hätte zurücktreten müssen – als die "gelben Westen" gerade erst begonnen hatten, in Paris auf die Straßen zu gehen. Die Jahre vergehen, die "Westen" sind immer noch auf den Straßen, Herr Macron ist überraschenderweise ebenfalls noch im Amt, und Frankreich ist zu einem Land geworden, in dem Massenproteste zum Alltag geworden sind ...

Neben den "gelben Westen" sind auch die gelegentlichen Probleme Frankreichs mit der BLM-Bewegung und die muslimischen Proteste in Marseille und Lyon erwähnenswert.

Da dies alles nun zusammengefasst wurde, ist Minsk bereit, sich in einer Geste des guten Willens als universelle und in ihrer Wirksamkeit bewährte Verhandlungsplattform anzubieten – für eine friedliche Machtübergabe an eine der oben genannten Gruppen.

Zweitens. Als erfahrener Politiker gegenüber einem unreifen möchte ich Herrn Macron anraten, weniger umherzuschauen, sondern sich stattdessen mit den inneren Angelegenheiten Frankreichs zu befassen: zumindest damit zu beginnen, die Probleme zu lösen, derer das Land so viel angesammelt hat.

Und schließlich möchte ich rein menschlich anmerken, dass Emmanuel Macron, wie es uns hier in Weißrussland scheint, einem der ehemaligen Präsidentschaftskandidaten zu viel Aufmerksamkeit schenkt. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei diesem Ex-Kandidaten um eine Dame handelt, riskiert der französische Staatschef, zusätzlich zu den Problemen Frankreichs auch zu Hause persönliche Probleme zu bekommen."

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