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Schock in der Slowakei: Millionär im Journalistenmord-Prozess überraschend freigesprochen

Mit Schuldsprüchen für die unmittelbaren Mörder, aber einem überraschenden Freispruch für den vermuteten Auftraggeber hat der slowakische Journalistenprozess am Donnerstag ein umstrittenes Ende gefunden. Die Hinterbliebenen sind sichtlich enttäuscht.
Schock in der Slowakei: Millionär im Journalistenmord-Prozess überraschend freigesprochenQuelle: Reuters © Radovan Stoklasa

Der Unternehmer Marián Kočner wurde zwar des illegalen Waffenbesitzes schuldig gesprochen. Dass er den Mord am Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak bestellt und bezahlt habe, wie die Anklage lautete, erachtete das Gericht aber als nicht bewiesen. Auch der Angeklagten Alena Z. konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass sie in Kočners Auftrag den Mord organisiert habe. Die Staatsanwaltschaft kann gegen das Urteil noch Berufung einlegen.

In dem Prozess ging es um die Ermordung des Investigativ-Journalisten und seiner Verlobten Martina Kušnírová am 21. Februar 2018. Die beiden 27-Jährigen wurden in ihrem Haus erschossen. Die ganze Slowakei stand unter Schock, als das Paar tot aufgefunden wurde. Der Mordfall machte Schlagzeilen weit über das Land hinaus, trieb Hunderttausende empörte Slowaken auf die Straße – und kostete letztlich etliche Spitzenbeamte, Regierungspolitiker und sogar Richter und Staatsanwälte ihre Ämter und Posten. 

Das Gerichtsurteil am Donnerstag bringt den Hinterbliebenen jedoch keine wirkliche Genugtuung und dürfte auch viele kritische Prozessbeobachter kaum zufriedenstellen. Denn ihre Hoffnung, dass der zwielichtige Millionär als Drahtzieher des Doppelmordes verurteilt wird, erfüllte sich nicht. Angeklagt waren – neben dem Unternehmer als dem mutmaßlichen Auftraggeber – auch Alena Z. als mutmaßliche Organisatorin und sowie ein nun als Mittäter schuldig gesprochener Ex-Polizist. Der Todesschütze und ein weiterer Mittäter hatten bereits zuvor Geständnisse abgelegt.

Kuciak hatte über zwielichtige Geschäfte des Millionärs berichtet, aber auch über andere Verfilzungen von Politik und Geschäftemacherei geschrieben. Er recherchierte unter anderem zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und slowakischen Politikern. Eine erst nach seinem Tod veröffentlichte Reportage führte unter anderem zum Rücktritt der damaligen Regierung. Zudem führten die Mordermittlungen zu einer Serie von Korruptionsenthüllungen im Justizsystem: In einer für die Slowakei beispiellosenen Aktion der Polizei wurden im vergangenen Jahr auf einen Schlag 13 Richter und Staatsanwälte sowie eine ehemalige Justiz-Staatssekretärin festgenommen. Letztere und ein Teil der Richter sitzen bis heute in Untersuchungshaft. Sie werden beschuldigt, in Auftrag des Millionärs – gegen Bestechungsgeld – zahlreiche Gerichtsprozesse manipuliert zu haben, in denen er wegen Betruges angeklagt war. Viele dieser zum Teil etliche Jahre zurückreichenden Verfahren werden wohl nochmals aufgerollt werden müssen.

Die Eltern der beiden Ermordeten verfolgten die Urteilsverkündung im Gerichtssaal. Als sich abzeichnete, dass Kočner und seine vermutete Komplizin nur wegen kleinerer Delikte wie illegalen Waffenbesitzes verurteilt werden, verließen sie sichtlich enttäuscht in Polizeibegleitung den Gerichtssaal.

Sie sind schuldig, davon bin ich überzeugt. Wir werden weiter kämpfen", sagte die Mutter der ermordeten Martina Kušnírová, bevor sie den Gerichtssaal unter Tränen verließ.

Der zuständige Staatsanwalt legte nach eigenen Angaben kurz nach der Gerichtsentscheidung Berufung ein.

Der Anwalt der Familie Kuciak sagte, auch wenn es keine direkten Beweise für den Mordauftrag gebe, so lägen doch viele Indizien vor.

Ich halte die von der Anklage vorgelegten indirekten Beweise (...) für so stark, dass ich von der Schuld Kočners überzeugt bin", erklärte der Staranwalt und Ex-Justizminister.

Er vertritt die in bescheidenen Verhältnissen lebende Familie Kuciak ohne Honorar.

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(dpa/rt)

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