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Weißrussland: Massenproteste gehen weiter – Offizielles Wahlergebnis veröffentlicht

Am Freitag hat die Zentrale Wahlkommission Weißrusslands das Endergebnis der Präsidentschaftswahl mitgeteilt. Demnach soll Alexander Lukaschenko 80,1 Prozent der Stimmen erhalten haben. Seit Tagen fordern Tausende Protestierende eine Neuauszählung der Wahlzettel.
Weißrussland: Massenproteste gehen weiter – Offizielles Wahlergebnis veröffentlichtQuelle: Reuters © Wassili Fedossenko

Tausende Demonstranten haben am Freitag in Weißrussland erneut Druck auf die Regierung gemacht, indem sie eine faire Auszählung der Stimmen nach der Präsidentschaftswahl am vergangenen Sonntag forderten. Verlangt wurde auch eine gründliche Untersuchung aller Fälle von Polizeigewalt. Die Kundgebungen verliefen zwar größtenteils friedlich und ohne schwere Ausschreitungen, lockten aber trotzdem sogar noch mehr Menschen als in den Vortagen an, die die Ergebnisse des Urnengangs nicht akzeptieren.

Die Protestzüge wuchsen unter anderem durch die Mitarbeiter der Staatsbetriebe, die am Freitag ihre Arbeit zum Teil niederlegten und demonstrativ die Werkshallen verließen. Dazu gehörten so große Unternehmen wie das Minsker Traktorenwerk, das Minsker und das Weißrussische Automobilwerk sowie die Metro Minsk. Die Demonstranten skandierten des Weiteren die Parole "Hau ab!"

Zugleich gab es am Freitag erste Zeichen der Solidarität der Sicherheitskräfte mit den Teilnehmern der Massenproteste. Bei der Kundgebung am Regierungssitz auf dem Unabhängigkeitsboulevard in Minsk senkten die Soldaten der Sondereinheit des Innenministeriums (OMON) ihre Schilde und wurden dafür von der Menschenmenge bejubelt. Mehrere Frauen kamen auf die OMON-Beamten zu, um ihnen Blumen und Luftballons zu schenken oder sie sogar zu umarmen und zu küssen.

Aufgrund des wachsenden Unmuts der Bevölkerung und des massiven Drucks des Westens lenkte die Regierung des amtierenden Präsidenten Lukaschenko mit der Freilassung von über 2.000 von den insgesamt rund 7.000 festgenommenen Demonstranten ein, wie das Innenministerium am Freitag mitteilte. Laut Angaben der Menschenrechtsorganisation Wesna liegt diese Zahl jedoch bei lediglich 1.000 Menschen. Viele schilderten nach ihrer Freilassung unmenschliche Bedingungen in überfüllten Gefängnissen.

Als Reaktion auf das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen friedliche Kundgebungen in den vergangenen Tagen hatte die Europäische Union zuvor bereits Sanktionen gegen die Ex- Sowjetrepublik auf den Weg gebracht. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell argumentierte:

Die EU akzeptiert die Wahlergebnisse nicht.

Man arbeite ihm zufolge nun daran, diejenigen zu sanktionieren, die für Gewalt und Fälschungen verantwortlich seien.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich laut Regierungssprecher Steffen Seibert "erschüttert" über Berichte, wonach Inhaftierte misshandelt wurden. Die CDU-Politikerin sprach von "brutaler Gewalt" und sagte:

Die Aussagen der gepeinigten Menschen belegen ja leider viele solcher Fälle.

Darüber hinaus setzte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für zusätzliche Sanktionen "gegen diejenigen" ein, "die in Weißrussland demokratische Werte missachtet oder gegen Menschenrechte verstoßen haben".

Amtsinhaber Lukaschenko nahm indessen Stellung zu den landesweiten Protesten gegen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen. Als Erstes reagierte er am Freitag auf Spekulationen, er habe das Land bereits verlassen:

Zuallererst: Ich bin noch am Leben und nicht im Ausland.

Zudem machte Lukaschenko ausländische Kräfte aus den Niederlanden, Polen und der Ukraine für die Massenproteste verantwortlich und warnte vor massenhaften Arbeitsniederlegungen in Betrieben:

Wenn wir aufhören zu arbeiten, werden wir die Produktion nie wiederherstellen können.

Außerdem appellierte der Präsident an die Bürger, in diesen unruhigen Zeiten zu Hause zu bleiben, anstatt sich dem Risiko auszusetzen, bei den Protesten zu "Kanonenfutter" zu werden.

Lukaschenkos Hauptrivalin, die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja, rief in einer erneuten Videobotschaft zu neuen Protesten auf. Sie sagte:

Lasst uns zusammen unsere Stimmen verteidigen.

Am Wochenende sollten sich die Menschen in allen Städten des Landes zu friedlichen Massenversammlungen zusammenfinden. Sie schlug zudem die Gründung eines Koordinierungsrates vor, "um damit eine Machtübertragung sicherzustellen". Sie sei zum Dialog mit den Behörden bereit.

Am Freitag veröffentlichte die Zentrale Wahlkommission in Minsk das amtliche Endergebnis der Präsidentschaftswahl, die in Weißrussland am 9. August stattgefunden hatte. Demnach soll Alexander Lukaschenko 80,1 Prozent der Wählerstimmen erhalten haben, was sogar noch mehr als zunächst angegeben ist. Hingegen soll seine Gegnerin Tichanowskaja lediglich 10,12 Prozent bekommen haben. Kritiker hinterfragen allerdings die Ergebnisse der Wahl und vermuten massive Fälschungen.

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