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"Highly likely" auf Tschechisch – Innenminister hält an Rizin-Verschwörungstheorie fest

Tschechiens Innenminister gibt zwar zu, keine Beweise für die Vorwürfe gegen den russischen Diplomaten Andrei Kontschakow zu haben, der von Medien als "Giftkurier" in einem angeblichen Mordplan gebrandmarkt wurde. Doch der Minister hält unbeirrt an seiner Theorie fest.
"Highly likely" auf Tschechisch – Innenminister hält an Rizin-Verschwörungstheorie festQuelle: AFP © Radek MICA / AFP

Andrei Kontschakow, Leiter des Büros der russischen Agentur Rossotrudnitschestwo (Föderale Agentur für Angelegenheiten der GUS, für Fragen der im Ausland lebenden Mitbürger und für internationale humanitäre Zusammenarbeit) in der Tschechischen Republik, geriet kürzlich in den Mittelpunkt eines Skandals: In einigen tschechischen Medien wurde er als ein mutmaßlicher "Spion" verschrien, der in ein angebliches Komplott zum Rachemord am Prager Bürgermeister und mehreren Beamten der Prager Kommunalverwaltung wegen des Abrisses  eines Denkmals für Iwan Konew, Marschall der Sowjetunion, verwickelt sein soll. Nun steigert sich die Sache zu einer ausufernden Hetzkampagne – mit einem ganz besonderen Prager Flair.

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So erklärt nun der tschechische Innenminister Jan Hamáček, dass sich die Ausweisung des Mannes gerade deshalb als kompliziert erweisen könnte, weil – Achtung! – bloße Verdächtigungen dem Staat keine hinreichenden Gründe dafür liefern. Und tatsächlich sind bloße Verdächtigungen in diesem Fall anscheinend alles, was die tschechischen Sicherheitsdienste in der Hand haben. Hamáček gab am Sonntag im tschechischen Fernsehen Folgendes von sich:

"Man könnte ihn ausweisen, vorausgesetzt, man hat konkrete Beweise dafür, dass er hier etwas [Illegales] tut. Doch leider hat die Polizei, so wie sich die ganze Sache entwickelt, diese Beweise wahrscheinlich nicht."

Die Tatsache, dass die Sicherheitsdienste der Republik sage und schreibe drei Wochen nach Veröffentlichung dieser "Agentenstory" im Stadtmagazin Respekt immer noch keine Beweise für die Vorwürfe gegen den russischen Diplomaten fanden, hält den Minister jedoch mitnichten davon ab, diese These – man nennt so etwas wohl eine Verschwörungstheorie im wahrsten Sinne des Wortes – aufrechtzuerhalten.

Von den bisher fehlenden Beweisen für die Vorwürfe gegen Kontschakow lenkte Hamáček den Fokus der tschechischen Öffentlichkeit nun auf eine bislang unbekannte Person, welche die "brisante Information" über den mutmaßlichen "Agenten" an die Medien durchsickern ließ. Er warf diesem Unbekannten vor, den Sicherheitskräften leider einen Strich durch die Rechnung gemacht zu haben. "Er hat vielen Menschen das Leben schwer gemacht, die Arbeit der Sicherheitsdienste erschwert, die Reaktion unserer Behörden auf potenzielle Bedrohungen behindert und gleichzeitig viele Menschenleben gefährdet." Hamáček versprach gar, den für das Leck Verantwortlichen "exemplarisch zu bestrafen".

Der tschechische Sicherheitsinformationsdienst hat bereits Strafanzeige wegen des Lecks für die "geheimen Informationen" erstattet, und die Polizei untersucht nun den Fall.

Tschechische Medien behaupteten, dass Kontschakow mit einem Diplomatenvisum nach Prag kam und angeblich eine Ladung Rizin – ein hochpotentes Gift – in seiner Aktentasche transportierte. Der tschechische Geheimdienst, der angeblich bereits von dem "Komplott" gewusst haben soll, hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch gar keine solche Giftladung abfangen können.

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Dennoch bewerteten die tschechischen zuständigen Behörden die "Bedrohung" als so ernst, dass sie dem Prager Oberbürgermeister Zdeněk Hřib und zwei Bezirksbürgermeistern Ondřej Kolář und Pavel Novotný – alle drei angebliche Ziele der mutmaßlich geplanten Giftanschläge – Polizeischutz gewährten. Alle drei Genannten waren in Streitigkeiten mit Russland involviert, in denen es vor allem um die Demontage eines Denkmals für den Marschall der Sowjetunion Iwan Konew ging. Konew führte jene Streitkräfte der Roten Armee, die Prag im Zweiten Weltkrieg von der Besatzung durch Hitlerdeutschland befreiten.

Kontschakow selbst wies die Vorwürfe zurück, ebenso wie die Leiterin von Rossotrudnitschestwo Eleonora Mitrofanowa. Ihr beschuldigter Mitarbeiter liebe Tschechien, erklärte Mitrofanowa; den Rizin-Skandal wertete sie als "reine Provokation".

Nach Polizeischutz verlangte unterdessen die russische Botschaft in Prag ihrerseits – nämlich für Kontschakow. Nachdem tschechische Medien ihre Hetzkampagne gegen den Diplomaten begannen, habe begleitend auch eine wahrhaftige "Belästigungskampagne" begonnen, in der gegen Kontschakow auch ernstzunehmende Drohungen geäußert werden. Anders als bei Hřib und den Kommunalbeamten beeilte sich die Polizei aber nicht, dieser Bitte nachzukommen: Laut tschechischem Innenminister Hamáček hat Kontschakow auch jetzt, eine Woche nach dem Ersuchen der russischen Botschaft, immer noch keinen besonderen Schutz von der Polizei erhalten.

Die Anführer der ODS (Demokratischen Bürgerpartei) und der Partei STAN (Bürgermeister und Unabhängige) rieten dem bedrohten russischen Diplomaten gar zur Abreise in sein Heimatland.

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