Europa

Europäischer Gerichtshof: Ungarns Transitzonen für Asylbewerber sind rechtswidrig

Seit Jahren bringt Ungarn Migranten in Camps an der Grenze zu Serbien unter, bis ihr Antrag auf Asyl bearbeitet wurde. Die Transitlager sind umzäunt und bewacht. Für das höchste EU-Gericht ist dies rechtswidrig. Budapest deutete derweil eine Missachtung des Urteils an.
Europäischer Gerichtshof: Ungarns Transitzonen für Asylbewerber sind rechtswidrigQuelle: AFP © Csaba Segesvari

Unmittelbar an der Grenze zu Serbien in den kleinen Orten Röszke und Tompa baute Ungarn die sogenannten Transitzonen auf, in denen Asylbewerber untergebracht werden. Dort müssen sie bleiben, bis ihr Antrag auf Asyl bearbeitet und das Verfahren komplett abgeschlossen ist. Migranten, darunter auch Frauen und Kinder, sollen über Monate in den Camps leben. Die Container, in denen sie untergebracht sind, sind von hohen Stacheldrahtzäunen umgeben. Zudem wird das gesamte Gelände überwacht.

Nun urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die Unterbringung von Asylbewerbern im ungarischen Röszke ohne Einzelfallprüfung gegen EU-Recht verstößt. Die Bedingungen in dem Lager glichen einer Inhaftierung, befanden die Luxemburger Richter am Donnerstag. 

EuGH: Unzulässige Inhaftierung von Asylbewerbern

Hintergrund ist der Fall von vier Asylbewerbern aus dem Iran und Afghanistan, die über die Türkei, Bulgarien und Serbien nach Ungarn gekommen waren. Die ungarischen Behörden wiesen ihre Asylanträge mit der Begründung ab, die Menschen seien über ein Land – den Nicht-EU-Staat Serbien – eingereist, in dem ihnen weder Verfolgung noch ernsthafter Schaden drohte. Zudem sei in den Ländern, über die sie nach Ungarn gekommen sind, ein angemessenes Schutzniveau gegeben. Klagen gegen diese Entscheidung wies das zuständige ungarische Gericht ohne Prüfung ab. Die vier Asylbewerber durften ihren Sektor nur in Ausnahmefällen und in polizeilicher Begleitung verlassen. Besuch war nur nach vorheriger Genehmigung in einem gesonderten Container erlaubt.

Aus Sicht des Gerichtshofs handelt es sich um unzulässige Inhaftierung von Asylbewerbern. Denn die Menschen dort könnten "die Transitzone aus eigenen Stücken rechtmäßig in keine Richtung verlassen". Auch nicht in Richtung Serbien, weil dies von den serbischen Behörden als rechtswidrig angesehen werde und sie mit Sanktionen rechnen müssten. Der EuGH betonte, dass Asylbewerber nur dann inhaftiert werden dürften, wenn vorher eine Anordnung getroffen worden sei, in der Gründe dafür genannt wurden.

Ungarn argumentiert stets, die Menschen hielten sich "freiwillig" dort auf, weil sie die Lager in Richtung Serbien verlassen könnten. Wer jedoch nach Serbien zurückkehrt, verliert in Ungarn automatisch seinen Status als Asylbewerber.

Orbán: Urteil zielt darauf ab, EU-Mitgliedsländern gegen ihren Willen Migranten aufzuzwingen

Die ungarische Regierung wies das Urteil des EuGH zurück. So sagte Justizministerin Judit Varga am Donnerstagabend der staatlichen Nachrichtenagentur MTI: 

Die ungarische Gesetzeslage und Praxis entsprechen dem Unions- und internationalem Recht.

Die vier Migranten, die vor dem EuGH geklagt hatten, hätten die Transitzone jederzeit in Richtung Serbien verlassen können, wiederholte sie. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán stellte am Freitag sogar in Aussicht, dass sein Land das jüngste Urteil missachten könnte. Der Spruch der Luxemburger Richter ziele darauf ab, den EU-Mitgliedsländern gegen ihren Willen Migranten aufzuzwingen, sagte der rechtsnationale Politiker im staatlichen Rundfunk.

Aber man wird uns nicht austricksen", fügte er hinzu.

Im Zweifelsfall genieße die ungarische Verfassung Vorrang vor dem EuGH-Urteil.

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(rt/dpa)

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