Europa

Wie ein technischer Fehler eine Katastrophe in Frankreich verhindert hat

Manch ein Zivilist träumt davon, einmal in seinem Leben in einem Kampfjet mitfliegen zu dürfen. Für einen heute 65-jährigen Franzosen wurde der Traum aber zum Albtraum, der beinahe in einem Unglück endete. Dabei erwies sich ausnahmsweise ein technischer Defekt als Glücksfall.
Wie ein technischer Fehler eine Katastrophe in Frankreich verhindert hatQuelle: AFP © Mario Goldman

Der Vorfall ereignete sich am 20. März 2019 auf halbem Wege zwischen Paris und Straßburg in Saint-Dizier. Ein damals 64-jähriger Mitarbeiter eines französischen Rüstungsunternehmens wurde von seinen vier Freunden überredet, als Gast in einem Kampfjet mitzufliegen. Einer von den Freunden war selbst ein ehemaliger Kampfpilot der französischen Luftwaffe, der noch über entsprechende Kontakte verfügte und dieses "Geschenk" organisiert hatte.

Doch wie der nun veröffentlichte Abschlussbericht der Untersuchungskommission des Verteidigungsministeriums nahelegt, war der Mann alles andere als positiv überrascht über die Aussicht, in einem Dassault Rafale B mitfliegen zu dürfen. Er habe "nie den Wunsch geäußert, so einen Flug mitzumachen und insbesondere nicht mit einer Rafale", heißt es in dem Bericht. Der Druck der Freunde wäre so groß gewesen, dass er keine Möglichkeit sah, das bevorstehende Abenteuer abzusagen. 

Was für einen psychischen und physischen Stress der Mann noch erleben würde, konnte er sich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorstellen. 

Dabei ist es nichts Außergewöhnliches, dass ausgewählte Zivilisten – meistens Journalisten oder Politiker – ab und an zu Werbezwecken in einem Kampfjet mitfliegen dürfen. Normalerweise werden diese aber dann durch die Streitkräfte genehmigt, und es findet eine umfangreiche Vorbereitung auf solch einen Flug statt. Die auserwählten Personen müssen einen medizinischen Check beim Centre d'Expertise Médicale du Personnel Navigant (CEMPN) durchlaufen, wo sie unter anderem darauf vorbereitet werden, welche Fliehkräfte auf den menschlichen Körper bei solch einem Flug einwirken.

Doch in diesem Fall wurde aufgrund der "informellen" Organisation das Standardprotokoll nicht eingehalten. Zwar fand vier Stunden vor dem Flug eine medizinische Abklärung des 64-Jährigen statt, und der Arzt befand ihn grundsätzlich für flugtauglich, allerdings unter der Voraussetzung, dass er keinen negativen G-Kräften (Belastung des Körpers entgegen der normalen Schwerkraft) ausgesetzt wird. 

Positive G-Kräfte können vom Menschen besser ausgehalten werden, da das Blut in die Beine gedrückt wird, während im umgekehrten Fall das Blut in den Kopf steigt. Beide Richtungen der Fliehkräfte können aber für untrainierte Personen zur Gefahr werden, erst recht, wenn man sie nicht darauf vorbereitet. 

In diesem Fall wurde der Pilot aber nicht darüber informiert, dass er seinen "Gast" keinen negativen G-Kräften aussetzen darf. Das war nur einer der Fehler, der an diesem Tag am Beginn einer ganzen Kette von Fehlern stand. 

Wie es in dem Bericht weiter heißt, trug der Mann den Großteil seiner Ausrüstung selbst ins Cockpit. Der Pilot versäumte es dann zu überprüfen, ob hinter ihm damit alles vorschriftsmäßig erledigt wurde. Deshalb übersah er, dass der Franzose seine Anti-G-Hose nicht richtig angelegt hatte, um damit ein Absacken des Blutes in die Beine zu begrenzen, und dass sowohl der Helm als auch die Sauerstoffmaske nicht festgeschnallt waren. Außerdem war der Fluggast nicht fest genug angegurtet, was bei einem Flug in einem Kampfflugzeug fatal ist.

So startete der Pilot neben zwei weiteren Rafale-Jets zu einem gemeinsamen Übungsflug, der allerdings bereits nach zehn Sekunden beinahe in einer Katastrophe endete. Nachdem das Kampfflugzeug zunächst in einem Winkel von 47 Grad aufstieg und Fliehkräfte von +4G für eine kurze Zeit auf den 64-Jährigen einwirkten und der Pilot dann zum Horizontalflug überging, wirkten sogleich Kräfte von -0,6G in entgegengesetzter Richtung auf ihn ein.

Durch diese unerwartete Veränderung geriet der Passagier in Panik und klammerte sich am Griff zum Auslösen des Schleudersitzes fest, den er damit in einer Höhe von 650 Fuß (knapp 200 Meter) unabsichtlich betätigte. Beim Hinauskatapultieren verlor er zudem sowohl den Helm als auch die Sauerstoffmaske, weil beide nicht richtig festgemacht waren, und verletzte sich dabei – zum Glück nur leicht.

Normalerweise hätte die Betätigung des Schleudersitzes des Kopiloten zur Folge gehabt, dass auch der Pilot aus dem Flugzeug geworfen wird, da die Aktivierung einen vierstufigen Notfallprozess auslöst, der normalerweise nicht aufzuhalten ist. Doch ausgerechnet ein technischer Fehler sorgte dafür, dass zwar das Verdeck des Piloten ebenfalls abgesprengt wurde, aber die letzte Zündung unter seinem Schleudersitz versagte. 

Obwohl sich der Pilot in einer denkbar unerwarteten und außergewöhnlichen Situation befand, behielt er die Nerven und vermied es, über bewohntes Gebiet zu fliegen, so dass er schließlich über unbewohntem Gelände auch Kerosin ablassen konnte, um schließlich das Kampfflugzeug noch sicher auf dem Luftwaffenstützpunkt zu landen. Wenn auch der Pilot hinausgeschleudert worden wäre, hätte der abstürzende Jet dabei womöglich unschuldige Menschen mit in den Tod reißen können, falls er in ein bewohntes Gebiet gekracht wäre.  

Die Untersuchungskommission hielt in ihrem Abschlussbericht fest, dass künftig unbedingt darauf geachtet werden muss, dass alle Zivilisten die medizinische Überprüfung bei CEMPN bestehen müssen und dass zwischen Flug und Untersuchung zehn Tage liegen. In dieser Zeitspanne kann sichergestellt werden, dass die Piloten die medizinischen Auflagen für ihre Gäste erhalten und dass sich diese innerhalb dieser Zeit physisch und psychisch auf das vorbereiten können, was auf sie zukommt. 

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