Nahost

Nur heiße Luft? Warnungen von allen Seiten vor einem bevorstehenden Krieg im Nahen Osten

Ob aus Israel, dem Iran oder den USA: seit dem Wochenende sind die Warnungen vor einem Krieg schriller geworden. Die Gefahr ist tatsächlich gewachsen, nachdem die Führungen in allen drei Ländern intern unter Druck stehen und die Versuchung für einen Krieg groß ist.
Nur heiße Luft? Warnungen von allen Seiten vor einem bevorstehenden Krieg im Nahen OstenQuelle: AFP © AFP PHOTO / US Navy / Mass Communication Specialist Seaman Stephanie Contreras

In Israel überschlagen sich die Ereignisse, nachdem Generalstaatsanwalt Avichai Mendelbilt entschieden hat, Klage wegen Korruption und Machtmissbrauch gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu erheben. Dieser zeigt sich uneinsichtig und spricht von einem "versuchten Putsch" von staatlichen Institutionen gegen ihn. Sein politischer Herausforderer Benny Gantz warnte Netanjahu sogar, einen "Bürgerkrieg" zu riskieren, wenn er weiterhin die Gesetze des Landes ignoriert und die Justiz zum Feind erklärt.

Mit ähnlichen Problemen kämpft auch Präsident Donald Trump in den Vereinigten Staaten von Amerika. Auch ihm wird Machtmissbrauch und Korruption vorgeworfen und die Demokraten versuchen, ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn durchzubringen. Trump steht eigentlich seit dem ersten Tag unter Druck, nachdem er allen Umfragen zum Trotz die Präsidentschaftswahl 2016 gewonnen hatte. Er wäre der erste Präsident in der Geschichte der USA, der durch ein Amtsenthebungsverfahren des Amtes enthoben würde. Ob es aber überhaupt zu solch einem Verfahren kommt, ist trotz der zweiwöchigen öffentlichen Anhörungen gegen ihn ungewiss.

Im Iran protestieren hingegen tausende Menschen seit über einer Woche gegen die Entscheidung der Regierung in Teheran, staatliche Subventionen für Benzin zu streichen, wie vom Internationalen Währungsfonds empfohlen. Für die Bevölkerung, die am meisten von den US-Sanktionen und der daraus resultierenden Inflation betroffen ist, war diese Entscheidung der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Während sie in verschiedenen Städten Irans gegen die Regierung protestieren, gab es auch Berichte und Videos von Vermummten, die die Sicherheitsorgane angreifen. Menschenrechtsorganisationen sprechen von über einhundert Todesopfern, die durch das brutale Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte um ihr Leben gekommen sein sollen. Allerdings können diese Zahlen nicht unabhängig bestätigt werden und selbst Amnesty International sah sich gezwungen zu erklären, dass diese Angaben von "Aktivisten außerhalb Irans" stammen.

Bei drei der fünf wichtigsten Akteure im Mittleren Osten gibt es also massive innerpolitische Spannungen, die den Druck auf die Regierenden erhöhen, nach einer Lösung oder einem Ventil zu suchen. Benjamin Netanjahu hat in seiner politischen Karriere schon mehrfach bewiesen, dass er keine Probleme damit hat, durch Gewalteskalationen gegen Palästinenser innenpolitische Probleme zu lösen. 

Aber auch Saudi-Arabien, der vierte wichtige Akteur in dieser Region, würde durch einen Krieg profitieren, selbst wenn das wahhabitische Königreich gar nicht involviert wäre. Riad versucht seit zwei Jahren, den Ölriesen Saudi Aramco an die Börse zu bringen, mit einer eigenen Unternehmensbewertung von zwei Billionen US-Dollar. Für Kronprinz Mohammed bin Salman ist der Börsengang ein integraler Bestandteil seiner "Vision 2030", der die Finanzierung der Wirtschaftsdiversifikation sicherstellen soll. Scheitert der Börsengang, wird die Umsetzung dieser Vision ungleich schwieriger werden. Doch für Analysten und Banken ist die Unternehmensbewertung viel zu hoch, was nicht zuletzt am relativ niedrigen Ölpreis liegt. Ein Waffengang in einer Region, aus der ein Drittel der globalen Ölproduktion stammt, würde die Preise unweigerlich in die Höhe schießen lassen.

Lediglich der fünfte Akteur, Russland, hat keinerlei Interesse an einer Gewalteskalation im Mittleren Osten. Mit der vergleichsweise kleinen militärischen Präsenz in Syrien könnte Moskau ohnehin nicht viel bewirken. Stattdessen besteht das Risiko, dass Russland bei einem großen Krieg zwischen Israel und USA auf der einen und Iran mit seinen Alliierten auf der anderen Seite dazu gezwungen sein könnte, das Engagement in Syrien zu beenden. Das wiederum ist im Interesse aller anderen vier großen Akteure im Mittleren Osten.

Moskau verurteilte den letzten großen israelischen Angriff auf Ziele in Syrien am 20. November ungewöhnlich scharf und veröffentlichte zur Verärgerung Israels Details über vier vorangegangene Angriffe innerhalb der letzten zehn Tage. Diese Angriffe würden "unseren Bemühungen entgegenwirken, die Situation zu kontrollieren und Stabilität und eine politische Lösung für Syrien zu erwirken."

Ungeachtet dessen verschärfte der in Bedrängnis geratene israelische Ministerpräsident seine Kriegsrhetorik gegenüber dem Iran. Gleichzeitig mit dem US-CENTCOM Kommandeur, General Kenneth McKenzie, warnte er am Wochenende davor, dass Iran weitere Angriffe plane. Israels Verantwortung und Wille zum Kampf gegen die "iranische Aggression" sei "absolut", erklärte Netanjahu am Sonntag an der Seite seines neuen Verteidigungsministers Naftali Bennett.  

Eine Warnung an die Nachbarländer stieß auch der stellvertretende Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden, Brigadegeneral Ali Fadavi, aus. "Während der Proteste haben einige unserer Nachbarn gegen gute nachbarschaftliche" Regeln gehandelt. "Wir raten ihnen, sich zurückzuhalten", warnte er bei einer Rede vor weiblichen Basidschi-Mitgliedern, einer freiwilligen Volksmiliz. Auch der Erste Vizepräsident, Es'haq Jahangiri, warnte zuvor "gewisse Regionalstaaten", sollte sich herausstellen, dass sie bei den Protesten eine Rolle spielten. "Sie werden keine friedliche Zeit in der Region haben", sagte er weiter. Am Montag beendeten die iranischen Streitkräfte auch die Großübung "Beschützer des Velayat Himmels-98", bei der die Verteidigung bei einem massiven Luftangriff simuliert wurde. 

Seit einer Woche befindet sich auch der US-Flugzeugträger Harry S. Truman im Einsatzgebiet im Persischen Golf und soll laut US Navy vorerst als Teil der Fünften Flotte in diesen Gewässern operieren. 

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