Nahost

Krieg im Jemen: USA sind Konfliktpartei, die Medien schweigen

In Schweden haben Friedensverhandlungen zwischen Vertretern der jemenitischen Regierung und der Huthi-Bewegung begonnen. Ob sich die einheimischen Konfliktparteien allein einigen können, scheint fraglich. Die USA verfolgen seit langem eigene Interessen im Jemen.
Krieg im Jemen: USA sind Konfliktpartei, die Medien schweigenQuelle: www.globallookpress.com

Anlässlich der in Schweden begonnenen Friedensverhandlungen zwischen Vertretern der jeminitischen Regierung und den gegnerischen Huthis ist der Krieg in dem südarabischen Land wieder verstärkt in den Medien präsent. Vergleicht man hingegen die mediale Berichterstattung über den Krieg in Syrien und den Krieg im Jemen, so ergibt sich ein deutliches Übergewicht des Konfliktes in Syrien hinsichtlich der medialen Präsenz.

Allein eine schnelle Stichwortsuche zu "Krieg Jemen" und "Krieg Syrien" – eingeschränkt auf den Zeitraum ab März 2015, dem Datum, ab dem offizielle ausländische Militärinterventionen in beiden Kriegen zeitlich parallel verlaufen – liefert beispielsweise für die Leitmedien FAZ.NET, Tagesschau.de und Deutschlandfunk.de als Ergebnis eine mindestens viermal so hohe Trefferanzahl zu Berichten vom Krieg in Syrien wie zu solchen vom Krieg im Jemen.

Wie lässt sich dieses bemerkenswerte Missverhältnis in der Berichterstattung der Leitmedien zu diesen beiden Kriegen erklären?

Das schweizerische Portal Swiss Propaganda Research verweist im Zusammenhang mit dieser Frage auf die Rolle der Vereinigten Staaten in diesem Konflikt:

Kein Geringerer als der damalige stellvertretende nationale Sicherheitsberater und spätere CIA-Direktor John O. Brennan erklärte 2012 in einem einstündigen Vortrag vor dem US-amerikanischen Council on Foreign Relations, wie die USA den Jemen in mehrjähriger Arbeit zu einem verbündeten Klientelstaat aufgebaut haben und warum dies von 'anhaltender strategischer Bedeutung' ist.

Diese Arbeit habe dann allerdings der militärische Erfolg der Huthi-Bewegung seit 2015 zunichte gemacht, weshalb die USA als Hegemonialmacht darauf hätten reagieren müssen. Statt jedoch eigene Truppen zu entsenden, hätten sie das saudische Klientelregime und seine Partner die Angriffe fliegen lassen. Aus geostrategischer Sicht handele es sich daher – entgegen häufiger Darstellung – nicht um einen "saudischen Krieg", sondern um einen genuin US-amerikanischen.

Dies erkläre auch die Berichterstattung westlicher Medien über den Jemen-Krieg, die entweder kaum oder verzerrt erfolge – etwa indem im Einklang mit den Darstellungen der US-Regierung eine Einmischung des Iran behauptet wird.

Gestützt wird diese Perspektive einer Beteiligung der USA als Konfliktpartei im Jemen-Krieg vom Nahost-Experten und Professor an der Universität Stockholm Isa Blumi. In seinem aktuellen Buch "Destroying Yemen – What Chaos in Arabia Tells Us about the World" hat er den Konflikt im Jemen und die dahinterstehenden geostrategischen Interessen insbesondere der USA genauer untersucht.

Die zentralen Ergebnisse seiner diesbezüglichen Analyse hat Blumi in einem Interview mit The Real News Network geschildert.

Er weist darauf hin, dass der umkämpfte Teil Jemens, der im Wesentlichen dem Gebiet des ehemaligen Staates Nordjemen entspricht, in der Vergangenheit weitgehend gegenüber imperialen und kolonialen Interessen des Westens – wie auch des einige Zeit dort herrschenden Osmanischen Reiches – erfolgreich eine gewisse Souveränität behaupten konnte. Gleichwohl machten seine strategische Lage und Rohstoffvorkommen den Nordjemen weiterhin zu einem bevorzugten Ziel für imperiale Interessen, insbesondere in den Zeiten der finanziellen Turbulenzen und Unsicherheiten seit der Jahrtausendwende:

Und das hat sich nur noch verschlimmert, da sich das Imperium seit der globalen Finanzkrise der letzten 20 Jahre dramatisch verändert hat. Die ständige Suche nach Anlagemöglichkeiten, nach Kapitalprofiten, um die Ersparnisse der Mitglieder des Golfsicherheitsrates von den Aktienmärkten in der Region oder von Investitionen in Immobilien in der Region auf die Märkte in der westlichen Welt umzuleiten, hat dazu geführt, dass das Ausmaß an gewalttätigen Rivalitäten in dieser Region ständig zugenommen hat. Und der Jemen ist seit langem im Fadenkreuz solcher essenziellen strategischen Interessen.

Dabei gehe es auch ganz unmittelbar um handfeste, sofortige Profite: für den militärisch-industriellen Komplex, Waffenhändler, Logistikunternehmen, Finanzakteure und nicht zuletzt PR-Agenturen, die dafür bezahlt werden, diese ganze Kampagne zu begleiten und zu vertuschen.

Und in der Tat handelt es sich um eine Kampagne zur völligen Umstrukturierung der regionalen Wirtschaft, um sicherzustellen, dass China und andere Rivalen des transatlantischen Westens nicht in genau diesen Gebieten Fuß fassen, mit seinen letzten noch ungenutzten natürlichen Ressourcen: von den Fischgründen, den Minen, dem Öl und Gas, bis hin zu den strategischen Nädelöhren wie dem Bab-al-Mandeb (...)

(...) all dies ist Teil dieses langfristigen Projekts, die Region völlig neu auszurichten, um aus ihr eine interessante Art von autarker groß angelegter Produktionszone für die Landwirtschaft, für die Industrialisierung zu formen – nicht unbedingt in einer Abkehr von Öl und Gas, sondern in einer Art Nutzbarmachung jeglicher Ressourcen, welche Art von Finanzierung sie aus ihrem Öl und Gas erhalten können, um diese Wirtschaften neu auszurichten.

Dieser sehr lukrative Krieg mit seinen langfristigen strukturellen Konsequenzen für die gesamte Region liegt Blumi zufolge im Interesse einiger Akteure in Washington und in der gesamten transatlantischen Welt. Doch die USA stünden an vorderster Front und im Zentrum, allein dafür verantwortlich, dass dieser Krieg so weitergeht, wie er ist.

Und dass die Mainstream- und Massenmedien nicht wirklich über den Krieg im Jemen und seine Hintergründe berichten, zeige

die komplizenhafte Verbundenheit der Zentren der Macht in den Finanzkonzernen und der Politik über alle Parteigrenzen von Demokraten, Republikanern, Unabhängigen hinweg (...)

Die traditionellen Medien verstünden daher sehr gut, wie wichtig es ist, über diesen Krieg zu schweigen.

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