Nahost

Informationskrieg: Hat Iran wirklich "15.000 Demonstranten" zum Tode verurteilt?

Die angeblich kurz bevorstehende Hinrichtung von mindestens 15.000 Inhaftierten in Iran hat sich bereits als Fake News herausgestellt. An der öffentlichen Darstellung von Iran wird das aber kaum etwas ändern, da durch Medien spezielle Bilder aus Iran längst erfolgreich in die Köpfe der Menschen im Westen eingepflanzt wurden.
Informationskrieg: Hat Iran wirklich "15.000 Demonstranten" zum Tode verurteilt?Quelle: AFP © Denis Charlet

Eine Analyse von Seyed Alireza Mousavi

In den letzten Tagen wurden die sozialen Medien mit nicht belegbaren Berichten überschwemmt, in denen behauptet wurde, Iran habe mittlerweile – nach den jüngsten Protesten und gewalttätigen Ausschreitungen, die nach dem Tod von Mahsa Amini ausgelöst wurden –, sage und schreibe 15.000 Demonstranten zum Tode verurteilt.

Die selbsternannten Leitmedien in Deutschland haben übereinstimmend im Zuge der hybriden Kriegführung des Westens gegen Iran berichtet, dass 227 Abgeordnete im iranischen Parlament (mit 290 Abgeordneten) dafür gestimmt hätten, 15.000 Menschen der Protestierenden als "Muhāraba" (etwa: Krieger gegen Gott)  zu verurteilen. Eine solche Verurteilung ist in Iran mit einer der schwersten Bestrafungen belegt, die das Strafgesetz vorsieht, und dabei handelt sich um de facto um ein Todesurteil.

Diese Behauptungen über die angeblich bevorstehende "Massenhinrichtung" gehen größtenteils auf einen Bericht des im Vereinigten Königreich ansässigen und von Saudi-Arabien finanzierten Satellitensenders Iran International vom 6. November zurück, der sich dabei auf einen von der Mehrheit der iranischen Abgeordneten unterzeichneten Brief an die iranische Justiz bezog.

In diesem Schreiben forderten 227 von 290 Abgeordneten die iranische Justiz auf, harte Strafen für die an den Unruhen Beteiligten zu erwägen. Dabei ist jedoch einerseits weder die Rede von der Zahl 15.000 der Protestierenden noch von der angeblichen Forderung nach deren Hinrichtung. 

Die Abgeordneten des iranischen Parlaments forderten in dem Brief lediglich von allen Staatsbeamten einschließlich der Justiz, so schnell wie möglich, also in kürzester Zeit diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die in Iran wie anderswo bewaffnete IS-Kämpfer das Leben und das Eigentum von Menschen angegriffen hatten. Dabei ist auch anzumerken, dass dieser Brief insbesondere im Kontext des jüngsten IS-Terroranschlags auf eine Pilgerstätte in Iran verfasst worden war. Die westlichen Leitmedien jedoch haben in den letzten Tagen die Bedeutung dieses IS-Terroranschlags in Iran heruntergespielt, wobei bislang nicht einmal irgendein westlicher Spitzenpolitiker diesen Anschlag verurteilte.

Inzwischen haben allerdings einige der betreffenden Medien ihre Fake News zur angeblichen Massenhinrichtung in Iran wieder gelöscht. An der öffentlichen Wahrnehmung über Iran wird das aber kaum etwas ändern, da durch Medien spezielle Bilder aus Iran längst erfolgreich in die Köpfe der Menschen im Westen eingepflanzt wurden.

Hinzu kommt, dass in Wirklichkeit hat eine solche Anweisung in Teheran nicht stattgefunden hat, denn die Unterzeichnung eines solchen Briefes ist nirgendwo als Verabschiedung eines Gesetzes anzusehen. Außerdem erlässt bekanntlich das iranische Parlament keine Urteile, da nach der iranischen Verfassung die Justiz auch in der Islamischen Republik Iran als eigenständige Gewalt im Staate verankert ist.

Viele westliche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens – darunter auch der kanadische Premierminister Justin Trudeau oder Prominente wie Peter Frampton, Sophie Turner und Viola Davis – haben bereits erfolgreich "Öl ins Feuer gegossen" und verbreiteten schamlos die neuesten Fake News gegen Iran.

Bislang wurde nur ein Iraner in Bezug auf die jüngsten Unruhen in Iran zum Tode verurteilt. Die Justizbehörden erklärten einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zufolge, ein "Unruhestifter" sei am Sonntag wegen Brandstiftung an einer staatlichen Einrichtung sowie Gefährdung der nationalen Sicherheit zum Tode verurteilt worden.

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