Nahost

Einfluss der USA schwindet: Nahost reagiert gespalten auf Ukraine-Krieg

Der Nahe Osten reagiert gespalten auf den Ukraine-Krieg, während der US-Einfluss in der Region schwindet. Der Ukraine-Krieg enthüllt die Doppelmoral des Westen, wie mit zweierlei Maß das Töten und die Flucht von Menschen einerseits in der Ukraine und anderseits in Konflikten wie in Jemen, Syrien oder Palästina gemessen wird.
Einfluss der USA schwindet: Nahost reagiert gespalten auf Ukraine-KriegQuelle: AFP © Louai Beshara

Der Ukraine-Krieg in Osteuropa hat bereits erkennbar globalen Dimensionen angenommen. Seit der Abstimmung in der UN-Vollversammlung am 2. März zur Verurteilung des Ukraine-Krieges sehen sich auch die Staaten und die Bevölkerung im Nahen Osten gezwungen, sich zu diesem Konflikt zu positionieren. 

Im Irak wurden kürzlich als ein merkwürdiger Schritt Plakate von Putin im Sinne möglicher Unterstützung der russischen Sonderoperation in Ukraine verboten. Hintergrund war zuvor ein großes Putin-Plakat, das im Zentrum der Hauptstadt Bagdad angebracht worden war. Es zeigte neben Putins Gesicht die Aufschrift "We support Russia" (Wir unterstützen Russland). Anschließend entfernten Sicherheitskräfte in der Hauptstadt umgehend das Plakat wieder.

Die russische Botschaft in Bagdad postete am Mittwochabend der letzten Woche ein Foto dieses Plakats auf Twitter. Wer es angebracht hatte, blieb zunächst unklar. Irakischen Angaben zufolge hing es aber in unmittelbarer Umgebung von Büros schiitischer Milizen. Die schiitischen Kämpfer im Irak sind mit Iran verbündet, der wiederum an der Seite Russland im syrischen Konflikt gegen die islamistischen Terrorgruppen kämpft. 

Schiitische Milizen sehen in Putin einen festen, verlässlichen Partner, der – anders als die US-Amerikaner – seine Verbündeten nicht fallen lässt, kommentiert die AP-Agentur aus Irak. In ihren Kreisen hätten sie sogar einen liebevollen Spitznamen für Putin, nämlich "Abu Ali", was unter schiitischen Muslimen ein gebräuchlicher Name ist und eine gewisse Kameradschaft widerspiegeln soll.

Irak enthielt sich kürzlich der Stimme zur Resolution einer Verurteilung des Ukraine-Krieges bei der UN. In Libanon wetterte die Hisbollah-Bewegung gegen die Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine bei der UN-Vollversammlung durch die libanesische Regierung und forderte vielmehr Neutralität.

Politische Eliten, die eng mit dem Westen verbündet sind, scheuen davor zurück, die USA und die Europäische Union womöglich vor den Kopf zu stoßen. Solche Auseinandersetzungen zeigen die tiefe Spaltung über den Ukraine-Krieg im Nahen Osten, wo sich Moskau in den letzten Jahren als Schlüsselfigur etabliert hat und mächtige Freunde unter staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren gefunden hat, während der US-Einfluss in der Region sukzessive schwindet.

Im Libanon sorgte eine ungewöhnliche Erklärung des Außenministeriums für Irritationen und verärgerte die Kremlführung, als Russlands Angriff auf die Ukraine angeprangert wurde, was wiederum die libanesische Regierung dazu bewegte klarzustellen, dass der Libanon nicht die Absicht habe, in diesem Konflikt Partei zu ergreifen, sondern neutral bleiben wolle.

Der Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah kritisierte vor Kurzem die mehrheitliche Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf die Ukraine-Krise und kritisierte ihre Gleichgültigkeit und Doppelmoral gegenüber jenen Kriegen gegen den Irak, Afghanistan, Palästina, Syrien und den Jemen. Die USA seien schuld an der Krise in der Ukraine, da man in Washington, D.C. dieses Szenario wochenlang angestachelt und daran gearbeitet habe, betonte Nasrallah.

Studenten und Mitarbeiter der al-Baath-Universität in Homs veranstalteten am Dienstag eine Solidaritäts-Demonstration zur Unterstützung Russlands und seiner Bevölkerung gegen die westliche US-Politik, die darauf abzielt, Sicherheit und Stabilität zu untergraben.

Die Teilnehmer der Veranstaltung hissten die syrische und die russische Nationalflagge und sangen für einen Sieg beider Länder über Terrorismus und Nazismus.

Die iranische Regierung sieht die Verantwortung für diesen Krieg in der Ukraine bei den USA. Der oberste iranische geistliche Führer Ajatollah Ali Chamenei erklärte in einer Fernsehansprache, dass die USA und westliche Mächte ihre Verbündete immer im Stich ließen. Die Vorstellung, dass sie ihre Marionettenregime unterstützten, sei eine "Fata Morgana":

"Alle vom Westen abhängigen Regierungen sollen nun wissen: Der ukrainische Präsident und der geflüchtete afghanische Präsident haben selbst eingeräumt, dass sie den USA und westlichen Regierungen vertrauten, aber der Westen sie alleinließ."

Die vom Westen geförderten Medien – wie der persische Ableger der BBC – versuchten in letzter Zeit, Zwietracht zwischen Regierung und Bevölkerung in Iran zu schüren, indem sie behaupteten, dass Teheran die Fortsetzung des Krieges in Ukraine unterstützt hätte. Iran enthielt sich der Stimme bei der UN-Resolution zum Ukraine-Krieg. Chamenei sagte ausdrücklich in seiner Fernsehansprache: "Natürlich sind wir auch für ein baldiges Ende des Krieges sowie der Zerstörung und Tötung von Zivilisten (...), aber die Wurzeln des Konflikts liegen auch in der Politik der USA".

Der Krieg in der Ukraine hat im Nahen Osten eine Debatte über die Doppelmoral des Westens ausgelöst. Insbesondere ist im arabischen Raum die Empörung darüber groß, wie unterschiedlich in der Europäischen Union Geflüchtete, nämlich aus der Ukraine besser als arabische Geflüchtete aus Syrien oder Irak behandelt werden. Dabei kursieren Videos von westlichen Journalisten, die sich in ihrer Berichterstattung zu offen rassistischen Aussagen hinreißen lassen, dass etwa angeblich die Ukraine – im Gegensatz zum Jemen oder Syrien – ein "zivilisiertes" Land sei.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
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Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.