Nahost

Saudischer Ex-Geheimdienstler bezeichnet bin Salman als "Psychopathen" – und erhebt schwere Vorwürfe

Ein saudischer Ex-Geheimdienstler und Kritiker des Kronprinzen Mohammed bin Salman behauptet, dass der Thronfolger versuche, ihn wegen der in seinem Besitz befindlichen Geheimnisse zu töten. Den Prinzen bezeichnete er als "Psychopathen ohne Empathie".
Saudischer Ex-Geheimdienstler bezeichnet bin Salman als "Psychopathen" – und erhebt schwere VorwürfeQuelle: Reuters © Bandar Algaloud / Courtesy of Saudi Royal Court

Einst war er einer der wichtigsten Geheimdienstler Saudi-Arabiens, später entwickelte er sich zu einem scharfen Kritiker des Kronprinzen Mohammed bin Salman: Saad bin Khalid Al Jabri, der seit 2017 im kanadischen Exil lebt, sprach in einem Interview über den saudischen Thronfolger und behauptete, bin Salman habe ein Team von Söldnern, um Entführungen und Tötungen ohne Gerichtsverfahren durchzuführen.

Bereits in der Vergangenheit hatte der ehemalige Staatsminister und enge Vertraute des früheren Kronprinzen und Innenministers Saudi-Arabiens, Mohammed ibn Naif, wiederholt behauptet, dass bin Salman – auch MBS genannt – ein Komplott schmieden würde, um ihn zu töten. Al Jabri floh aus Saudi-Arabien nach Kanada, nachdem bin Salman den früheren Kronprinzen ibn Naif von seinem Posten verdrängt hatte.

In einem äußerst brisanten Interview mit dem US-Sender CBS verschärfte der Ex-Geheimdienstler seine Anschuldigungen gegenüber dem De-facto-Herrscher des saudischen Königreichs. In der Sendung "60 Minutes" wird Al Jabri als einer der "besten Freunde, die die USA im Kampf gegen den Terrorismus hatten", vorgestellt. Seinem Gesprächspartner Scott Pelley sagte der saudische Ex-General: 

"Ich bin hier, um Alarm zu schlagen wegen eines Psychopathen, eines Mörders im Nahen Osten, der über unendliche Ressourcen verfügt und eine Bedrohung für sein Volk, für die US-Amerikaner und für den Planeten darstellt."

Der Kronprinz sei "ein Psychopath ohne Empathie, der keine Gefühle empfindet und nie aus seinen Erfahrungen gelernt hat. Und wir sind Zeugen der Gräueltaten und Verbrechen dieses Mörders geworden", fügt er hinzu. Der Kronprinz hält vermutlich zwei Kinder des ehemaligen hochrangigen Geheimdienstlers und seinen Schwiegersohn gefangen und versucht, sie als Druckmittel zu benutzen, um ihn zur Rückkehr nach Riad zu bewegen. Die saudische Regierung beharrt jedoch darauf, dass es sich bei Al Jabri um einen Wirtschaftskriminellen handelt, der während seiner Tätigkeit unter ibn Naif mehr als drei Milliarden Dollar veruntreut haben soll.

Der ehemalige hochrangige Offizielle behauptet wiederum, der Grund für seinen enormen Reichtum sei, dass die saudischen Monarchen während seiner Dienstjahre "sehr großzügig" zu ihm gewesen seien. "Das ist eine Tradition in der saudi-arabischen Königsfamilie. Sie kümmern sich um die Menschen in ihrer Umgebung", erklärte er gegenüber CBS.

Um seine Behauptungen über bin Salmans skrupellosen Charakter zu untermauern, erzählte der Ex-Geheimdienstler in der Sendung, wie der heutige Kronprinz einst damit prahlte, er könne den damaligen König Abdullah vergiften, um seinem Vater den Weg zum Thron freizumachen. Al Jabri zufolge habe bei dem Plan ein vergifteter Ring eine zentrale Rolle gespielt. Laut ihm sei die Drohung 2014 während eines Treffens zwischen bin Salman und ibn Naif gefallen, bei dem er selbst ebenfalls anwesend gewesen sei. Al Jabri fügte hinzu, er sei sich aber nicht sicher, ob MBS nur geprahlt oder tatsächliche Pläne offenbart habe. Er behauptete, dass mindestens zwei Aufnahmen von diesem Gespräch existieren würden und er wisse, wo sie seien.

König Abdullah starb 2015 eines vorgeblich natürlichen Todes. Daraufhin wurde bin Salmans 85-jähriger Vater neuer saudischer König. In den vergangenen vier Jahren lag die tatsächliche Macht in den Händen des Kronprinzen. In dieser Zeit avancierte bin Salman zu einer höchst umstrittenen Figur. Er lockerte einige der strengen religiösen Vorschriften im Königreich, erlaubte etwa den Frauen das Autofahren und öffnete unter anderem Kinos. Gleichzeitig ordnete er die Verhaftung zahlreicher Mitglieder der königlichen Familie an, die ibn Naif treu ergeben waren, und ließ sie nur dann wieder frei, wenn sie sich bereit erklärten, auf einen erheblichen Teil ihres Vermögens zu verzichten. Riad hat unter bin Salman seine Militäroperation im Jemen vorangetrieben, die durch Vorwürfe wahlloser Luftangriffe auf Zivilisten seitens der von Saudi-Arabien angeführten Koalition gekennzeichnet ist.

In den westlichen Medien wird weithin angenommen, dass der Kronprinz hinter dem brutalen Mord an dem saudischen Kolumnisten der Washington Post, Jamal Khashoggi, in der Türkei im Jahr 2018 steht. Der scharfe Kritiker der aktuellen saudischen Monarchie wurde während seines Besuchs im saudischen Konsulat in Istanbul von einem mutmaßlichen Killerkommando getötet und zerstückelt, das aus dem Golfstaat in die Türkei gekommen war.

Al Jabri beharrt darauf, dass ihm das gleiche Schicksal wie Khashoggi drohte. Es sei ihm jedoch gelungen zu entkommen, nachdem einer seiner ehemaligen Kollegen ihn über die Gefahr informiert hatte. "Die Warnung, die ich erhielt, lautete, dass ich mich nicht in der Nähe einer saudischen Vertretung in Kanada aufhalten sollte. Begib dich nicht in das Konsulat. Gehe nicht in die Botschaft. Ich fragte 'Warum?' [Sie] sagten: 'Sie haben den Mann zerstückelt, sie haben ihn getötet. Du stehst ganz oben auf der Liste", erzählte Al Jabri. Er behauptete zudem, dass ein sechsköpfiges Team, das von Riad entsandt worden sei, Mitte Oktober 2018 auf dem Flughafen von Ottawa gelandet sei. Die Agenten konnten ihren Auftrag jedoch nicht erfüllen, da sie am Ende abgeschoben wurden, nachdem sie die Zollbeamten angelogen und verdächtige Ausrüstung für die DNA-Analyse mit sich geführt hätten.

Bin Salman "hat Angst vor meinen Informationen", führte der Ex-Geheimdienstler an und fügte hinzu, dass er noch viele weitere belastende Geheimnisse über den Kronprinzen in seinem Ärmel habe. Al Jabri betonte: 

"Ich erwarte, eines Tages getötet zu werden, weil dieser Kerl nicht ruhen wird, bis er mich tot sieht."

Zugleich warnte er, dass ein spezielles "Todesvideo", das diese Geheimnisse enthüllt, sofort veröffentlicht werden wird, sollten die Männer des Kronprinzen ihn irgendwann erwischen.

Bislang hat Al Jabri die Journalisten gebeten, ihn beim Wort zu nehmen, da er keine Beweise für seine Behauptungen über bin Salmans Androhung, den König zu ermorden, oder über ein mutmaßliches saudisches Killerkommando, das nach Kanada geschickt wurde, um ihn zu ermorden, vorgelegt hat. Auch der Grund für den Zeitpunkt des Interviews des 62-Jährigen bleibt unklar. CBS erklärte in seinem Bericht, das Interview von Al Jabri zeige "den Ausmaß seiner Verzweiflung".

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