Nahost

Bomben auf Ärzte und Journalistenbüros – Israel greift Gazastreifen "mit voller Wucht" an

Israel setzt die Luftangriffe auf den Gazastreifen mit voller Härte fort. Allein am Sonntag wurden 42 Palästinenser getötet – darunter 10 Kinder und 16 Frauen. Israels Militär betont, Kommandostrukturen der Hamas zu zerstören. Eines der Ziele war ein Hochhaus mit vielen Medienbüros. Reporter ohne Grenzen hat ein Verfahren beim Internationalen Gerichtshof wegen israelischer Kriegsverbrechen angeregt.
Bomben auf Ärzte und Journalistenbüros – Israel greift Gazastreifen "mit voller Wucht" anQuelle: AP © Adel Hana / AP

Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern dauert weiter an. In der Nacht auf Montag griff Israels Militär großflächig Ziele im Gazastreifen an. Dabei sollen nach Militärangaben auch die Häuser von neun hochrangigen Hamas-Kommandeuren zerstört worden sein. Die Hamas reagierte mit einem Raketenbeschuss auf angrenzende Gebiete in Israel.

Ein Ende der israelischen Militäroperation ist vorerst nicht in Sicht. Am Sonntag machte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu deutlich:

"Unsere Kampagne gegen die Terrororganisationen wird mit voller Wucht fortgesetzt."

Netanjahu hob hervor, die Armee habe bislang mehr als 1.500 Ziele im Gazastreifen attackiert. Der Einsatz "werde noch einige Zeit dauern". Von palästinensischer Seite hieß es, die Angriffe von Sonntag seien die bisher schwersten Luftangriffe in dem dicht besiedelten Küstengebiet gewesen.

Samir al-Khatib, ein Sanitäter aus dem Gazastreifen, berichtet:

"Ein derartiges Ausmaß an Zerstörung habe ich in meinen 15 Jahren als Sanitäter noch nicht gesehen – nicht einmal im Krieg 2014."

Allein in der Nacht auf Sonntag tötete die israelische Armee laut dpa 42 Palästinenser im Gazastreifen. Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) berichtet, darunter seien 10 Kinder und 16 Frauen gewesen. Über 50 Menschen seien zum Teil schwer verwundet worden.

Insgesamt wurden seit dem Beginn der Bombardements am 10. Mai laut AP 188 Palästinenser getötet – darunter 55 Kinder und 33 Frauen. Über 1.200 Menschen wurden verletzt. Auf Seiten der Israelis wurden acht Personen durch den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen getötet – darunter auch ein Kind.

Israel bombardiert Ärzte und Journalisten

Israel gibt vor, vorwiegend militärische Ziele zu bombardieren – etwa ein Untergrundsystem der Hamas oder Wohnhäuser von Hamas-Kommandanten. Dabei werden häufig Häuser von Zivilisten zerstört – mit zahlreichen Opfern. AP zitiert einen Sprecher des israelischen Militärs, wonach dies "unbeabsichtigte Verluste" seien – eine Folge davon, dass "Untergrund-Einrichtungen kollabieren und die zivilen Häuser darüber zum Einsturz bringen".

Einer dieser zivilen Opfer war Dr. Ayman Abu Al-Ouf, Leiter der Abteilung für Innere Medizin am Krankenhaus in Shifa. Al-Ouf war zudem leitendes Mitglied des Corona-Komitees der Klinik. Der Krankenhaus-Direktor von Shifa, Mohammed Abu Selmia, bezeichnet den Tod des 51-jährigen Arztes als "einen enormen Verlust zu einem empfindlichen Zeitpunkt". Zusammen mit dem Mediziner wurden zwei seiner Kinder und zwei weitere Familienmitglieder getötet.

Bei den Bombardements wurden viele der höchsten Gebäude von Gaza-Stadt in Schutt und Asche gelegt – nach Militärangaben gehörten all diese zur Infrastruktur der Hamas. In einem dieser Hochhäuser befanden sich zahlreiche Medienbüros, darunter auch das Büro von AP. Laut der Deutschen Presse-Agentur soll es eine telefonische Warnung für die Journalisten gegeben haben. Sally Buzbee, Leiterin des AP-Büros in Gaza, rief entsetzt dazu auf, eine internationale Untersuchung des Vorfalls einzuleiten.

Laut AP bezeichnete Netanjahu das Hochhaus als "ein völlig legitimes Ziel". Das Gebäude habe nach Geheimdienstinformationen zum Netzwerk der Hamas gehört. AP zweifelt dies jedoch an. Buzbee macht deutlich:

"Wir sind in einer Konfliktsituation. Wir stellen uns auf keine der Konfliktseiten. Wir hören, die Israelis wollen Beweise haben, aber wir wissen nicht, was das für Beweise sein sollen."

Reporter ohne Grenzen rief indessen den Internationalen Strafgerichtshof an, ein Ermittlungserfahren wegen möglicher israelischer Kriegsverbrechen einzuleiten. Die Organisation listet auf, dass die Büros von 23 lokalen und internationalen Medienanbietern innerhalb der letzten Tage zerstört wurden. Sie argumentiert, die Attacken dienen dazu, "die Kapazität der Medien, die Öffentlichkeit zu informieren, zu reduzieren oder sogar zu neutralisieren".

Internationale Bemühungen um eine Deeskalation

Die Versuche internationaler Vermittler, eine Waffenruhe zu erzielen, blieben bislang erfolglos. UN-Generalsekretär António Guterres warnte bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York vor unkontrollierbaren Folgen des Konflikts für den gesamten Nahen Osten.

Die USA versuchen sich als Vermittler zwischen Israelis und Palästinenser ins Spiel zu bringen. US-Präsident Joe Biden wandte sich in einer Videoansprache an die Öffentlichkeit und argumentierte, dass "Palästinenser und Israelis gleichermaßen ein Leben in Sicherheit und Geborgenheit verdienen" und "ein gleiches Maß an Freiheit, Wohlstand und Demokratie genießen" sollen. US-Außenminister Antony Blinken beriet sich am Sonntag mit seinem saudi-arabischen Amtskollegen Faisal bin Farhan al-Saud. Nach Angaben des US-Außenministeriums ging es dabei vor allem um die fortlaufenden Bemühungen, die Spannungen in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen abzubauen und die Gewalt zu beenden.

Russland hat ein sofortiges Ende der Gewalt im Nahost-Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern gefordert. "Vorrangige Aufgabe ist es, das Blutvergießen zu beenden", sagte der Vize-Außenminister Sergei Werschinin auf der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Alle Parteien müssten sich an das Völkerrecht halten, um Schäden für Zivilisten sowie die von Medien genutzte Infrastruktur zu verhindern. Werschinin betonte:

"Wir verurteilen nachdrücklich die Anwendung von Gewalt."

Der russische Vize-Außenminister führte die Entwicklung auf fehlende Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien zurück. Es gebe "keine Alternative zu einer politischen Beilegung bestehender Differenzen". Für eine Deeskalation der Lage halte es Russland für wichtig, dringend ein Treffen des Nahost-Quartetts einzuberufen, schrieb Werschinin. Die Gruppe besteht aus den USA, Russland, den Vereinten Nationen und der EU.

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(rt/dpa)

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