Nahost

Türkei räumt ihren größten militärischen Posten im Nordwesten Syriens

Der Zweck der militärischen Posten war gemäß der Sotschi-Vereinbarung 2018 zwischen der Türkei und Russland Deeskalation. Nun räumt die Türkei ihren größten Posten zwischen Hama und Idlib – trotz früherer Verlautbarungen, die Stützpunkte seien "nicht verhandelbar".
Türkei räumt ihren größten militärischen Posten im Nordwesten SyriensQuelle: www.globallookpress.com

Die Türkei zieht Truppen aus ihrem Beobachtungsposten in Morek im nordsyrischen Distrikt Hama an der Frontlinie für die von der Türkei unterstützten islamistischen Kämpfer gegen die syrische Regierung südlich von Idlib ab. Am Montagmorgen wurde beobachtet, wie Lastkraftwagen und Geländefahrzeuge in die Einrichtung hineinfuhren und die Soldaten abtransportierten.

Der türkische Beobachtungsposten in Morek war nur einer von einem Dutzend militärischer Posten, die von türkischen Soldaten 2018 aufgestellt wurden und den fehlgeschlagenen Zweck hatten, Gefechte zwischen den russisch unterstützten syrischen Truppen und den von der Türkei unterstützten Rebellengruppen abzuschwächen, die zu der Zeit den Nordwesten der Region Idlib kontrollierten.

Morek war unter mehreren anderen Posten im letzten Jahr von der voranschreitenden syrischen Armee umzingelt worden. Ankara hatte die Posten seitdem bemannt gelassen und die Rebellen verstärkt, um einerseits die Regierungstruppen und andererseits den möglichen Zustrom von Millionen von Flüchtlingen in die Türkei zurückzuhalten. In der Türkei befinden sich derzeit 3,6 Millionen syrische Flüchtlinge. Weitere circa zwei Millionen Menschen flohen aufgrund der Kämpfe um Idlib an die türkisch-syrische Grenze.

"Posten in Morek hat keinen militärischen Wert mehr"

Idlib ist nach fast neun Jahren Bürgerkrieg in Syrien das letzte große Rebellengebiet. Die syrischen Streitkräfte sind auf dem Vormarsch. Die Türkei unterstützt in dem Bürgerkrieg die Rebellen. Sie hatte sich mit Syriens Schutzmacht Russland im Rahmen des Astana-Prozesses in der Vereinbarung von Sotschi 2018 auf eine Deeskalationszone für Idlib geeinigt und zwölf Beobachtungsposten errichtet. Das Gebiet wurde von der Miliz Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS) kontrolliert, die dem Terrornetzwerk Al-Qaida nahesteht. In der Region leben geschätzt rund drei Millionen Menschen. Hunderttausende flohen vor syrischen und russischen Angriffen – auch in Richtung der türkischen Grenze. Nach heftigen Gefechten zwischen syrischen Regierungstruppen und Rebellen, bei denen auch türkische Soldaten getötet wurden, kam es am 5. März 2018 zu einem Waffenstillstand.

Die Türkei hatte in der Vergangenheit die Räumung der Posten in Idlib offiziell kategorisch ausgeschlossen. Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar hatte früher behauptet, die Türkei werde keinen einzigen militärischen Beobachtungsposten in den Deeskalationszonen in Idlib evakuieren. Dieser Punkt sei nicht verhandelbar. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am Montag aus türkischen Quellen vor Ort, der Posten in Morek habe keinen militärischen Wert mehr. Doch die türkischen Streitkräfte beabsichtigten nicht, in dieser Phase noch weitere Beobachtungsposten zu räumen, so die Quelle, die anonym bleiben wollte.

Der Rückzug werde mehrere Tage in Anspruch nehmen, sagte die Quelle und fügte hinzu, der Rückzug sei ein Teil des türkischen Beitrags, "die Waffenstillstandslinie zu konsolidieren".

Idlib: Die letzte Festung der Rebellen

Die Türkei hatte die Rebellen unterstützt, die Baschar al-Assad stürzen wollten. Doch Syrien schlug mit der Unterstützung Russlands und des Iran die Aufständischen, die einmal Damaskus eingekreist und fast auch eingenommen hätten, bis auf ihren letzten Rückzugsort Idlib zurück.

Im Laufe der unaufhörlichen Angriffe der Regierungstruppen waren die Rebellen immer weiter gegen Norden gedrängt worden. Idlib gilt als die Hochburg der islamistischen Rebellen. Die Türkei hatte gemäß der Vereinbarung von Sotschi 2018 die Eindämmung und Entwaffnung der dschihadistischen Kämpfer zugesichert. Russland hatte der Türkei vorgeworfen, die Entwaffnung der Dschihadisten nicht konsequent durchzuführen. 

Die in Morek im Norden von Hama stationierten türkischen Truppen begannen, für die Vorbereitung des Abzugs ihre logistische Ausrüstung und die Kontrolltürme abzumontieren. Sie zögen zu den Zawiya-Bergen im Süden von Idlib, hieß es gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Sputnik. Es ist davon auszugehen, dass Morek unter syrische Kontrolle fällt, nachdem Syrien den Norden von Hama sicherte. 

Bisher gibt es von türkischer Seite keine offizielle Bestätigung der Räumung des größten türkischen Beobachtungspostens Nr. 9 in Morek.

Der Friedensprozess: Genf und/oder Astana?

Parallel zu den Friedensgesprächen für Syrien in Genf betreiben Russland, die Türkei und der Iran seit 2015 eine getrennte Friedensinitiative, der mit einer Konferenz in Astana begonnen hatte. Die Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen in Genf befinden sich seit Langem in der Sackgasse. An den Gesprächen in Sotschi 2018 im Rahmen des Astana-Formats nahm auch der UN-Syrien-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura teil. Unter seiner Leitung soll eine neue Verfassung für das Bürgerkriegsland entworfen werden.

Der Westen betrachtet den Astana-Prozess als hilfreich, solange er Fortschritte bringt und am Ende in die Genfer UN-Verhandlungen mündet.

Mehr zum Thema - Ein geopolitischer Wendepunkt: Russlands Zugang zum Mittelmeer alarmiert EU und Transatlantiker

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.