Nahost

Friedensgespräche zu Afghanistan: Wie die USA ihre Niederlage als Sieg verkaufen wollen

Die USA marschierten seinerzeit angeblich in Afghanistan ein, um die Taliban zu bekämpfen und den Afghanen "Demokratie und einen säkularen Staat" zu bringen. Nun vermitteln sie zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban, um einen Frieden zu erzielen.
Friedensgespräche zu Afghanistan: Wie die USA ihre Niederlage als Sieg verkaufen wollenQuelle: Reuters © Ibraheem al Omari

Unmittelbar nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den USA, bei denen mehr als 3.000 Menschen starben, begann der Afghanistan-Krieg. Die Taliban-Regierung in Afghanistan soll die für die Anschläge verantwortliche Terrorgruppe Al-Qaida unterstützt haben. Das Militärbündnis NATO antwortete am 7. Oktober 2001 mit einer von den USA angeführten Offensive gegen die Taliban. Die USA marschierten seinerzeit in Afghanistan ein, um die Taliban zu bekämpfen und den Afghanen "Demokratie und einen säkularen Staat" zu bringen. Seit der militärischen Intervention der NATO in Afghanistan herrscht in diesem Land jedoch Chaos und Gewalt.

Jahrelang lehnten die aufständischen Taliban Verhandlungen mit der afghanischen Regierung ab. Nun kommen die Konfliktparteien erstmals zu Friedensgesprächen zusammen. Zum ersten Mal seit Ende 2001 redeten die afghanische Regierung und die Taliban unter US-Vermittlung am 12. September direkt miteinander. Das Treffen in Doha sollte ein historischer Wendepunkt für Frieden in Afghanistan werden.

Auf der einen Seite saß die Regierungsdelegation um Abdullah Abdullah, den Vorsitzenden des "Hohen Rats für nationale Versöhnung". Auf der anderen saßen die Abgesandten der Taliban um deren Vizechef, Mullah Abdul Ghani Baradar. Als Gastgeber fungierte der katarische Außenminister Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al-Thani, gemeinsam mit seinem US-Amtskollegen Mike Pompeo und dem Afghanistan-Sonderbeauftragten Washingtons, Zalmay Khalilzad.

Pompeo forderte, den historischen Moment zu nutzen und den Friedensprozess zu schützen.

Khalilzad betonte im Vorfeld der Gespräche, dass es keine politische Lösung ohne Kompromisse gebe. Die jüngste afghanische Geschichte zeige, dass das Streben nach einem Machtmonopol und die gewaltsame Durchsetzung der eigenen Ideologie zu Konflikten führe und das Land anfällig für Einmischung anderer Akteure mache.

Der Erfolg des Zusammentreffens in Doha war zu Beginn allerdings nicht sicher. Abdullah machte in seinem Auftaktstatement deutlich, dass die Regierung in Afghanistan auf "eine humanitäre Waffenruhe" dränge. Die USA und die Taliban hatten bereits im Februar ein Abkommen in Doha geschlossen, wonach beide Seiten sich auf einen Waffenstillstand in Afghanistan einigten. Jedoch gebe es weiter Gewalt, fuhr Abdullah fort.

Taliban-Vertreter Baradar ging in seiner Rede nicht auf Abdullahs Forderung ein. Die Taliban verweigerten sich den Rufen nach einer länger andauernden Waffenruhe bislang. Baradar hob hervor: "Wir wollen, dass Afghanistan in Zukunft in der Region und auch mit anderen Ländern der Welt ein positives und auf gegenseitigem Respekt basierendes Verhältnis hat." Zugleich unterstrich er, dass Afghanistan ein islamisches System haben sollte. Er rief die Vereinigten Staaten dazu auf, ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen von Ende Februar zu erfüllen – gemeint ist damit der Abzug der ausländischen Truppen bis Mai 2021.

Trump warb bereits im Wahlkampf damit, die "endlosen Kriege" zu beenden. Vor Kurzem kündigte er eine Verringerung der US-Truppenstärke in Afghanistan an. Obwohl Trump dabei einen kompletten Rückzug der US-Truppen aus dem Irak in Aussicht gestellt hatte, nannte das Pentagon dies kurz darauf doch verfrüht. Pompeo hob kurz vor Beginn der Gespräche in Doha hervor, dass der Fortgang des amerikanischen Truppenabzugs davon abhänge, ob die Taliban ihre Zusagen einhielten. Im Februar einigten sich die Vereinigten Staaten und die NATO darauf, alle ihre Truppen innerhalb von 14 Monaten nach den Verhandlungen mit den Taliban in Katar aus Afghanistan abzuziehen. Hier ist anzumerken, dass die afghanische Regierung an dem Abkommen von Ende Februar nicht beteiligt war.

Diese Gespräche kamen zustande, als Afghanistan den Austausch von Gefangenen und Häftlingen zwischen der afghanischen Regierung und den aufständischen Taliban nach Auffassung der Regierung in Kabul abgeschlossen hatte. Afghanistan lasse gefährliche Taliban-Kämpfer frei, hieß es seinerzeit bei der Deutschen Welle. Die Taliban töteten seit dem Abkommen mit den Vereinigten Staaten keine NATO-Soldaten mehr, führten ihren Kampf gegen die afghanischen Sicherheitskräfte aber weiter. Jahrelang hatten die Islamisten Gespräche mit Kabul abgelehnt und die Regierung als "Marionette des Westens" bezeichnet.

Ob es in den nächsten Monaten zu einer Waffenruhe in den Verhandlungen zwischen Taliban und afghanischen Regierung kommt, wird von Experten mit Skepsis gesehen. Tatsache ist, dass die USA aus ihrer Niederlage in Afghanistan einen Sieg machen wollen. Der Krieg für die Demokratie, den die USA ihrem Weltbild nach in Afghanistan führen, ist allerdings längst gescheitert. 

Pompeo forderte in Doha beide Seiten auf, die Gelegenheit für einen dauerhaften Frieden in Afghanistan zu nutzen. "Die Wahl Ihres politischen Systems liegt bei Ihnen", sagte er. Pompeos Aussage war eine Anspielung auf die Taliban-Forderung nach einer islamischen Rechtsordnung in Afghanistan als Grundlage der Verhandlungen. Es scheint, dass die USA den Afghanen nicht mehr ihre eigenen Wertvorstellungen aufzwingen wollen und "der Kampf für Demokratie" seine Endstation erreicht hat.

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