Nahost

Israelis können aufatmen: Keine Neuwahlen, Kompromiss im Etatstreit

Israel hat sich auf keinen Etat geeinigt. Aber dennoch wird das Parlament nicht aufgelöst. Es gibt keine Neuwahlen. Das Parlament hat nun eine Gesetzesinitiative gebilligt, die auf einen Kompromiss hinausläuft. Der Stichtag für den Etat wird vier Monate verschoben.
Israelis können aufatmen: Keine Neuwahlen, Kompromiss im EtatstreitQuelle: Reuters © Abir Sultan /Pool

Heute war der Stichtag: Bis zum Montag, den 25. August, hätte der Haushalt verabschiedet werden müssen, sonst hätte sich nach israelischem Gesetz das Parlament auflösen müssen. Die Folge: Neuwahlen! In Israel wäre es die vierte Wahl binnen eineinhalb Jahren.

Der Grund: In der erst seit Mai bestehenden Koalition aus dem rechtskonservativen Likud von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dem Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Verteidigungsminister Benny Gantz kam es wegen des Streits um den Haushalt zu großen Spannungen.

Worum geht es bei dem Etatstreit?

Die Krise entzündete sich an einem Konflikt darüber, ob die Regierung einen Haushalt  nur für das laufende Jahr oder auch für 2021 verabschieden sollte. Im Koalitionsabkommen war zwar eindeutig festgelegt worden, dass die Regierung einen Haushalt für 2020 und 2021 verabschieden wird. Zuletzt hatte Netanjahu diese Zusage jedoch zurückgezogen. Er erklärte dies mit der Corona-Krise. Kritiker gingen jedoch davon aus, dass er mit dem Schritt verhindern wollte, dass Verteidigungsminister Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß im Herbst kommenden Jahres vereinbarungsgemäß das Amt des Ministerpräsidenten übernimmt. Teil der jüngsten Spannungen war auch, dass Blau-Weiß dem Likud und Netanjahu vorwarf, im Zuge der Kompromissfindung die Besetzung wichtiger Justizposten manipulieren zu wollen. Gegen Netanjahu läuft derzeit ein Korruptionsprozess

Wie sieht der Kompromiss aus?

Nun gibt es zwar kein gebilligtes Etat, aber es gibt einen parlamentarischen Kompromiss zur Verschiebung des Stichtags. Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Sonntag erklärt, er nehme einen Kompromissvorschlag in Israels Etatstreit an. In einer Knesset-Abstimmung hat sich die Politik nun darauf geeinigt, dass der Etat spätestens im Dezember dieses Jahres stehen soll. Die gebilligte Gesetzesinitiative räumt nun noch Zeit für die Verabschiedung des Haushalts ein. Der Kompromiss verschafft den Koalitionären nun 120 Tage Zeit bis zum 23. Dezember, um sich zu verständigen. Bisher hatte die Regierung den Haushaltsplan des letzten Jahres benutzt. 

Nur Stunden vor diesem Kompromiss trat Netanjahu in einer überraschend angesetzten Pressekonferenz auf und sagte:

Dies ist eine Zeit für Einheit, nicht für Wahlen.

Der Vorsitzende der rechtskonservativen Likud-Partei rief seinen Koalitionspartner, das Mitte-Bündnis Blau-Weiß, dazu auf, "für gemeinsame Ziele zu arbeiten". Nach dem "historischen" Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten strebe man Vereinbarungen mit weiteren Staaten in der Region an, sagte Netanjahu in dieser Pressekonferenz.

Zuvor hatte auch der israelische Präsident Reuven Rivlin Gespräche mit den Koalitionspolitikern in Israel geführt, um eine Neuwahl abzuwenden. Er hatte Politiker vor einem kompletten Vertrauensverlust der Öffentlichkeit gewarnt.

Welche Probleme warten auf eine Lösung?

Hohe Corona-Zahlen sowie wirtschaftliche und soziale Folgen einer ersten Lockdown-Phase machen Israel derzeit schwer zu schaffen. Im April hat die Arbeitslosigkeit eine Höchstrate von 27 Prozent erreicht. Es wird über eine zweite Corona-Welle und einen zweiten Lockdown gemunkelt.

Ein aktuelle Meinungsumfrage zeigte Likud mit 29 Sitzen – in den letzten Wahlen im März dieses Jahres waren es 36 – als Spitzenreiter im Falle von Neuwahlen.

Blau-weiß von Bruno Gantz würde nur noch 9 Sitze erringen. Im Vergleich: In den März-Wahlen waren es noch 33 Sitze.

Likuds Position ist zwar geschwächt, aber in der Meinungsumfrage ist die Partei immer noch ganz klar die größte Partei",

so die politische Analystin Dahlia Scheindlin.

Netanjahu hat sowohl Interesse an Neuwahlen als auch daran, mit Neuwahlen zu drohen.

Netanjahu weist nachdrücklich auf das Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten als außenpolitischen Erfolg hin. Doch seit Wochen demonstriert die israelische Bevölkerung zuletzt auch vor dem Regierungssitz gegen Korruption und Schiebung. Netanjahu ist der erste Ministerpräsident in Israel, der der Vorteilnahme und Korruption im Amt angeklagt und deswegen vor Gericht gestellt werden wird.

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