Asien

Keine Alternative: Japans Premier Abe hält sich trotz Skandals weiter im Amt

Trotz sich anhäufender Anschuldigungen im sogenannten Kirschblütenskandal hält sich Japans Premier Shinzō Abe weiterhin im Amt, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Bevölkerung und Medien fordern mehr Transparenz – bislang jedoch vergeblich.
Keine Alternative: Japans Premier Abe hält sich trotz Skandals weiter im AmtQuelle: Reuters © Charly Triballeau/Pool via REUTERS

von Marko Klaić

Es ist mittlerweile reine Routine für Premier Abe, sich in politischen Skandalen wiederzufinden und diese, durch anfängliches Schweigen und anschließender Leugnung, von sich zu weisen. Der langamtierende Regierungschef versteht es nämlich, die Grenzen seines Amtes auszutesten sowie sich zugleich medialer und oppositioneller Kritik geschickt zu entziehen. Trotz Unmuts in der Bevölkerung und fallender Umfragewerte ist sich Abe seiner fortwährenden Amtszeit sicher. Doch weshalb?

Die Liberal-Demokratische Partei (LDP) wird von der Bevölkerung mehrheitlich als einzig regierungsfähige Partei gehandhabt und konnte sich dadurch in beiden Kammern des japanischen Parlaments langjährig als stärkste Kraft etablieren. Nach Amtsantritt Abes im Jahre 2012 konnte dieser durch massiven Rückhalt im Parlament viele seiner gemachten Wahlversprechen einlösen und die japanische Wirtschaft durch ambitionierte Konjunkturprogramme, eine signifikante Geldschwemme sowie durch Deregulierungen stärken. Seine gewonnene Popularität sicherte ihm fortwährend parteiinternen Rückhalt als auch Zustimmung innerhalb großer Teile der Bevölkerung. Nicht zuletzt konnte Abe erst vor Kurzem – in einem Staat, in dem die Amtszeit vorangegangener Premierminister meist ein bis zwei Jahre betrug – den Titel als am längsten amtierender Premier der Nachkriegsgeschichte für sich beanspruchen. 

Die LDP hat Abe zu einer Art "Auserwählten" erkoren und ist seit nunmehr sieben Jahren damit bemüht, dieses Sinnbild in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu kommunizieren. So wurde der Hoffnungsträger mit der Aufgabe vertraut, die sogenannte "aufgenötigte Verfassung" – die Japan im Jahr 1947 während der Besatzungszeit von dem Oberkommandierenden für die Alliierten Mächte erhalten hatte – mit einer neuen zu ersetzen, um somit die volle Souveränität des Inselreiches wiederherzustellen. Als Mitglieder der "Nippon Kaigi" – einer überparteilichen, stark nationalistisch ausgerichteten Organisation – treten Abe und weitere Minister seines Kabinetts für eine Änderung des neunten Artikels der japanischen Verfassung ein. Dies würde eine Umstrukturierung der Selbstverteidigungskräfte in ein offizielles Militär bedeuten und somit die bis dato pazifistische Verfassung Japans abschaffen – was die Opposition vehement ablehnt.

Nippon Kaigi (auf Deutsch "Japankonferenz") wird überregional als nationalistische und ultrakonservative Organisation angesehen, die strebsam durch politischen Einfluss versucht, Grundsätze des japanischen Kaiserreiches in Politik und Gesellschaft zu reimplementieren. Weitreichende Aufmerksamkeit erlangte die Organisation in Japan durch das Buch "Eine Studie der Japankonferenz" des Bestsellerautors Tamotsu Sugano. Dieser beschrieb in seinem Buch Nippon Kaigi als eine konservative Lobbygruppe bestehend aus hochrangigen Politikern, die nicht zeitgemäße, diskriminierende sowie nationalistische Ansichten vertreten und deren Salonfähigkeit anstreben. Neben den drei Grundsätzen, sich einen gesunden Nationalgeist, eine wohlhabende Gesellschaft und Harmonie zwischen Mensch und Natur zum Ziel nehmen, propagiert Nippon Kaigi zugleich eine Vision von Japan, in der die Gleichberechtigung der Geschlechter und Rechte von Individuen der LGBT-Community nicht gewährleistet sind. Zudem vertritt sie revisionistische Positionen und fordert, dass an Schulen und Universitäten keine anti-staatlichen Sachverhalte vermittelt werden.

Abe versteht es, mit rechtsorientierten Kräften im Land zu liebäugeln. So besuchte er den kontroversen Yasukuni-Schrein im Herzen Tokios, der die Überreste von 1.054 verurteilten Kriegsverbrechern beherbergt, sowie 14 weitere, die bei den Tokioter Prozessen im Anschluss des Zweiten Weltkrieges als Kriegsverbrecher der "Klasse A" eingestuft wurden. Zur großen Empörung Chinas und Südkoreas ließ sich der Premier 2013 im Cockpit eines militärischen Trainingsflugzeugs mit der Nummer 731 ablichten – einer Einheit, die im Zweiten Weltkrieg unter der Führung des Generalleutnants und Arztes Ishii Shirō chemische und biologische Waffen an der chinesischen und südkoreanischen Zivilbevölkerung testete. Es versteht sich daher, dass die rechtlehnende Wählerschaft in Abe ihre Visionen als vertreten sieht.

Die Dreifachkatastrophe von Fukushima 2011 sowie der Einsturz eines Tunnels 2012, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen, ebnete den Weg für Abes Administration. Die LDP kritisierte den damaligen Premierminister der Demokratischen Partei (DPJ), Naoto Kan, für sein unzureichendes Handeln im Kontext der schweren Störfälle im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi. Darüber hinaus warf die LDP der damals regierenden Demokratischen Partei vor, sich unzureichend um die Infrastruktur zu kümmern, was den Tod von Mitbürgern nahe Tokio zur Folge hatte. Die LDP nutzte beide Tragödien, um sich vor den anstehenden Parlamentswahlen als einzig wahre Option gegenüber der breiten Masse der Wählerschaft zu präsentieren. Eine Alternative zu ihnen gibt es nicht, genauso wenig, wie es jetzt eine zu Abe gäbe.

Dass sich Abe trotz Verwicklung in zahlreichen Skandalen im Amt halten kann, ist daher nicht weiter verwunderlich. Trotz fallender Umfragewerte, kritischer Berichterstattung der Medien sowie oppositionellen Drucks schweigt Abe nach alter Manier zu neuen Vorwürfen im Kirschblütenskandal und erklärt ihn somit de facto für beendet. Experten fürchten jedoch, dass demokratische Prinzipien und das Justizsystem ohne Konsequenzen für den Premier weiterhin ausgehöhlt werden könnten.

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