Asien

Chef der nicht anerkannten Republik Bergkarabach: "Die Waffenruhe wird nicht vollständig befolgt"

Seit dem 10. Oktober gilt in der südkaukasischen Konfliktregion Bergkarabach eine Waffenruhe, die Armenien und Aserbaidschan unter der Vermittlung Russlands vereinbart haben. Doch die Feuerpause ist brüchig, da die Konfliktparteien einander einzelne Angriffe vorwerfen.
Chef der nicht anerkannten Republik Bergkarabach: "Die Waffenruhe wird nicht vollständig befolgt"Quelle: Sputnik

Trotz des in der Nacht zum Samstag unter der Vermittlung Russlands vereinbarten Waffenstillstandes in der südkaukasischen Konfliktregion Bergkarabach werfen Armenien und Aserbaidschan einander andauernde Angriffe vor. Wie der Chef der international nicht anerkannten Republik Arzach, Araik Arutjunjan, auf einem Briefing in Stepanakert mitteilte, werde die Waffenruhe nicht vollständig befolgt: 

Heute Morgen war es relativ ruhig. An der Front kommt es zu Schusswechseln. Ich würde sie aber nicht als Kämpfe bezeichnen.

Arutjunjan zufolge habe die aserbaidschanische Armee noch vor dem Inkrafttreten der Feuerpause eine Operation zur Einnahme der Stadt Hadrut gestartet. Es sei jedoch gelungen, die Kontrolle über die Stadt zurückzuerlangen.

Aserbaidschan warf seinerseits Armenien eine Offensive bei Hadrut und Dschebrail vor, um die verlorenen Stellungen zurückzuerobern. Diese Attacken seien jedoch abgewehrt worden. Außerdem berichteten die aserbaidschanischen Behörden von einem Raketenangriff auf die zweitgrößte Stadt des Landes Gəncə. Dabei seien sieben Menschen getötet und weitere 33, unter ihnen auch Kinder, verletzt worden. Später stufte die aserbaidschanische Generalstaatsanwaltschaft die Zahl der Toten auf neun hoch. 

Das Verteidigungsministerium in der armenischen Hauptstadt Jerewan wies diese Beschuldigungen entschieden zurück. Armenien führe keine Kampfhandlungen, während Aserbaidschan nach wie vor Stepanakert, Hadrut, Martuni und andere Ortschaften im Bergkarabach unter Beschuss nehme.

Der armenische Premierminister Nikol Paschinjan rief inzwischen alle Länder der Welt dazu auf, das Recht Bergkarabachs auf Selbstbestimmung anzuerkennen. Wenn das keine Regierungen und Parlamente tun würden, so könnten dies Völker, Persönlichkeiten und Organisationen tun. Daraus sollte sich eine internationale Bewegung entwickeln.

Der Präsident der nicht anerkannten Republik Arzach, Araik Arutjunjan, sprach seinerseits von einer Völkermordpolitik, die die aserbaidschanische Führung gegenüber der armenischen Bevölkerung im Bergkarabach durchführe. Die Republik Arzach setze ihr Recht auf Selbstverteidigung durch und werde nie ein Teil Aserbaidschans sein. Sollte sich die Führung in Baku nicht willig zeigen, das Problem auf friedlichem Wege zu lösen, könnte Stepanakert Jerewan und die internationale Gemeinschaft darum bitten, seine Unabhängigkeit anzuerkennen.

Inzwischen lobte der aserbaidschanische Staatschef Ilcham Alijew in einem am Sonntag veröffentlichten Interview für das russische Medienunternehmen RBK die Rolle Russlands bei der Vermittlung im jahrzehntelangen Konflikt. Moskau habe viele Instrumente, um Jerewan zu beeinflussen, damit es seine Truppen vom Territorium Aserbaidschans zurückziehe. Die Rolle der Türkei bezeichnete der Politiker als "stabilisierend". Das Ansehen Ankaras sei in letzter Zeit sowohl in der Region als auch weltweit gewachsen. Gleichzeitig sagte Alijew, sein Land sei bereit, mit den Friedensgesprächen unverzüglich zu beginnen. Das hänge nur von der Agenda der Minsk-Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ab.

Nach den schwersten Kampfhandlungen seit Jahren in der Region Bergkarabach hatten sich Armenien und Aserbaidschan in der Nacht zum 10. Oktober unter der Vermittlung Russlands auf eine Waffenruhe geeinigt. Die Verhandlungen zwischen dem russischen Außenminister Lawrow und seinen Amtskollegen aus Armenien und Aserbaidschan, Sohrab Mnazakanjan und Dscheichun Bairamow, dauerten mehr als zehn Stunden. Danach teilte Lawrow mit, die Waffenruhe werde am 10. Oktober um 12 Uhr (Ortszeit) in Kraft treten und solle dazu genutzt werden, Kriegsgefangene und andere inhaftierte Personen auszutauschen und die Körper toter Soldaten in ihre Heimat zu überführen. Grundlegende Friedensverhandlungen solle es unter Führung der Minsk-Gruppe der OSZE geben.

Der jahrzehntelange Konflikt war am 27. September wieder eskaliert. Armenien und Aserbaidschan gaben einander die Schuld dafür. Die Behörden in Baku teilten am 10. Oktober mit, dass im Laufe der knapp zweiwöchigen Kampfhandlungen 171 Zivilisten verletzt und 31 getötet worden seien. Sie meldeten die Zerstörung von 1.137 Häuser und 45 Mehrfamilienhäuser. Die Armee der nicht anerkannten Republik Arzach bezifferte ihre Verluste unter den Soldaten auf mehr als 400.

Der Konflikt war ursprünglich im Februar 1988 ausgebrochen, als die Autonome Oblast Bergkarabach mit überwiegend armenischer Bevölkerung ihre Loslösung von Aserbaidschan angekündigt hatte. Im Laufe der bewaffneten Auseinandersetzungen, die von 1992 bis 1994 dauerten, verlor Baku die Kontrolle über Bergkarabach und sieben Anrainergebiete. Im Jahr 1994 unterzeichneten Aserbaidschan, Armenien und die Republik Bergkarabach unter Vermittlung der Russischen Föderation ein Protokoll über einen Waffenstillstand. Trotzdem kam es wiederholt zu Kampfhandlungen.

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