Asien

Aserbaidschans Präsident Alijew: Kein Waffenstillstand ohne Zeitplan für armenischen Abzug

Seit einer Woche gehen die Gefechte zwischen Aserbaidschan und der Region Bergkarabach weiter. Ein Waffenstillstand scheint nicht machbar. Der aserbaidschanische Präsident Ilcham Alijew will erst einen festen Zeitplan für den Abzug Armeniens aus den besetzten Gebieten.
Aserbaidschans Präsident Alijew: Kein Waffenstillstand ohne Zeitplan für armenischen AbzugQuelle: www.globallookpress.com © Kremlin Pool

Der aserbaidschanische Staatspräsident Ilcham Alijew sagte am Sonntag, Aserbaidschan werde militärische Aktionen nicht beenden, bis Armenien keinen festen Zeitplan für den Abzug aus Bergkarabach und aus dem von Armenien besetzten aserbaidschanischen Umland vorgelegt habe. 

In einer Fernsehansprache an die Nation sagte Aliyev, die Streitkräfte Aserbaidschans rückten seit einer Woche vor, um Land wieder zurückzuholen, das sie in den 1990er-Jahren an Armenien verloren hätten.

Aserbaidschan hat eine Bedingung, und das ist die Befreiung seines Territoriums. Bergkarabach ist aserbaidschanisches Territorium. Wir müssen zurückkehren, und wir werden zurückkehren. Meine Bedingung ist folgende: Lasst sie ihre Truppen zurückziehen, und die Konfrontation wird ein Ende haben. Aber das sollte nicht nur in Worten, sondern in Taten erfolgen.

Aliyev sagte, die internationale Gemeinschaft habe es seit 30 Jahren nicht geschafft, die UN-Resolutionen geltend zu machen oder Druck auf Armenien auszuüben, aserbaidschanische Territorien zurückzugeben.

Es sind die schlimmsten Zusammenstöße seit den 1990er-Jahren. Damals wurden 30.000 Menschen getötet. Über eine Million Menschen wurde zu Flüchtlingen. Im Jahre 1993 hatten die UN vier Resolutionen verabschiedet, in denen der sofortige Abzug der armenischen Besatzungstruppen in und um Bergkarabach herum gefordert wird. Alle Verhandlungsrunden scheiterten.

Hunderte sind in dem seit dem 27. September eskalierenden Konflikt getötet worden, Dutzende unter ihnen Zivilisten.

Gegenseitige Anschuldigungen und darauffolgende militärische Attacken wechseln sich ab. Gestern beschuldigten Behörden in Stepanakert, der Hauptstadt des international nicht anerkannten Staates Bergkarabach (Bergkarabach hatte 2017 seine Unabhängigkeit erklärt), die Innenstadt beschossen und Zivilisten getötet zu haben. Als Reaktion griff Bergkarabach die aserbaidschanische Stadt Gandscha mit Artillerie und Raketen an.

Das türkische Außenministerium reagierte darauf wie folgt:

Die Angriffe Armeniens, die Zivilisten in Gandscha zum Ziel haben, … sind eine neue Manifestation der illegalen Einstellung. Wir verurteilen diese Angriffe.

Armenien bestritt, Feuer "welcher Art auch immer" gegen Aserbaidschan eröffnet zu haben. Die Führung in Bergkarabach sagte, das Ziel sei ein militärischer Stützpunkt in Gandscha gewesen, aber dann wurde der Angriff gestoppt, um zivile Opfer zu vermeiden. 

Der Premierminister von Bergkarabach Arajik Harutjunjan sagte, seine Streitkräfte hätten militärische Ziele in den größten aserbaidschanischen Städten in Visier genommen.

Risiko einer Ausweitung der Gefechte

Der Konflikt droht regionale Anliegerstaaten wie die Türkei, die Aserbaidschan unterstützt, hineinzuziehen. Russland bindet ein Verteidigungspakt an Armenien.

Bisher verliefen die Gefechte vorwiegend zwischen Aserbaidschan und der Region Bergkarabach, der armenischen Enklave in Aserbaidschan. Doch die Gefahr, dass sie sich zu einem direkten Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan werden, ist groß.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow rief zu einem sofortigen Waffenstillstand auf und sagte bei der Lösung des Konflikts über die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) Unterstützung zu. Nach Angaben seines Ministeriums in Moskau telefonierte er am Sonntagabend mit seinem armenischen Kollegen Sohrab Mnazakanjan.

In der Bild verwies der armenische Regierungschef zugleich auf die russische Militärbasis in seinem Land mit einem gemeinsamen Luftabwehrsystem:

Der Vertrag zu diesem System legt sehr deutlich fest, in welchen Fällen diese Streitkräfte auch zur Sicherheit Armeniens eingesetzt werden können. Ich bin mir sicher, dass Russland seinen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen wird, falls diese Fälle eintreten.

Der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan hatte am Wochenende eine stärkere Rolle Russlands ins Gespräch gebracht. Über mögliche russische Friedenstruppen sollte in der so bezeichneten Minsker Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) diskutiert werden, schlug er vor. In diesem Format vermitteln Russland, Frankreich und die USA in dem Konflikt.

Auf der anderen Seite sagte Aserbaidschan, dass es aufgrund des permanenten Scheiterns der OSZE bei der Lösung des Konflikts die Geduld verloren habe.

Aliyev ließ auf Twitter verlauten, dass aserbaidschanische Streitkräfte die Stadt Jabrail und zahlreiche Dörfer eingenommen hätten.

Im Falle einer Bestätigung wäre dies ein wichtiger Vorstoß am südlichen Ende von Bergkarabach.

Die Sprecherin des armenischen Verteidigungsministeriums Schuschan Stepanjan dementierte diese Behauptung als "ein weiteres Märchen".

Armenien und Aserbaidschan kämpfen schon seit Jahrzehnten um die bergige Region, in der rund 145.000 Menschen leben. In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Es wird heute von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Seit 1994 gilt eine brüchige Waffenruhe. Zuletzt gab es immer mal wieder Gefechte in der Region, allerdings nie so heftig wie seit einer Woche.

Währenddessen gehen die Gefechte weiter. Die Hauptstadt Stepanakert sei am Montagvormittag mit Raketen angegriffen worden, teilten die Behörden dort mit. Zudem seien Wohngebiete beschossen worden. Über Tote und Verletzte wurde zunächst nichts bekannt. 

Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium in Baku wiederum sprach von schwerem Beschuss seiner Städte an der Demarkationslinie zu Bergkarabach. Betroffen gewesen sei etwa die Stadt Tartar. Armenien wies Anschuldigungen Aserbaidschans zurück, für die Angriffe verantwortlich zu sein. Diese Angaben lassen sich nur schwer überprüfen, weil es kaum unabhängige Beobachter dort gibt.

(RT/dpa)

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