Lateinamerika

Verbrechen oder Journalismus? Brasilien klagt Glenn Greenwald wegen Internetkriminalität an

Mit der Veröffentlichung von Chatverläufen des brasilianischen Justizministeriums zog der US-Journalist Glenn Greenwald im vergangenen Jahr den Zorn von Präsident Jair Bolsonaro auf sich. Nun warf ihm die Regierung vor, Teil einer Hackergruppe gewesen zu sein, und klagte ihn deswegen an.
Verbrechen oder Journalismus? Brasilien klagt Glenn Greenwald wegen Internetkriminalität anQuelle: AFP © Evaristo SA

Die Verurteilung des populären Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva wegen Korruption und Geldwäsche im Jahr 2017 ebnete den Weg für den Aufstieg des rechtsgerichteten Jair Bolsonaro an die Macht. Kritiker vermuteten von Anfang an, dass die Ermittlungen und die Verurteilung nicht sauber verliefen und politisch motiviert waren. Diese Vorwürfe verstärkten sich noch zusätzlich, als einer der wichtigsten Richter in diesem Fall, Sérgio Moro, von Bolsonaro zum Justizminister ernannt wurde und ihm zusätzlich einen Sitz im Obersten Gerichtshof anbot, sobald einer frei werden würde.

Die von Glenn Greenwald veröffentlichten Chatverläufe und Dokumente von Moro und anderen Ermittlern legen den Verdacht nahe, dass er als Richter die Ermittlungen steuerte, um die Verurteilung da Silvas sicherzustellen. Der US-Journalist gilt als vehementer Kritiker von Bolsonaro und nennt dessen Regierung ein "Regime".

In Brasilien zogen diese Veröffentlichungen weite Kreise und sorgten dafür, dass die Gegner des Präsidenten ihre Angriffe verstärkten und die Integrität des Justizministeriums in Zweifel zogen. Dieses schlug nun zurück und klagte Greenwald wegen Internetkriminalität an. Man wirft ihm vor, Mitglied einer "kriminellen Organisation" zu sein, die sich in die Handys von zahlreichen Ermittlern und Beamten des Justizministeriums hackte und daraus hunderte Bilder, Dokumente, Audioaufnahmen und eben Chatverläufe kopierte. 

Die Staatsanwaltschaft habe durch das Abhören der Hacker, die sich offensichtlich in Brasilien befanden, herausgefunden, dass Greenwald mit ihnen in Kontakt stand und eine "klare Rolle beim Zustandekommen eines Verbrechens" gespielt hatte.

Journalisten in den USA werten diese Klage als Racheakt der Regierung von Jair Bolsonaro und als einen Angriff auf die Pressefreiheit. Senator Bernie Sanders, Präsidentschaftskandidat der Demokraten, schrieb dazu auf Twitter:

Die freie Presse ist nie wichtiger, als wenn sie das Fehlverhalten der Mächtigen aufdeckt. Deshalb bedroht Präsident Bolsonaro Glenn Greenwald wegen des 'Verbrechens' des Journalismus. Ich fordere Brasilien auf, seinen autoritären Angriff auf die Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit zu beenden.  

Auch der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit, David Kaye, bewertet die Anklage äußert kritisch:

Habe das gerade gesehen und werde der Regierung Fragen stellen – aber auf den ersten Blick ist das äußerst beunruhigend und sieht nach einem Einschüchterungsversuch aus, um die Berichterstattung von @ggreenwald @theintercept zu stoppen.

In Brasilien sehen es viele sehr ähnlich. Rodrigo Maia, Parlamentssprecher im Unterhaus, meinte dazu:

Die Klage gegen den Journalisten @ggreenwald ist eine Bedrohung für die Pressefreiheit. Journalismus ist kein Verbrechen. Ohne freien Journalismus gibt es keine Demokratie. 

Unterstützung erhielt Greenwald wenig überraschend auch von Edward Snowden, dem NSA-Whistleblower, dessen Enthüllungen den US-Journalisten weltberühmt machten.  

Absolute Alarmbereitschaft: Das ist eine unglaublich nackte Vergeltung für die Aufdeckung von extremer Korruption auf höchster Ebene der #Bolsonaro-Regierung und eine existenzielle Bedrohung für den investigativen Journalismus in #Brasilien . 

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