Lateinamerika

Südamerika: Widerstand gegen das Freihandelsabkommen zwischen Chile und Uruguay

Bürgerorganisationen und politische Bewegungen in Uruguay und Chile fordern Parlamentarier auf, das Freihandelsabkommen zwischen beiden Ländern (noch) nicht zu ratifizieren. Kritiker befürchten eine Aushebelung der Souveränität.
Südamerika: Widerstand gegen das Freihandelsabkommen zwischen Chile und UruguayQuelle: Reuters

von Maria Müller

In Chile und Uruguay regt sich Widerstand gegen das Freihandelsabkommen zwischen beiden Ländern. Denn nun soll es von den Parlamenten beider Länder ratifiziert werden. Sprecher verschiedener Parteien in Chile und Uruguay melden Kritik und Zweifel an dem Vertrag an. Doch vor allem die Tatsache, dass er unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wurde, provoziert Misstrauen. Man spricht von einem Mangel an demokratischen Verfahrensweisen im Umgang mit Freihandelsabkommen.

Der Vertrag wurde bereits Ende 2016 von den Regierungen beider Länder ratifiziert, ohne dass es darüber Diskussionen in der Öffentlichkeit gegeben hätte. Im uruguayischen Parlament wurde er 2017 auf Eis gelegt. Nun drängen Chiles und Uruguays Regierungen die Parlamente, ihn zu ratifizieren.

Der uruguayische Präsident Tabaré Vázquez sagte nach der Vertragsunterzeichnung:

Ich glaube, dass das unsrem Parteiprogramm entspricht, wie wir mit den Ländern der Region arbeiten wollen. Chile hat im MERCOSUR einen Beobachterstatus. Der Vertrag würde dazu führen, dass wir den wirtschaftlichen Austausch mit diesem Land intensivieren.

TPP durch die Hintertür? – Widerstand wächst

Doch kritische Stimmen warnen davor, dass sich Uruguay auf diese Weise durch die Hintertür Zugang zum Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP verschafft. Denn er prägt chilenische Wirtschaftsnormen, die automatisch auf Uruguay übertragen werden, wenn ein bilateraler Vertrag in Kraft tritt. Chile, Kolumbien, Mexico und Peru sind TPP-Mitglieder, Costa Rica und Panama offizielle Beitrittskandidaten. Uruguay nimmt als Beobachter an den Verhandlungen teil.

Mehr zum Thema - Nun ohne USA: Elf Länder unterzeichnen TPP-Abkommen

Am meisten kritisiere ich, dass die Angelegenheit dem Parlament erst vorgelegt wird, nachdem der Vertrag schon von den Regierungen unterzeichnet ist“, stellte der Abgeordnete der kommunistischen Partei in Uruguay, Rony Corbo, fest.

Und Roberto Chiazzaro, Abgeordneter der Sozialistischen Partei Uruguays, erklärte:

Vor allem liegen uns keine Studien über die Folgen für Uruguay vor. Wir kennen die Vor- und Nachteile für unsrer Land nicht. Doch auch die Bürger müssten an dem Prozess teilnehmen, informiert werden und ihre Meinung darüber zum Ausdruck bringen können.

Nun sollen die Parlamente entscheiden. Die Bevölkerung kennt das Thema kaum, wird jedoch die Konsequenzen zu tragen haben. Verschiedene NGO's und der Gewerkschaftsdachverband PIT-CNT warnen in Uruguay vor den Konsequenzen. Das Abkommen werde die Souveränität beider Länder einschränken.

Die Frage, ob man dem Vertrag zustimmen soll oder nicht, hat heftige Kontroversen innerhalb der „Frente Amplio“ (FA) Uruguays, der derzeitigen Regierungspartei, ausgelöst. Deshalb wurde nun beschlossen, in einer für den kommenden 28. April geplanten Plenarsitzung darüber zu entscheiden. In Chile muss dieses Abkommen in den nächsten Tagen vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden.

Auch dort bemängelt die Bürgerplattform „Besser ohne Freihandelsabkommen“ die fehlende Transparenz beim Abschluss eines so weitreichenden Vertrages. Angesichts dessen appellieren sie an die Kongressabgeordneten, den Termin zu verschieben und zuvor die entsprechenden Informationen von der Regierung zu verlangen.

Kritiker: Schiedsverfahren untergraben Souveränität

Besonders die im Vertrag unter Punkt 18 angesprochenen Regeln würden eine souveräne Staatspolitik erheblich einschränken. Das Land kann so neuen internationalen Ansprüchen und sogar Strafverfahren ausgesetzt werden. Roberto Chiazzaro weist darauf hin, dass die Form der Konfliktlösung „durch das internationale Schiedsgericht ICSID“ sehr schädlich sei. Das Gefährliche an diesen Verträgen sei, dass sich ein Land einem Schiedsverfahren mit einem privaten Unternehmen unterwerfen muss. Und weiter:

Diese Art von Abkommen führen dazu, dass unsre Länder zurück in die Unterordnung, Abhängigkeit und in die Rolle von Randfiguren im wirtschaftlichen Weltgeschehen versetzt werden Die Mechanismen, mit denen die Wirtschaften nach außen geöffnet werden sollen, ermöglichen es großen transnationalen Konzernen, in unsere Volkswirtschaften einzudringen und Souveränitätsverluste zu bewirken.

Alberto Villareal von der NGO „Freunde der Erde“ in Uruguay betonte, dass seine Organisation absolut gegen den Vertrag ist:  

Dadurch werden uns Vorschriften auferlegt, die nichts mit Handel zu tun haben. Das Recht der Regierungen auf eine eigenständige Politik soll beschnitten werden.

Außerdem habe man festgestellt, dass darin Passagen aus dem TPP- Vertrag und dem TiSA (Vertrag über Handel und Dienstleistungen) wörtlich übernommen wurden. Beide Verträge wurden in Uruguay unter Protesten zurückgewiesen.

Unterdessen warnt Lilian Galán, Abgeordnete der Bewegung für die Volksteilnahme (MPP) in Uruguay, dass es innerhalb ihrer Koalition unterschiedliche Positionen dazu gibt. Einige denken, dass die Folgen für ihr Land schädlich sein würde, während andere meinen, es gebe kaum Vorteile, jedoch auch keine Nachteile.

Galán fügt hinzu, dass dieses Freihandelsabkommen der letzten Generation hauptsächlich Probleme des Handels mit Dienstleistungen, des Urheberrechts und des öffentlichen Auftragswesens betreffen, die über die traditionellen Aspekte des bilateralen Handels hinausgehen.

Die Partei Frent Liber Seregni (FLS) hingegen unterstützt das Abkommen. Es könnte sich positiv auf die Wirtschaft auswirken. Doppelte Steuern würden hinfällig und Uruguays Produkte erhielten auf dem chilenischen Markt Vorteile, besonders die Software-Industrie, die auf dem sechsten Platz auf dem chilenischen Markt rangiert.

Mehr zum Thema - EU veröffentlicht erstmals Richtlinien für Handelsabkommen

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.