Steht syrischer Bürgerkrieg vor endgültigem Wendepunkt?

Aleppo, die zweitgrößte Stadt und einstige Wirtschaftsmetropole Syriens, steht vor der Einnahme durch Regierungstruppen. Die Brigaden der Freien Syrischen Armee (FSA) ziehen ab und der türkischen Regierung droht nicht nur ein humanitäres, sondern auch ein politisches Desaster. Sie hatte in ihrer Syrien-Politik fast ausschließlich auf die FSA gesetzt.
Steht syrischer Bürgerkrieg vor endgültigem Wendepunkt?

Obwohl die FSA, die offiziell vom Westen anerkannte syrische Oppositionsbewegung, in den letzten Wochen und Monaten wieder Geländegewinne rund um Damaskus als auch in Südsyrien machen konnte, markiert die Meldung vom vergangenen Montag, die FSA ziehe ihre rund 14,000 Kämpfer aus Aleppo ab, einen Wendepunkt im syrischen Bürgerkrieg.

Der Zusammenschluss der sogenannten "gemäßigten Aufständischen" soll türkischen Geheimdienstquellen zufolge, den Widerstand in der Wirtschaftsmetropole nahe der türkischen Grenze aufgegeben haben. Noch ist unklar, wer das entstehende Machtvakuum in Aleppo für sich nutzen kann. Regierungstruppen  halten jedoch weite Teile der Stadt bereits seit Längerem besetzt. Der Islamische Staat (IS), die neue dschihadistische "Hausmacht" in Syrien, steht unterdessen in den nordwestlichen Vororten der Provinz Aleppo und scheint bereit der Damaszener Regierung die bedeutende Handelsstadt streitig zu machen.

Türkischen Sicherheitskreisen zufolge suchte der Anführer der FSA-Brigaden in Aleppo, Cemal Maruuf, angesichts möglicher Vergeltungsschläge durch die Regierungstruppen, bereits in der Türkei Zuflucht. "Er wird vom türkischen Staat beschützt", so ein Informant zur türkischen Tageszeitung Hürriyet.

Laut der türkischen Zeitung Radikal haben alle 14.000 Kämpfer bereits in den letzten Wochen das Weite gesucht oder werden in den kommenden Tagen in die Türkei fliehen.

Gleichzeitig hat die FSA  auch die Kontrolle über den syrisch-türkischen Grenzübergang Bab al-Hawa in der Nähe von Reyhanlı an Milizen der sogenannten Ahrar al-Sham, einer salafistischen Vereinigung, verloren. Auch sollen Waffen der Oppositionsarmee an Salafisten sowie der Al-Qaida-nahen al-Nusra-Front gefallen sein.

FSA, das vermeintlich sichere Pferd, auf das der Westen seit Jahren setzt, geht im Mehrfrontenkrieg zwischen den Regierungstruppen und dem IS unter. Auch in der Provinz Idlib verloren sie eine strategisch wichtige Schlacht, die es unmöglich machte Aleppo weiter logistisch zu versorgen.

Wenn die Regierungstruppen sich tatsächlich in der Lage zeigen, Aleppo vollständig einzunehmen, brechen vor allem die türkischen Umsturzpläne wie ein Kartenhaus zusammen. Zunächst wird sich der Einflussverlust auf die humanitäre Lage an der syrisch-türkischen Grenze auswirken. Laut Aussagen des türkischen Außenministers, Mevlüt Çavuşoğlu, befürchte Ankara eine gewaltige Flüchtlingswelle von bis zu drei Millionen Menschen.

Politisch würde die Niederlage in Aleppo jedoch noch größere Wellen schlagen, die auch Ankara außenpolitisch erschüttern könnten. Pläne wie die Errichtung einer Flugverbotszone, eine durch die türkische Armee errichtete Schutzzone oder die Einsetzung einer Gegenregierung können nicht mehr umgesetzt werden, wenn Aleppo fortan wieder unter Regierungskontrolle steht.

Die vermeintliche Schwächung des IS, die de facto überhaupt keine ist, denn die Interventionen der Anti-IS-Koalition werden nur halbherzig durchgeführt, führt lediglich zur weiteren Radikalisierung des seit 2011 wütenden Bürgerkrieges, in dem der IS immer mehr an Terrain auf Kosten der zumindest politisch moderateren FSA gewinnt. Eine zeitnahe Lösung des Konflikts zwischen Präsident Assad und den Oppositionsgruppen wird damit unmöglich gemacht.

Die Türkei wünschte sich den Sturz Assads.  Daher leitete Ankara, darauf bedacht, unbedingt noch den Sieg davonzutragen, am 12. November in Absprache mit den USA Gegenmaßnahmen ein. Dazu sollte die militärische Ausbildung von rund 2.000 FSA-Kämpfern gehören, die die Front gegen die vorrückenden Pick-ups des IS und die Elite-Kommandos aus Damaskus stabilisieren sollten. Dafür wird es nun zu spät sein. Von einem Sieg über Assad spricht mittlerweile selbst die Türkei nicht mehr. Vielmehr gilt es, erneut diplomatische Beziehungen aufzubauen und am Verhandlungstisch nach Lösungen zu suchen.

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