Verpasste Chance - Veranstaltung zur Menschenrechtssituation in der Ukraine verliert sich in anti-russischen Ressentiments und Einseitigkeit

In Berlin öffnete das Haus der Demokratie und Menschenrechte seine Türen für die Veranstalter des sogenannten Deutsch-Russischen Austausches, eine Organisation die sich offiziell die Völkerverständigung zwischen Russland und der Ukraine auf die Fahne geschrieben hat, um die interessierte Öffentlichkeit über Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen im Donbass zu informieren. Leider verkam die eigentlich so wichtige Veranstaltung zu einer in ihrer Einseitigkeit kaum zu überbietenden Instrumentalisierung gegen Russland.
Verpasste Chance - Veranstaltung zur Menschenrechtssituation in der Ukraine verliert sich in anti-russischen Ressentiments und EinseitigkeitQuelle: www.globallookpress.com © Carsten Reisinger/imageBROKER.com

Der Deutsch-Russische Austausch schrieb auf der Einladung zur Veranstaltung:

"Ukrainische Menschenrechtler und Aktivisten sammeln seit Beginn der Auseinandersetzungen gemeinsam mit internationalen Partnern, die die Region genau kennen, Daten zu Verstößen aller beteiligten Seiten."
Doch was neutral klingt, war in der Umsetzung so nicht gegeben. Statt einer dringend nötigen Menschenrechtsarbeit, die tatsächlich alle Seiten vorbehaltlos beobachtet, ließ bereits die Auswahl der Referenten sowie des Moderators ahnen, wohin die Reise gehen sollte.

Eingeladen waren Yevhen Zakharov (Charkiver Menschenrechtsgruppe), Konstantin Reutski (Postup Lugansk / Vostok SOS), Volodymyr Shcherbachenko (Ostukrainisches Zentrum für bürgerliche Initiativen Lugansk / Justice for Peace in Donbass) und Svitlana Valko (International Partnership for Human Rights). Durch den Abend führte der Publizist Albrecht Kolthoff.

Zakharov arbeitet neben der Charkiver Menschenrechtsgruppe für die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und ist in dieser Position öfters im ukrainischen Fernsehen zu sehen. Es ist nicht bekannt, dass er bisher auch Menschenrechtsproblematiken von Regierungsseite kritisch beleuchtet hat. Ende 2014 wurde er vom ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko persönlich zum Mitglied des staatlichen Anti-Korruption Komitees ernannt.

Auch Konstantin Reutski ist kein Unbekannter auf der "pro-ukrainischen Bühne". Er arbeitet im Auftrag des Menschenrechtszentrums "Postup" und in journalistischer Zusammenarbeit mit dem regierungstreuen Kanal Gromadske TV.

Shcherbachenko vom Ostukrainischen Zentrum für bürgerliche Initiativen Lugansk dient als Zeuge für Menschenrechtsverletzungen in Lugansk, ohne zu erwähnen, dass er seit Jahren mit seiner Familie in Kiew lebt ohne direkten Kontakt in die Ostukraine.

Auch der Moderator, der zumindest dem Worte nach eigentlich die Funktion des Vermittlers und Hinterfragenden innehaben sollte, spricht eine deutliche Sprache. In seinen Veröffentlichungen auf dem sogenannten Russland-Blog ist die Ausrichtung klar: Russland ist der Aggressor, welcher die Ukraine "systematisch destabilisiert" und seine "ideologische Konfrontation mit dem Westen" wiederaufgenommen hat. Gemeinsame Veröffentlichungen mit Jens Siegert, dem Leiter des Büros der Moskauer Heinrich-Böll-Stiftung, finden eine ähnlich einseitige Sprache.

Schaut man sich die Partner und Sponsoren des Veranstalters an, erkennt man ebenfalls, welche Zielrichtung vorgegeben ist. So fördert neben der Zeit-Stiftung auch die Heinrich Böll Stiftung die Veranstaltungen. Sowohl die Böll- wie die Zeit Stiftung sind für ihre einseitige Position im Konflikt um die Ostukraine bekannt.

"Unüberbrückbare Differenzen hat es in der Vergangenheit nicht gegeben, doch jetzt und vor allem nach der Annexion der Krim, sehen wir uns gezwungen, die Zusammenarbeit nochmals zu überdenken", erklärte gleich zu Beginn der Organisator der Veranstaltung, Tim Bohse, Vertreter des DEUTSCH-RUSSISCHEN AUSTAUSCHES e.V. Der rote Faden war so weiter gelegt, Feind und Fokus der Veranstaltung entlarvt.

Viel Neues gab es nicht. Russland liefert Waffen, Freiwillige, Söldner und Finanzspritzen. Ein Großteil der einheimischen Bevölkerung im Donbass sei vor den "Russen" geflohen, um Folter und Gesinnung zu entgehen. Journalisten werden verjagt, vor allem die ausländische Presse habe keine Möglichkeit mehr aus der Region zu berichten. Dafür sei aber Kiew offen und frei und stehe damit für eine objektive Berichterstattung ein.

Natürlich wollte man nicht ganz zu offensichtlich als einseitig gelten, und so gestanden sowohl Zakharov wie auch Valko ein, dass es auch auf ukrainischer Seite Verletzungen von Menschenrechten vorkämen, die jedoch in keinster Weise vergleichbar wären mit der "Gegenseite". "Darüber können wir ja im Anschluss sprechen", war die Standardantwort bei kritischen Nachfragen zu Menschenrechtsverletzungen durch ukrainische Armee und Freiwilligen-Bataillone. Schlussendlich wurde aber kein einziges Mal konkret auf Menschenrechtsverletzungen durch die "ukrainische Seite" eingegangen.

Wiederholt wurde auch das übliche Narrativ, dass der Krieg im Osten ein Krieg Russlands gegen den "kleinen Bruder Ukraine" sei. Man sollte zudem nicht vergessen, wurde von mehreren Referenten betont, dass momentan die Ukraine als Puffer agiert und schlussendlich die Sicherheit ganz Europas verteidigt.

Der Vortragsmodus der Referenten folgte einem bizarren "Spannungs-Schema". Szenarien und Zeugnisse von Menschenrechtsverletzungen wurden wiedergegeben, auf Opfer verwiesen, aber die Täter nie explizit genannt, jedoch immer suggeriert, es wäre ja bereits klar, wer für diese Verbrechen verantwortlich sei. Auf Zahlen und Dokumente wurden vollständig verzichtet. Auffällig war ebenso, dass auf der Webseite von International Partnership for Human Rights keinerlei Belege für die beispielsweise von Valko auf der Veranstaltung vorgebrachten Behauptungen zu finden sind.

Im Anschluss an die Vorträge war eine Diskussions- und Fragerunde angesetzt. Der Verlauf derselbigen war recht vorhersehbar, da sich ein Großteil des Publikums aus den immer gleichen Interessierten zusammensetzte, wie man sie auf jeder Veranstaltung trifft, die sich bewusst einseitig im Kontext des Konfliktes im Osten des Landes positionieren. Die Frage von RT Deutsch Reporterin Anna Schalimowa an die Veranstalter, wieso man auf scheinbar bewusst einen Moderator angefragt hat, der für seine anti-russische Haltung bekannt ist, wurde lapidar und inhaltsfrei erklärt:

"Der Moderator wurde von uns um seine Beteiligung gebeten, weil er über Erfahrung in solchen Tätigkeiten verfügt und gerne bereit war, uns bei der Vorstellung dieses interessanten und wichtigen Themas zu unterstützen."
Auch die Frage wer die Veranstaltung in dieser einseitigen Ausrichtung finanziert, wurden ebenso lakonisch wie ausweichend mit den Worten kommentiert:
"Die für das Thema relevanten Hintergründe zu sich selbst haben unsere Gäste bereits in der Vorstellungsrunde zu Beginn des Podiums gegeben."
Bisher kümmerte sich der deutsch-russische Austausch offiziell um Freiwilligenarbeit und Völkerverständigung in Weißrussland, der Ukraine und Russland. Inwiefern er dem eigenen Anspruch nach Völkerverständigung jedoch mit der Ausrichtung so einseitiger Podiumsdiskussionen gerecht wird, scheint nach dieser Veranstaltung mehr als fraglich.

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