"Erdoğan ist ein Kollaborateur" - Nach Anschlag in Suruç liefern sich Kurden Straßenschlacht mit der Polizei in Istanbul

Bei Demonstrationen in der türkischen Metropole Istanbul hat die Polizei kurdische Demonstranten, die infolge des mutmaßlichen IS-Anschlags auf eine sozialistische Organisation in Suruç auf die Straßen gingen, mit Wasserkanonen und Tränengas auseinander getrieben. In den letzten Wochen nahm die türkische Regierung nach eigenen Angaben hunderte IS-Zellen fest und erhöhte Grenzkontrollen zu Syrien. Kurdische Aktivisten artikulierten jedoch, dass ihrer Einschätzung nach, Ankara in die IS-Aktivitäten involviert sei.
"Erdoğan ist ein Kollaborateur" - Nach Anschlag in Suruç liefern sich Kurden Straßenschlacht mit der Polizei in IstanbulQuelle: Reuters © Harun Ukar

Die aus dem Untergrund agierende "Kurdische Arbeiterpartei" (PKK) nahm den jüngsten – noch nicht vollends aufgeklärten - Bombenanschlag in Suruç, Şanlıurfa, nur zehn Kilometer von der syrisch-türkischen Grenzstadt Kobane entfernt, zum Anlass, die türkische Regierung zu beschuldigen, den selbsternannten "Islamischen Staat" "zu unterstützen und zu kultivieren". Bei dem Anschlag starben nach neuesten Angaben 31 Menschen und über 100 wurden verletzt. Die Opfer sollen sich fast ausnahmslos aus studentischen Kreisen zusammengesetzt haben.

Trotz vehementer Dementis aus Ankara argumentierte auch die pro-kurdische Halkların Demokratik Partisi (deutsch: "Demokratische Partei der Völker", kurz HDP) ähnlich wie die PKK, die in der Türkei, in der EU sowie in den Vereinigten Staaten noch immer als Terrororganisation gelistet ist. Der Vize-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas, kommentierte das Bombenattentat mit den Worten:

"Die Administration in Ankara, die hinter [den Aktivitäten] der HDP eine Bedrohung sieht, ist Partner in dieser Barbarei."
Die HDP ist bei den letzten Parlamentswahlen am 7. Juni mit über 13 Prozent in die Große Nationalversammlung in Ankara eingezogen.

Die Behauptungen sind in der Türkei schon lange nicht neu. Seit der türkischen Zurückhaltung bei der Belagerung der mehrheitlich von Kurden besiedelten Stadt Kobane werfen kurdische Organisationen und Aktivisten der Türkei Komplizenschaft mit dem IS vor. Andere argumentieren, hinter der türkischen Syrien-Politik stecke ein ausgefeilter Plan, um die kurdisch besiedelten Regionen in Nordsyrien als Puffer gegen den IS zu missbrauchen und in Folge die Bildung eines kurdischen Staates zu unterminieren.

Als Kobane kurz vor der Eroberung durch die Milizen des "Islamischen Staates" stand, begannen die PKK und ihre syrische Schwesterorganisation YPG mit den USA zusammenzuarbeiten und erhielten fortan großzügige Luftunterstützung von der US-geführten Anti-IS-Koalition. Das türkische Militär hingegen verweigert sich aus "Mangel an Optionen, den syrischen Bürgerkrieg in geordnete Bahnen zu lenken", bisher strikt einer Intervention. Vielmehr befürchtet es, dass mittel- bis langfristig Konflikte, wie sie beispielhaft beim Anschlag in Suruç anklingen, auf die Türkei selbst überschwappen könnten.

Nach dem Anschlag in Suruç versammelten sich gegen Abend zahlreiche kurdischstämmige Türken im Gezi-Viertel von Istanbul – das seit den Gezi-Protesten von 2013 von Aktivisten genutzt wird, um gegen die AKP-geführte Regierung zu demonstrieren. Während also zahlreiche Demonstranten "[Präsident] Erdoğan ist ein Mörder" und "Erdoğan ist ein Kollaborateur" skandierten, verkündeten andere "Rache für die PKK".

Die türkische Polizei marschierte mit einem großen Aufgebot an Personal auf. Sie benutzte Wasserkanonen und Tränengas, um die Demonstranten auseinanderzutreiben. Augenzeugen behaupteten, dass die Maßnahmen "unverhältnismäßig" und "willkürlich" waren. Andere gaben an, dass auch Demonstranten selbst mit Steinen auf Polizeistationen losgingen.

Erst am 11. Juli veröffentlichte die sogenannte "Union der Gemeinschaften Kurdistans", kurz KCK, die sich als politische Schirmorganisation der PKK versteht, eine Presseerklärung, in der sie behauptet, dass die türkische Regierung mittels Staudämmen ihre militärische Präsenz in der Südost-Türkei legitimiere und kulturellen Genozid betreibe.

In der Erklärung heißt es:

"Die kurdische Bewegung hat entschieden, die Behandlung [den Friedensprozess] nicht mehr zu akzeptieren und alle Mittel zu mobilisieren, darunter die Guerilla-Einheiten, um die Errichtung von Staudämmen zu stoppen."
Der innerkurdische Demokratisierungsprozess setzt die PKK-Führung in den irakischen Kandil-Bergen unter Druck. Denn sie möchte sich nicht einer zivilen Autorität beugen, die die HDP seit dem 7. Juni als legitime Partei in der Türkei jedoch stellt. Vielmehr betrachtet sie sich als legitime Vertretung kurdischer Interessen in der Türkei, die allerdings in der Vergangenheit stärker mit Waffengewalt als auf dem Verhandlungstisch zum Ausdruck gebracht wurden.

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