New York Times: "Ausländische Regierungen unterwandern US-Think Tanks"

Üblicherweise wird es in etablierten Medien immer wieder gerne als ein Anzeichen paranoider Verschwörungstheorien betrachtet, wenn jemand versucht, namhafte Think Tanks, insbesondere im Umfeld der US-Regierung, personell genauer zu durchleuchten, ihre Geldflüsse zum Thema zu machen oder sogar – horribile dictu – Frage nach ihrem Einfluss auf die US-Regierung und ihre Entscheidungen aufzuwerfen.
New York Times: "Ausländische Regierungen unterwandern US-Think Tanks"Quelle: Reuters © Carlo Allegri

Nun aber hat ausgerechnet die "New York Times" in einem Artikel begonnen, die Rolle und die Hintergründe jener illustren Vereinigungen kritisch zu hinterfragen. Jene Think Tanks,  die sich so gerne mondäner Anwesen, opulenter Festbankette mit politischen Gästen, intensiver Gespräche mit Abgeordneten und der Eigenschaft rühmen, im Falle eines Farbwechsels im Weißen Haus rasch und unbürokratisch mit dazu beitragen zu können, dass die außenpolitische Kontinuität erhalten bleibt.

Die Zeitung berichtet über rege Spendentätigkeit ausländischer Regierung, die auf diesem Wege versuchen würden, die Think Tanks zu beeinflussen, die nicht selten vor dem Problem stehen, ihre oft weltweit tätigen Mitarbeiterstäbe und die nicht durchaus opulenten Repräsentationsausgaben dauerhaft finanzieren zu können. In Zeiten knapper Kassen können öffentliche Aufträge schon mal gekürzt werden und was den Spendenfluss im Inland anbelangt, herrscht ein Verdrängungswettbewerb, der durchaus Ähnlichkeiten mit dem Immobilienmarkt hat.

Unter den Institutionen, die zum Ziel von finanziell unterfütterten Zudringlichkeiten ausländischer Regierungseinrichtungen geworden sind, befinden sich unter anderem das Brookings Institution oder das Center for Strategic and International Studies (CSIS). Kleinere, wenig bedeutende Staaten, die über keine eigenen lobbyartigen Strukturen und über noch keine so starke Vernetzung auf der politischen Bühne in Washington verfügen, sollen auf diesem Wege den Zugang zu Regierungsoffiziellen bekommen können. Bislang nicht beachtete Themen sollen auf die Agenda kommen und die Thinktanks, die den Ruf von Objektivität und Ausgewogenheit genießen, sollen dabei helfen.

Norwegen und Katar besonders geschickt

Die NYT nannte als Beispiel Norwegen und zitiert das dortige Außenministerium wie folgt: "Mächtige Thinktanks zu finanzieren ist ein Weg, um Zugang (zur Regierung) zu erhalten, und einige Thinktanks in Washington vermitteln offen den Eindruck, dass sie nur den Regierungen dienen können, die Mittel zur Verfügung stellen." In diesem Sinne solle etwa das Center for Global Development, eine Vereinigung, die im Bereich der Entwicklungshilfe agiert, Washington davon überzeugen, die Ausgaben der USA für globalen Waldschutz auf 500 Millionen Euro zu verdoppeln.

Das CSIS konnte zu einem späteren Zeitpunkt auch für die Position Norwegens in der US-Regierung Rückhalt finden, wonach die USA ihre Militärpräsenz in der Arktis ausbauen sollten, um die Suche nach Energiequellen zu schützen und den Frachtschiffverkehr in der Region zu erhöhen. Brookings wiederum sollte das Land zur "Mittelmacht" aufbauen – zumindest im öffentlichen Bewusstsein der politischen Führung in Washington. Insgesamt soll sich Norwegen diese Form der PR in nur vier Jahren ganze 24 Millionen US-Dollar kosten haben lassen.

Noch geschickter soll sich Katar angestellt haben: Im Aufsichtsrat der Brookings Institution sitzt ein ehemaliger Premierminister des Emirats, welches immerhin im Verdacht steht, nicht nur die Muslimbrüder, sondern auch extremistische Bestrebungen im Nahen Osten und in Zentralasien zu unterstützen – darunter auch den Islamischen Staat (IS) und sogenannte "djihadistische" Gruppen im Kaukasus. Die Vernetzung von Brookings mit Katar und der Muslimbruderschaft spielte unter anderem in Verschwörungstheorien eine Rolle, die eine langjährige Assistentin Hillary Clintons und führende Beamtin des U.S. State Departments, Huma Abedin, mit der Muslimbrüderschaft in Verbindung brachten.

Gleiche Gesetzgebung in den USA und Russland über "ausländische Agenten"

Hatte der Westen vor nicht allzu langer Zeit noch massive Kritik an Russland geübt, weil Moskau ein Gesetz verabschiedete, das ausländische Lobbygruppen einer Registrierungspflicht unterwarf und ihnen unter anderem Rechenschaft über ihr Finanzgebaren abverlangte, könnte nun in den USA der inhaltlich faktisch identische, seit 1933 bestehende "Foreign Agents Registration Act" auf renommierte Think Tanks im eigenen Land Anwendung finden. Das Gesetz verpflichtet Gruppen, sich beim Justizministerium als "ausländische Agenten" registrieren zu lassen, wenn sie von fremden Regierungen bezahlt werden mit dem Ziel, die Politik in den USA zu beeinflussen.

Die Think Tanks reagieren konsterniert. Das Center for Global Development verweist darauf, dass die Zuwendungen durch die norwegische Regierung transparent gewesen wären und man auch sonst über Finanzierungsquellen offen kommuniziere. Brookings hingegen wirft der NYT vor, sie würde die Institution implizit der Käuflichkeit bezichtigen. Man stehe auf dem Boden der akademischen Freiheit und Einflussnahme in jedweder Form zu dulden, sei mit dem eigenen Auftrag unvereinbar. Allerdings hielt man sich auch dort bedeckt mit Blick auf die Tatsache, dass ein Geldgeber selten einer Institution dieser Art Mittel zur Verfügung stellt, wenn er sich keine bestimmte Gegenleistung erwartet.

Woher plötzlich das Misstrauen?

Woher die neue Lust westlicher Medien an der Kritik gegenüber den Think Tanks kommt, darüber kann nur spekuliert werden. Es könnte aber damit zu tun haben, dass ausgerechnet aus dem "Council on Foreign Relations" kürzlich ganz massive Kritik am Gebaren des Westens und dabei auch der US-Regierung im Ukrainekonflikt gekommen war.

In "Foreign Affairs", dem publizistischen Aushängeschild er einflussreichen Organisation, der zahlreiche frühere Präsidenten, Spitzenbeamte, Militärs, Unternehmer oder Richter angehören, wird unverblümt getitelt: "Why the Ukraine Crisis is the West’s Fault" (Warum die Ukraine-Krise der Fehler des Westens ist).

In dieser Analyse kritisiert der Politikwissenschaftler Professor John J. Mearsheimer von der University of Chicago unter anderem die NATO-Osterweiterung seit Mitte der 1990er Jahre, die milliardenschwere Unterstützung prowestlicher Organisation und sonstige Formen der Unterstützung des Putsches gegen den gewählten Präsidenten Viktor Janukowytsch und die Zusammenarbeit mit einer Regierung, die "antirussisch bis ins Mark" sei und die einige Mitglieder aufweise, die man sogar als "Neofaschisten" bezeichnen könne.

Auch entlarvt er Mythen wie jene vom angeblichen russischen "Expansionsdrang", die den russischen Präsidenten Valdimir Putin zu einem "modernen Hitler" stilisierten, der seine Nachbarn reihenweise zu überfallen plane. Mearsheimer kritisiert auch die Sanktionspolitik gegen Russland und regt an, die Westintegration der Ukraine zu beenden und das Land vielmehr als "neutralen Puffer zwischen NATO und Russland" zu betrachten. Russland sei ein zu wichtiger Partner angesichts von Konfliktherden wie Iran, Syrien oder China, so Mearsheimer, um die derzeitige Konfrontationspolitik des Westens rechtfertigen zu können.

Hat Russland auch diesen Weg gewählt?

In dieser Situation kommt es den Sanktionspolitikern im Westen natürlich gelegen, den CFR indirekt in die Nähe einer fremdgesteuerten Organisation zu rücken. Immerhin schreckte ja der scheidende NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nicht einmal davor zurück, Umweltschutzverbände, die gegen Fracking agiert hatten, in die Nähe Moskaus zu rücken.

Diese Strategie wird jedoch nicht aufgehen. Zumal zahlreiche Fehler der USA in ihrer derzeitigen Außenpolitik, vor allem mit Blick auf Osteuropa, nicht auf das Wirken von Think Tanks und Lobbys zurückgehen, sondern über die Jahre des Kalten Krieges gewachsen sind. Hätte Russland den Weg Norwegens oder Katars gewählt, mittels der Instrumentalisierung von Think Tanks und Nichtregierungsorganisationen das jahrzehntelang von Sowjetdissidenten und Kalten Kriegern geprägte Russlandbild in den politischen Eliten der USA zu beeinflussen, gäbe es dort vermutlich mehr politische Entscheidungsträger, die bemerkt hätten, dass sich die Situation auch in Europa seit 1989 massiv verändert hat.

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