USA torpedieren Atomverhandlungen mit dem Iran

Unerwartete Wendung im Atomstreit mit dem Iran:  Am 20. Juli war zunächst eine Deadline für die Einigung der fünf ständigen Mitglieder des UN-Weltsicherheitsrats und Deutschlands mit dem Iran über die Zukunft der Nutzung von Kernenergie noch einmal verlängert worden. Damit einher ging die Aufhebung von gegen die Islamische Republik verhängte Sanktionen. Nun haben die USA jedoch angekündigt, weitere Strafmaßnahmen gegen den Iran verhängen zu wollen.
USA torpedieren Atomverhandlungen mit dem Iran© Ruptly

Betroffen sind einem Bericht des Nachrichtenmagazins der "Spiegel" zu Folge rund 30 iranische Unternehmen und Personen, die bisherige Sanktionen im Atomstreit offenbar umgangen haben. Das US-Finanzministerium wirft ihnen zudem vor, sie sollen an der Entwicklung der iranischen Raketen- und Atomprogramme beteiligt sein, internationale Sanktionen umgehen und den Terrorismus in der Region unterstützen.

Zuletzt deutete alles auf eine dauerhafte Entspannung im Verhältnis zwischen den USA und dem Iran hin. Washington soll sogar gesicherte iranische Urananreicherung akzeptiert haben, während Teheran hinsichtlich des Grades der Anreicherung Entgegenkommen signalisiert hatte.

Im Gemeinsamen Aktionsplan vom letzten November ließen die USA und ihre britischen und französischen Partner jahrelangen Forderungen fallen, wonach eine Einstellung aller mit Anreicherung zusammenhängender Aktivitäten durch den Iran die Voraussetzung für irgendeinen diplomatischen Fortschritt wäre. Darüber hinaus stimmten die USA und der Rest der 5+1-Gruppe sogar darin überein, dass ein endgültiges Abkommen ein iranisches Anreicherungsprogramm beinhalten würde.

Im Gegenzug erklärte Teheran, dass es den  USA und ihren westlichen Partnern entgegenkommt wird im Bereich der Proliferationsrisiken im Zusammenhang mit den nuklearen Aktivitäten des Irans. Diese vertrauensbildenden Maßnahmen – die, wie die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) berichtet, der Iran auf sorgfältige Weise implementiert hat. Sie umfassen unter anderem einen Anreicherungsstopp auf dem nahe 20 Prozent gelegenen Level, das für Treibstoff im Teheraner Forschungsreaktor benötigt wird, das Konvertieren eines Teils seines annähernd 20 prozentigen Bestandes in oxidierter Form und die Verwässerung der Reinheit der spaltfähigen Isotope. Darüber hinaus das Einfrieren der Zentrifugen-Infrastruktur auf dem heutigen Stand und eine Akzeptanz der Überwachung durch die  IAEA weit über den Anforderungen des Atomwaffensperrvertrages (NPT) von 1970 hinaus.

Eigenmächtige Verhängung neuer Sanktionen

Die ursprünglich bis 20. Juli angesetzte Frist für eine Einigung wurde bis zum 24. November verlängert. Bis dahin müsse der Iran mit den 5+1-Mächten zu einer Vereinbarung über die Zukunft seines Atomwaffenprogramms gelangen. Die iranische Führung hat den USA jedoch bereits mehrfach vorgeworfen, noch während der Dauer der Verhandlungen wiederholt eigenmächtig Sanktionen in Kraft gesetzt und neue verhängt zu haben.

Ziel der Verhandlungen ist es, ein dauerhaftes Abkommen zu erreichen, das dem Land die friedliche Nutzung der Kernkraft erlauben, ihm zugleich aber die Möglichkeit zur Entwicklung von Atomwaffen nehmen soll. Das Recht auf friedliche Nutzung der Atomkraft als solches ist für den Iran nicht verhandelbar, betonte auch Irans 2013 neu gewählter Staatspräsident Hassan Rouhani. Die USA und vor allem Israel als der größte Rivale des Irans in der Region argwöhnen jedoch, dass unter anderem der Bau eines Schwerwasserreaktors in Arak dem Ziel dienen soll, Atomwaffen zu bauen.

Das Verhältnis des Westens zum Iran hatte im Laufe der vorangegangenen Monate eine Wende erfahren. War das Land vor allem während der Amtszeit des als Scharfmacher geltenden Staatspräsidenten Ahmadinedschad zum Paria abgestempelt und regelmäßig sogar mit Militärschlägen bedroht worden, wollte man nur wenige Monate nach Amtsantritt seines konzilianter auftretenden Nachfolgers Hassan Rouhani Signale in Richtung einer Entspannungspolitik aussenden.

Ukrainekrise ließ EU in Teheran vorfühlen

Ein Faktor in diesem Zusammenhang war die Ukrainekrise: Die Protagonisten der westlichen Sanktionspolitik gegenüber Russland mussten erkennen, dass die starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen nicht unbedingt die ideale Voraussetzung dafür bietet, diese aufrechtzuerhalten.

Da jedoch eine Substitution der Gaslieferungen durch eigene Energieträger nach jahrelanger einseitiger, ideologisierter Energiepolitik unter dem Banner der "ökologischen Nachhaltigkeit" nicht als realistisch erschien, blieb man auf Energieimporte angewiesen.  In diesem Zusammenhang erschien der Iran als potenzieller Notnagel. Der Besuch der Außen- und Sicherheitsbeauftragten der EU, Catherine Ashton, im Iran parallel zur Krimkrise am 9. und 10. März 2014 hatte vor diesem Hintergrund nicht nur das Ziel, die 5+1-Gespräche zu unterstützen, sondern auch den Iran als möglichen künftigen Energieversorger für Europa ins Spiel zu bringen.

Der weitere entscheidende Faktor, der es dem Westen als opportun erscheinen ließ, die Entspannungspolitik mit dem Iran zu suchen, war der Zusammenbruch des Iraks, der im Juni den Vormarsch der Terrormiliz des so genannten "Islamischen Staates" (IS, ehem. ISIS) ermöglichte.

Keine verlässlichen Partner im Irak

Vor allem die USA standen nun vor einem ernsthaften Problem: Der Regierung in Bagdad zu vertrauen und diese mit noch mehr Waffen zu beliefern, war nach der Einnahme Mossuls undenkbar. Die irakische Armee, die jahrelang seit der Invasion von US-Spezialisten trainiert und mit erstklassigem Gerät ausgestattet worden war, leistete stellenweise den Terroristen nicht einmal Gegenwehr und hinterließ leere Basen samt Waffen.

Eine Rückkehr in den Irak mit Bodentruppen, um den IS zu bekämpfen, wäre einem Eingeständnis des eigenen Versagens gleichgekommen und politisch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durchsetzbar gewesen.

Die Kurden in der Region zu bewaffnen, ist jedoch auch nicht risikofrei.  In Teilen der kurdischen Führung  sieht man eine realistische Chance, angesichts der Situation in Syrien und im Irak, eines Tages einen eigenen kurdischen Staat gründen zu können.

Chance zur Annäherung aus wahltaktischen Gründen ausgeschlagen

Dass der Iran, der zumindest realistische Möglichkeiten hat, die schiitische Mehrheit im Irak zum Kampf gegen den IS zu mobilisieren, hier als möglicher Partner im Kampf gegen den Terror in Betracht kommt, liegt auf der Hand. Mit Teheran hatte man ja auch bereits erfolgreich zusammengearbeitet, als es darum ging, 2001 in Afghanistan mithilfe der proiranischen Nordallianz die Taliban von der Macht zu verdrängen.

George W. Bush verspielte die dadurch entstandene Chance zu einer Annäherung jedoch, indem er den Iran in seiner Rede zur Lage der Nation im Januar 2002 in die "Achse des Bösen" einreihte. Einen ähnlichen Effekt könnte nun auch die Entscheidung der USA haben, gegen den Verhandlungsverlauf und den Geist der Annäherung neue Sanktionen gegen den Iran zu verhängen.

Präsident Barack Obama scheint auf diese Weise auch dem Widerstand im Kongress gegen die jüngsten Entwicklungen im Atomstreit gegensteuern zu wollen. Im November stehen Kongresswahlen an und seine Demokraten könnten dabei auch ihre Mehrheit im Senat einbüßen.

Die Doppelstrategie der USA, Staaten einerseits bei Bedarf in eine Koalition der Willigen einzubinden, wenn es darum geht, die Folgen eigener politischer Fehlentscheidungen auszubügeln, die gleichen Länder aber, wenn es das kurzfristige politische Kalkül nahe legt, als Schurkenstaaten an den Pranger zu stellen, wird jedenfalls nicht zum ersten Mal gefahren.

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