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Deutscher Fake News-Meister 2017: Titel geht an BILD und deren Chefredakteur Julian Reichelt

Man kann für die Kollegen bei BILD nur hoffen, dass das neue Jahr besser läuft. Denn 2017 blamierte sich das Springerblatt jeden Monat mit Fake News: Falscher Kanzlerkandidat, falscher Toter, falscher "Sex-Mob", falscher Baby-Boom, falscher Adenauer im Puff ...
Deutscher Fake News-Meister 2017: Titel geht an BILD und deren Chefredakteur Julian ReicheltQuelle: www.globallookpress.com

Das Onlineportal BILDblog wird von Medien-Journalisten betrieben, die sich die arbeitsintensive Aufgabe gestellt haben, das (noch) auflagenstärkste Boulevardblatt der Republik im Auge zu behalten. Tag für Tag, Woche für Woche weisen sie auf Fehler in der Berichterstattung, ungenügend recherchierte Artikel sowie Schleichwerbung hin und machen auf Verstöße gegen den Pressekodex aufmerksam. Das Resümee des BILDblogs für das vergangene BILD-Jahr hat es in sich. 

Fake News-Highlight von BILD im Januar 2017:

BILD sah sich in Folge zu einer schwerfälligen Richtigstellung gezwungen:

Fake News-Highlight von BILD im Februar 2017:

Auch diese Meldung war falsch. Im weiteren Verlauf musste BILD sich angesichts der Faktenlage öffentlich von der eigenen Berichterstattung distanzieren. Das Springerblatt räumte einer Woche später ein:

Die BILD-Redaktion entschuldigt sich ausdrücklich für die nicht wahrheitsgemäße Berichterstattung und die erhobenen Anschuldigungen gegen die Betroffenen. Diese Berichterstattung entspricht in keiner Weise den journalistischen Standards von BILD. BILD wird intern klären, wie es dazu kommen konnte.

Fake News-Highlight II von BILD im Februar 2017:

Noch am selben Tag, an dem dieser BILD-Bericht erschien, veröffentlichte die Deutschland-Vertretung der Europäischen Kommission eine „Klarstellung“:

Gleich zu Beginn heißt es dort:

Die Europäische Kommission weist einen Bericht der BILD-Zeitung zurück, laut dem die EU Buntstifte und Wasserfarben verbiete.

Fake News-Highlight von BILD im März 2017:

Doch diesen isländischen Babyboom nach dem EM-Erfolg gab es nicht: Der öffentlich-rechtliche Rundfunksender RÚV schreibt von „Falskar fréttir“ und berichtet, dass in den Geburtskliniken im fraglichen Zeitraum alles ganz normal gewesen sei. Das Portal „Nútíminn“ fragt bei einigen Hebammen nach, und auch diese können den angeblichen Babyboom nicht bestätigen.

Aber wie kommt dann die Nachricht der isländischen Fußballbabys in die Titelzeile von BILD? Das Springerblatt hat sich nach Recherchen des BILDblogs augenscheinlich auf die isländische Webseite Visir bezogen. Der dortige Artikel basiert aber lediglich auf einer einzigen Quelle: Dem Tweet eines Mannes, der offenbar Arzt ist und von einem Rekord bei den Periduralanästhesien auf der Entbindungsstation des Krankenhauses berichtet, an welchem er tätig ist:  am vergangenen Wochenende schreibt, „neun Monate nach dem 2-1 Sieg gegen England“. Sein Tweet beginnt mit einem „hehehe“ und endet mit einem Zwinkersmiley: Das ist  alles, worauf sich die Meldungen bei BILD stützt: Ein Zwinkertweet.

Fake News-Highlight von BILD im April 2017:

Auch diese Meldung ist in dieser Form wie der BILDblog nachzeichnet falsch.

Fake News-Highlight II von BILD im April 2017:

Der deutsche Spitzengolfer Martin Kaymer ein großer Fan der Politik Donald Trumps? Der US-Präsident „ein Geschenk“ für die Menschheit? Die Aussage von Martin Kaymer, die BILD für ihre Schlagzeilen gewählt hat, stammt tatsächlich von dem Golfer, allerdings wurde diese völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Darauf wies Kaymer auch in einer Richtigstellung hin: 

Das Interview, welches im Gegensatz zur Schlagzeile, nur mit einem Bild plus-Abo einsehbar war, geht überhaupt nicht auf politische Aspekte ein:

Sie spielen einen Großteil des Jahres in den USA. Wie hat sich Amerika unter Präsident Donald Trump verändert?

Kaymer: Ich bin überrascht, dass die Leute, besonders die, die Trump gewählt haben, jetzt über seine Äußerungen und Handlungen verwundert sind. Er macht das, was er angekündigt hat. Für uns Golfer gibt es allerdings auch noch einen zweiten Donald Trump.

Was meinen Sie?

Kaymer: Über den Politiker Trump muss sich jeder seine eigene Meinung bilden. Der Golf-Fan Trump ist jedoch ein Geschenk für unseren Sport. Er hat extrem gute Plätze auf der ganzen Welt gebaut. Was er im Golf anpackt, ist eigentlich immer ein Riesenerfolg.

Fake News-Highlight von BILD im Mai 2017:

Bild.de verbreitet falsche Vermisstenfotos nach dem Anschlag in Manchester. Die einzige Quelle für die Fotos: der Tweet einer Privatperson. Schon nach einigen Stunden stellt sich heraus, mehrere der von BILD abgebildeten Personen leben noch und befanden sich zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht in Manchester.

Fake News-Highlight II von BILD im Mai 2017:

Im Artikel bezieht sich die BILD-Redaktion auf eine Aussage des Freiburger Stürmers Nils Petersen, die er ihr im Interview gegeben haben soll:

Freiburg Siebter — zum Saisonstart undenkbar. Aber nicht für Christian Streich (51)! Der Trainer sah Europa voraus!

Nils Petersen (28): Am ersten Spieltag haben wir in Berlin in der Nachspielzeit verloren. Eine Woche später hat der Trainer eine Ansprache gehalten.

Petersen: Der Trainer hat gesagt, dass wir unter den ersten Drei landen. Wenn wir gut spielen. Jeder hat gedacht: Oh, mutige Ansage.

Doch Petersen äußerte sich umgehend auf seiner Facebook-Seite zum Bild.de-Artikel:

Frank Schneider, stellvertretender Sportchef bei Bild Süd, kommentierte in Folge Petersens Post:

Guten Morgen von BILD. Nils Petersen hat Recht. Wir haben eben das Band nochmal abgehört. Unser Fehler, wird online sofort korrigiert. Sorry dafür! Ein Orakel bleibt der Trainer mit seiner Aussage aber natürlich trotzdem…Gruß, Frank Schneider

Der Bild.de-Artikel wurde dann — still und heimlich und ohne jeglichen Korrektur-Hinweis — abgeändert.

Fake News-Highlight von BILD im Juni 2017:

In BILD spricht jetzt Grünen-Politikerin Katrin Schmidberger (34) Klartext: Sie wohnt in diesem Kiez, befürchtet gewalttätige Ausschreitungen.

Schmidberger sagt: „Ich will nicht, dass Rigaer-Straße-Wixxer in meinen Kiez kommen und alles zerdeppern. Das ist unser Kiez. Schreiben Sie Wixxer mit zwei x.“

Und weiter: „Spaß haben, sich auf den Gipfel in Hamburg eingrooven, das können sie meinetwegen auf dem Tempelhofer Feld. Da haben sie genug Platz zum Steineschmeißen.“

Das Problem: Katrin Schmidberger hat weder das eine noch das andere gesagt. Sie hat überhaupt nicht mit Bild-Autor Olaf Wedekind gesprochen. Und sie wohnt auch nicht „in diesem Kiez“. Es ist alles falsch. Das musste dann später auch BILD einräumen:

Fake News-Highlight von BILD im Juli 2017:

Auch bei dieser Meldung handelte es sich wie der BILDblog nachweist um Fake News.

Fake News-Highlight von BILD im August 2017:

Auf der Internetseite von Borussia Mönchengladbach erschien in Reaktion auf die BILD-Schlagzeile ein Interview mit dem Abwehrspieler. Auf die Frage „Die BILD titelt: ‚Erster Fußballprofi fordert Knast für Ultras‘. Was sagst du dazu?“ antwortet er:

Diese Schlagzeile kann ich absolut nicht nachvollziehen, denn ich habe in diesem Zusammenhang weder das Wort Ultras in den Mund genommen noch habe ich irgendwelche Fans oder Ultras pauschalisiert. Ich habe ausschließlich die Taten der Chaoten in Kopenhagen aufs Schärfste verurteilt — und zu diesen Worten stehe ich auch. Allerdings möchte ich ausdrücklich betonen, dass damit keinesfalls Ultras im Allgemeinen gemeint waren. Mit solchen Pauschalurteilen wird medial versucht, einen Keil zwischen Spieler und Fans zu treiben. Das tut dem Fußball nicht gut. Der Großteil der Ultras und der Fans unterstützen die Vereine im besonderen Maße und davor habe ich großen Respekt. Leider gibt es eine kleine Personengruppe, die den Ruf der Fans mit solchen Aktionen wie am Sonntag in Kopenhagen massiv beschädigt. Umso wichtiger ist, dass man diese Straftäter aus dem Verkehr zieht. Randale und Krawalle haben nichts im Fußballstadion verloren.

Es ist der Fußballprofi der Sachlichkeit und Differenzierung in die Diskussion bringt und dem BILD-Sportchef erklären muss, wie man zwischen Fans, Ultras, Hooligans und Randalierern unterscheidet.

Fake News-Highlight von BILD im September 2017:

Hier erübrigt sich wohl jeder weiterer erläuternder Kommentar zur Dekonstruktion dieser Fake News à la BILD.

Fake News-Highlight von BILD im Oktober 2017:

Auch diese Meldung ist falsch.

Stefan Arndt, der mit der Firma „X Filme“ zum Produzententeam der Serie gehört, erläuterte diesbezüglich:

Es ist fast schon lustig zu sehen, welche Kreise unsere Serie im Bezug auf Konrad Adenauer nun zieht. Wir hatten die ‚Bild‘ darüber informiert, wie sich die Geschichte entwickelt, aber natürlich wollen wir unsere eigene Serie nicht am Starttag im Pay-TV spoilern. Dass es dennoch für eine Titelgeschichte zu reichen scheint, finden wir für die Aufmerksamkeit der Serie natürlich gut, aus journalistischer Sicht ist eine solche Vorgehensweise in Zeiten wie diesen schon sehr bedenklich.

Fake News-Highlight von BILD im November 2017:

Auch diese Meldung ist falsch. Statt um 30.820 handelt es sich de facto lediglich um 3.057 Personen. Einige Tage später sah sich BILD gezwungen, eine Korrektur zu veröffentlichen

Fake News-Highlight von BILD im Dezember 2017:

Im BILD-Artikel heißt es: 

Einer, der sich schon jetzt sicher ist, dass es sich bei Oumuamua um ein Alien-Raumschiff handelt, ist Dr. Jason Wright von der Penn State University. Der Wissenschaftler glaubt, dass das Objekt aufgrund einer kaputten Steuerung schlingert.

Wright schreibt in seinem Blog: „Da es (vermutlich) nicht mehr die Kontrolle über die Steuerung hat, kann man erwarten, dass es irgendwann anfängt abzustürzen. Wenn das Objekt starr ist, könnte das durch die kaputten Motoren hervorgerufene Taumeln sie von normalen interstellaren Asteroiden unterscheiden.“

Dass die Steuerung defekt ist, heiße noch lange nicht, dass auch der Funk nicht mehr funktioniere. Wright glaubt, dass es sich um eine so genannte „Von-Neumann-Sonde“ handeln könnte — ein sich selbst replizierendes Raumfahrzeug (so die Vorstellung in der Theorie), das Sternensysteme besucht.

Tatsächlich schreibt Wright in seinem Blog explizit: 

Ich glaube nicht, dass Oumuamua ein außerirdisches Raumschiff ist. Während andere Astronomen diesen Vorschlag gemacht haben, und während ich glücklich bin, mich an solchen Spekulationen in einem SETI-Kontext zu beteiligen, denke ich, dass Oumuamua als Asteroid für sich genommen interessant ist und dass es uns dazu bringt, darüber nachzudenken, wie wir außerirdische Sonden im Sonnensystem finden können.

Nachtrag der Redaktion:

In der für sich sprechenden Logik des BILD-Chefredakteurs stellt die Aufzählung der unzähligen Fake-News in seinem Boulevard-Blatt im Jahr 2017 ein "badge of honor", ein Ehrenabzeichen dar:

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